Lizensierung und Umbau von Tom’s Hardware Deutschland
Das war auch so ein Meilenstein, über den ich lange geschwiegen habe, denn schön war das alles nicht. Jedenfalls nicht anfangs. Im Spätherbst 2017 (wieder diese böse Jahreszeit) wurde mir mitgeteilt, dass das US-Unternehmen Purch als Eigentümer Tom’s Hardware Deutschland ersatzlos streichen wolle, weil man einen Verkauf des Mutterkonzerns an die britische Future PLC plane und die Kosten für eine Migration der deutschen Seite auf die Server des neuen Eigentümers vermutlich zu hoch seien. Und obwohl die Seite noch sehr profitabel arbeitete, wollte man sich einen vermeintlichen Klotz vom Bein schaffen, der erst vermutlich einmal wieder Kosten verursacht hätte. Zur Migration werde ich später noch einmal zurückkommen, aber ich stand erst einmal vorm Nichts.
Gut, man hätte sich dem Ganzen beugen und sich einfach einen neuen Job sorgen können, denn Angebote gab es einige. Aber einfach so aufgeben? Ich habe dann monatelang mit den Alteigentümern verhandelt, um Tom’s Hardware Deutschland zu lizensieren und unter eigener Regie (und mit vollem finanziellen Risiko) weiterzuführen. Das Dumme an der Sache war, dass man so einen Vertrag nicht mit einem Freiberufler machen wollte und es auch galt, die Kosten für eine Migration und Weiterführung der Inhalte von Purch zu tragen, die letztendlich bereits im ersten Schritt im mittleren fünfstelligen Bereich lagen.
Die Suche nach Partnern war gar nicht so einfach und ich habe einfach mein privates Telefonbuch abgeklappert und alle Firmen angerufen, die mir für eine Partnerschaft als “weißer Ritter” so eingefallen sind. Am Ende lief alles auf ein mehr oder weniger privates Investment hinaus, wo sich Firmeninhaber an der von uns gegründeten gotIT! GmbH als stille Teilhaber engagiert haben. In diesen Zeitraum fiel auch die Idee, eine eigene, auf mich registrierte Domain zu etablieren (tomshw.de) und den alten Rest einfach weiterzuleiten. So für den Fall, dass die amerikanischen Freunde zufällig auf dumme Gedanken kommen. Versuch macht klug und man weiß ja nie. Ja, es hat erst einmal vorübergehend etwas Traffic gekostet, aber shit happens und Unabhängigkeit muss geplant werden.
Diese Telefonrunde, bei der mit jedem der Firmenchefs auch absolutes Stillschweigen vereinbart wurde, ist dann später nur noch einmal in der Öffentlichkeit aufgetaucht, weil es unglücklicherweise als Bewerbungsgespräch missinterpretiert wurde. Wer jedoch einmal freiberuflich gearbeitet hat und mit den Umständen mental gut klarkommt, wird so eine Konstellation mit Sicherheit einem starren Angestelltenverhältnis vorzeihen. Als Frühaufsteher und Workaholic sowieso. Aber auch das ist mittlerweile geklärt, also Schwamm drüber.
Und da ich stets bestrebt bin, auch das Risiko für mich und meine Familie etwas zu minimieren, hatte ich mir nebenbei in den Jahren davor schon ein kleines Labor aufgebaut, wo ich nebenher bestimmte Dinge entwickelt, verbessert oder geprüft habe. Alles zeige ich Euch natürlich nicht, denn auch ich halte mich an die Vereinbarungen mit meinen Partnern, wozu auch das Nichtnennen und Nichtzeigen diverser Räumlichkeiten und Einrichtungen zählt. Denn so manches Equipment wird auch von den Partnern gestellt und lediglich zur Nutzung überlassen. Damit flext man nicht, man benutzt es.
Auf zwei Beinen steht es sich allerdings deutlich besser und man bekommt so auch ab und zu schon mal einen Prototypen, den man dann auch als Erster testen kann. Win-Win gewissermaßen und eine Möglichkeit, auch ohne große Reichweite beim Sampling nicht am fiesen Katzentisch der Kleinen sitzen zu müssen. Damals habe ich dann auch schon meine Talente und den Hang zur “Beschaffungskriminalität” entwickelt. Intel weiß das mittlerweile wohl auch.
Aus keins wird meins
Man muss auch im Nachhinein keine schmutzige Wäsche waschen, aber auch die Umbenennung von Tom’s Hardware Deutschland zu igor’sLAB (der vermeintliche Deppenapostroph war schon damals für die englischsprachige Erweiterung gedacht) war eigentlich eher unlustig und vor allem genau richtig und wichtig. Denn genau so, wie man den deutschen Ableger aus vermeintlichen Kostengründen anfangs loswerden wollte, hieße es nun: Läuft doch ganz gut und viel besser als gedacht.
Und man wollte genau deshalb die Weiterführung der Lizenz nur dann gestatten, wenn ich komplett mit allen neuen Inhalten wieder zurück migriere. Das heißt: Aufgabe aller eigenen Strukturen und umhosten auf die Server von Future PLC, mit völliger Aufgabe der eigenen Verantwortlichkeit und Vermarktung. Wer sich heute Seiten wie Techradar, Anandtech oder Tom’s Hardware US anschaut, der weiß, welche Art von Werbung (auch redaktionell) dort die Leser erwartet.Es kommt alles aus einer gemeinsamen Content-Fabrik und wird von Lohnschreibern auf die jeweiligen Seiten angepasst. Dazu kam, dass man mir nur noch die Publikation auf Deutsch erlaubte und sich das Recht vorbehielt, alle meine Inhalte auf Englisch selbst zu nutzen und ohne mich zu monetarisieren.
Und wie organisiert man nun einen eleganten Abgang? Da basierte alles erst einmal auf einem Gedankenexperiment nach dem “Was -wäre-wenn”-Prinzip. Ich habe deshalb, so ganz spontan über Nacht, in die Startseite einfach ein eigenes Logo mit eingebaut, nachdem ich auch noch die Chartsgrafiken Schritt für Schritt farblich abgeändert und mit mit dem neuen Logo versehen hatte. Gab es auch nur einen diesbezüglichen Forenkommentar oder eine einzige Rückfrage? Nö, das hat gar keiner bewusst wahrgenommen, nicht mal der Lizenzgeber!
Das macht mutig und eigentlich auch Lust auf mehr. Nach einer guten Woche habe ich dann auch noch die letzten Reste entfernt. Hat das dann jemand mal nachgefragt? Auch wieder nein. Die Reichweiten stiegen weiter, aber das TH-Logo war komplett weg. Ich muss dazu natürlich auch sagen, dass ich mir die Wort- und Bildmarke samt Farbcode habe schützen lassen. Nur: Warum soll man jeden Monat einen vierstelligen Betrag für ein Brand bezahlen, dass einem nichts mehr bringt, für dass ich im Gegenzug jedoch alle meine Artikel und Informationen frei zur Verfügung stellen muss und das noch nicht einmal mir gehört? Just buy it! Wer sich zufällig noch an diesen Satz eines der Protagonisten des neuen Tom’s Styles erinnert, der kann meine generellen Bauchschmerzen sicher gut nachvollziehen. Und nun? Schnipp, Schnapp und ab…
Da wir damals zusammen mit dem aktuellen Eigentümer der TH-Marke beschlossen haben, keine internen Details zur Klärung der Lizenzdiskussion und der letztendlichen Herauslösung aus dem Tom’s Universum zu veröffentlichen, halte ich mich natürlich auch daran. Aber ich kann zumindest so viel verraten, dass es ein von mir mitgestalteter Vertragsanhang mit knallharten Terminvorgaben meinerseits war, der mir am Ende den schmerzfreien Abgang und die Übertragung aller Rechte ermöglichte, weil die Gegenseite einige der Klauseln durch gewisse (vorhersehbare) Umstände gar nicht (mehr) erfüllen konnte. Also noch einmal die URL auf igor’sLAB wechseln und wieder von vorn anfangen.
Leaks und Sensationen? Die Kunst des Weglassens
Womit auch die inhaltliche Ausrichtung etwas aufpoliert wurde, weil sie es werden musste. Mein Schreibtisch im Labor ist zwar kein Giftschrank, aber zumindest findet man dort (und in meinem Netzwerk) Dinge, die sich auch medial gut verwerten lassen. Womit wir auch bei einigen “Leaks” oder Einlassungen angelangt wären, zu denen ich mich erst im Sommer/Herbst 2020 durchgerungen habe und was ich bis heute versuche, mit der Kunst des bewussten Weglassens meiner Quellen, auch weiter in die Publikation einzubauen. Mit steigender Reichweite kollidiert man dann aber auch schnell mal mit dem geballten Schwarm(nicht)wissen diverser Plattformen.
Ein schönes Beispiel dafür ist z.B. das “POSCAP”-Drama auf der RTX 3090. Natürlich weiß jeder, dass ein POSCAP ein Tantal-Polymer-Kondensator von Panasonic ist, genauso wie ein “Kärcher” ein spezieller Hochdruckreiniger von Kärcher. Aber so, wie man in den Fabriken auch zu normalen Polymer-Caps oft genug POSCAP sagt, kärchert man eben seinen Fußboden, egal welches Fabrikat da den heißen Dampf produziert. Hier geht es also rein ums Prinzip aus Ursache und Wirkung, nicht um Produktbezeichnungen einer Marke. Die Spikes und die Folge der Fehlbestückung (aufgrund eines mangelhaften, da nicht eindeutigen Referenz-Schaltplans, der mir zugespielt wurde) waren ja gut bekannt. Meine Messdaten, auch vom Sockel unter dem Chip gingen in voller Schönheit auch zu einem gewissen Hersteller, der danach recht schnell und dankbar seine Treiber angepasst hat. Zumal ein gut bekannter YouTuber durch den Austausch der Kondensatoren gegen MLCC dieses Fehlerbild vollumfänglich bestätigen konnte. Das alles ist damals jedoch schnell im hämischen Wortgewitter der Begriffsdeuter untergegangen, denen das eigentliche Problem komplett egal war, weil es deren fachlichen Horizont gesprengt hat. Hauptsache, es bleibt irgendwas hängen und man diskutiert über Markennamen. Meh.
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