Willkommen in der Matrix!
So, kommen wir nun endlich zur Paste! Die sogenannte “Matrix” bei Wärmeleitpasten bezieht sich auf die Grundsubstanz oder das Bindemittel, in dem die thermisch leitenden Partikel dispergiert sind. Diese Matrix ist entscheidend für die physikalischen, chemischen und thermischen Eigenschaften der Wärmeleitpaste. Sie bestimmt, wie effektiv die Paste Wärme zwischen zwei Oberflächen übertragen kann, sowie ihre Anwendungseigenschaften, wie Viskosität, Haltbarkeit und chemische Beständigkeit. Und die meisten werden es nicht wissen: Diese Matrix ist meist wichtiger und von größerer Bedeutung als die später beigemengten Wärmeleitpartikel.
Während es bei den Wärmeleitpartikeln kaum noch weitere Optimierungsmöglichkeiten gibt, ist die Chemie bei der Matrix, also der Basis einer Paste oder eines Pads immer wieder für eine Überraschung gut! In Wärmeleitpasten dient die Matrix mehreren Schlüsselfunktionen:
- Träger für Wärmeleitpartikel:
Die Matrix hält die thermisch leitenden Partikel, wie Metalle (Silber, Aluminium), Keramiken (Boroxid, Aluminiumoxid) oder Kohlenstoffmaterialien (Graphit, Kohlenstoffnanoröhren, Diamantpulver), in einer gleichmäßigen Verteilung. Diese Partikel verbessern die Wärmeleitfähigkeit der Paste. - Wärmeübertragung:
Obwohl die Matrix selbst nicht immer eine hohe Wärmeleitfähigkeit aufweist, ist sie entscheidend für die Übertragung der Wärme von den heißeren zu den kühleren Teilen, indem sie eine kontinuierliche thermische Brücke zwischen den Partikeln und den Oberflächen bildet. - Mechanische Eigenschaften:
Die Matrix verleiht der Wärmeleitpaste die notwendige Konsistenz und Viskosität, um eine einfache Anwendung zu ermöglichen und eine dünne, gleichmäßige Schicht zwischen den Oberflächen zu bilden. Diese Eigenschaften sind wichtig für die Minimierung des thermischen Widerstands. - Chemische und thermische Stabilität:
Die Beständigkeit der Matrix gegenüber chemischen Reaktionen und ihre Fähigkeit, in einem breiten Temperaturbereich stabil zu bleiben, beeinflussen die Langzeitleistung und Zuverlässigkeit der Wärmeleitpaste. - Elektrische Isolation:
In vielen Anwendungen ist es wichtig, dass die Wärmeleitpaste elektrisch isolierend wirkt, um Kurzschlüsse oder elektrische Interferenzen zu vermeiden. Die Matrix spielt eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung dieser Eigenschaft, insbesondere bei nicht-metallischen Pasten.
Die Materialien, die für die Matrix verwendet werden, variieren je nach Art der Wärmeleitpaste. Die Wahl der Matrix und der dispergierten Partikel hängt somit hauptsächlich von der spezifischen Anwendung ab, einschließlich der erforderlichen Wärmeleitfähigkeit, mechanischen Eigenschaften, chemischen Beständigkeit und Verarbeitbarkeit.
Man kann die Matrix in mehrere Gruppen unterteilen, von denen die erste meist die Gruppe ist, die den PC-Anwender am meisten interessiert:
- Silikonbasierte Wärmeleitpasten:
Das, was wir meist nutzen, sind silikonbasierte Wärmeleitpasten. Diese sind weit verbreitet aufgrund ihrer hervorragenden thermischen und chemischen Stabilität. Sie bestehen aus silikonbasierten Polymeren, die mit thermisch leitenden Füllstoffen, wie z.B. Aluminiumoxid oder Silber, angereichert sind. Ihre Hauptvorteile liegen in der Langlebigkeit und der Fähigkeit, einem breiten Temperaturbereich standzuhalten. Sie neigen jedoch dazu, eine geringere Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zu einigen anderen (meist metallischen und damit elektrisch leitenden) Materialien zu haben, was sie für einige Anwendungen mit extrem hohen Wärmeübertragungsanforderungen weniger ideal macht. Silikonbasierte Pasten neigen dazu, weniger reaktiv zu sein, was sie ideal für Anwendungen macht, bei denen die chemische Stabilität wichtig ist. - Ethylesterbasierte Wärmeleitpasten
Ester sind organische Verbindungen, die durch die Reaktion einer Säure mit einem Alkohol entstehen. Sie bieten im Allgemeinen eine gute Schmierung und haben eine geringere Viskosität als Silikone. Ethylesterbasierte Pasten, eine weniger verbreitete Kategorie, nutzen die organischen Verbindungen der Estergruppe, um eine mittelmäßige bis gute thermische Leitfähigkeit zu bieten. Sie sind in spezifischen Anwendungen nützlich, wo die chemische Kompatibilität mit bestimmten Kunststoffen und Materialien eine Rolle spielt. Diese Pasten bieten eine gute Balance zwischen thermischer Leitfähigkeit und elektrischer Isolation, können aber in Bezug auf Langlebigkeit und Temperaturbeständigkeit hinter silikonbasierten Pasten zurückbleiben. Ester können nämlich unter bestimmten Bedingungen oxidieren oder hydrolysieren, was ihre Langzeitstabilität beeinträchtigen kann. Esterbasierte Pasten sind in der Regel aber viel flüssiger und haben eine niedrigere Viskosität. Dies kann eine dünnere und gleichmäßigere Schicht ermöglichen, was in einigen Anwendungen durchaus von Vorteil sein kann. - Weitere Nicht-silikonbasierte Pasten:
Diese können auf einer Vielzahl von Materialien basieren, einschließlich synthetischer Öle oder sogar Wasser für bestimmte nicht permanente Anwendungen. -
Wärmeleitpads:
Diese bestehen typischerweise aus einem polymeren Matrixmaterial, das mit thermisch leitfähigen Füllstoffen angereichert ist. Die Matrixmaterialien können Silikone, Acrylate oder Polyurethane sein, während die Füllstoffe aus Keramikpartikeln, Aluminiumoxid, Boronitrid, Silber oder Graphit bestehen können. Die Auswahl und das Verhältnis der Füllstoffe zur Matrix sind entscheidend für die thermische Leitfähigkeit des Pads. Im Gegensatz dazu basieren Wärmeleitpasten auf einer flüssigeren Basis, die eine Mischung aus öligen oder silikonhaltigen Substanzen mit ähnlichen thermisch leitfähigen Partikeln enthält. Pasten füllen die Mikro-Unebenheiten auf den Oberflächen effizienter aus, was zu einem geringeren thermischen Widerstand führt. Die besonderen Eigenschaften der Wärmeleitpads und die Unterschiede in der verwendeten Matrix im Vergleich zu Wärmeleitpasten sind von zentraler Bedeutung für ihre Anwendung und Leistung. Die chemische Stabilität der Polymermatrix in Pads trägt zur Langlebigkeit bei und minimiert das Risiko von Leistungsabfall aufgrund von Alterung oder thermischen Zyklen.
Silikonbasierte Pasten sind aufgrund ihrer Vielseitigkeit und Beständigkeit eine sichere Wahl für viele Anwendungen, während metall- und keramikbasierte Pasten für Anwendungen mit höheren thermischen Anforderungen bevorzugt werden. Ethylesterbasierte Pasten können in Nischenanwendungen nützlich sein, in denen spezifische Materialverträglichkeiten erforderlich sind. Kohlenstoffbasierte Pasten bieten innovative Lösungen für High-End-Anwendungen, die eine optimale Wärmeübertragung benötigen. Doch genau auf diese diese thermisch leitenden Partikel gehe ich gleich noch ein. Aber ich beschäftige mich auf der nächsten Seite erst einmal mit den Silikon-basierten Trägermaterialien und gehe später auf einer weiteren Seite noch mehr ins Detail, wenn es im Temperaturen weit unter dem Nullpunkt geht. Doch das ist dann schon wieder eine ganz andere Geschichte…
Hybride Mischungen aus Silikon und Ester
Die Mischung von Silikon und Ester als Bindemittel in Wärmeleitpasten ist theoretisch durchaus möglich, aber es gibt einige wichtige Überlegungen, die berücksichtigt werden müssen. Die chemische Verträglichkeit zwischen Silikon- und Ester-basierten Materialien muss dann nämlich gewährleistet sein. Eine schlechte Kompatibilität kann zu Trennungen oder chemischen Reaktionen führen, die die Leistung der Wärmeleitpaste beeinträchtigen. Es ist entscheidend, eine gleichmäßige Mischung zu erreichen. Silikone und Ester können unterschiedliche Viskositäten und Dichten haben, was zu Herausforderungen bei der Herstellung einer stabilen und homogenen Mischung führen kann.
Die thermischen Eigenschaften der resultierenden Mischung müssen untersucht werden. Die Wärmeleitfähigkeit, Temperaturstabilität und langfristige Leistung könnten durch die Mischung beeinflusst werden. Auch die physikalischen Eigenschaften wie Viskosität, Adhäsion und Konsistenz der Paste müssen mit berücksichtigt werden. Die Mischung muss die richtige Konsistenz für die Anwendung aufweisen und stabil bleiben. Außerdem muss die Langzeitstabilität der Mischung bewertet werden. Ester können unter bestimmten Bedingungen nämlich oxidieren oder hydrolysieren, während Silikone generell stabiler sind. Die Mischung könnte dann eine unterschiedliche Alterungsrate aufweisen.
- 1 - Die drei großen P - Einführung zu Pasten, Pads und Putty
- 2 - Sinn und Zweck von Wärmeleitpasten
- 3 - Die große Abrechnung zwischen billig und teuer
- 4 - Die Matrix als Basis aller Pasten und Pads
- 5 - Silikonbasierte Pasten: Optimierung, Haltbarkeit, Zersetzung
- 6 - Wärmeleitende Füllstoffe sind wichtig
- 7 - Wie der Mahlgrad die Performance beeinflusst
- 8 - Silikon-Modifikation für Niedrigtemperaturen und LN2-Overclocking
- 9 - Der Herstellungsprozess von Pasten samt möglicher Hürden
- 10 - Sonderfall Flüssigmetall (LM)
- 11 - Sonderfall Graphitpads und Phase Changer
- 12 - Temperaturfenster, Ausdehnungsverhalten, Applikation
- 13 - Alterung und Zersetzung von Pasten und Pads
- 14 - Hersteller vs. Abfüller, irreführendes Marketing und Fazit
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