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Von wegen überhypt: Honeywell PTM7950 im Labortest und als echter Game-Changer für Grafikkarten

Mikroskopie und Materialanalyse

Verschmieren kann ich diesmal nichts, nur mikroskopieren. Was wir hier als eine Art “Schlieren” sehen, ist das Pad, welches bereits diversen Einflüssen beim Herstellen, Konfektionieren und Verpacken ausgesetzt war. Schlimm ist dies aber nicht, denn es wird ja eh unter Druck und Hitze noch dahinschmelzen und sich wunderschön der Oberfläche anpassen.

Die Gefahr des Ausgasens bzw. Ausblutens einer simplen Silikonbasis ist hier eher zweitranging. Das verwendete Polymer des PCM (Phase Change Material) ist recht konstant und haltbar. Die Partikelgrößen liegen bei den größten Partikeln bei rund 2 bis 4 µm, aber es sind sehr viele Nanopartikel mit einer Körnung von deutlich unter 1 µm enthalten. Das ist gut und macht Hoffnung.

Schauen wir nun einmal genauer hin, was eigentlich drin ist, bzw. was nicht. Die Paste enthält sehr viele Füllstoffe, überwiegend sehr feines Aluminium-Oxid. Der Zinkoxid-Anteil ist deutlich niedriger, aber immer noch völlig  ausreichend. Man nutzt das ZnO primär als Lückenfüller zwischen den etwas größeren (und auch härteren) Al2O3-Körnchen. Das Pad profitiert also von der Viskosität und man muss beim Applizieren genau diese Umstände mit berücksichtigen, denn das dünne Pad bricht oder reißt sehr schnell. Aber es ist durchaus machbar.

Testequipment für die Materialtests, Genauigkeit und Testvorbereitung

Die Materialprüfung und Vermessung der Pasten und Pads übernimmt mein Keyence VHX 7000 samt EA-300. Damit sind sowohl exakte Messungen als auch recht genaue Massenermittlungen der chemischen Elemente möglich. Doch wie funktioniert das eigentlich? Die von mir für den Artikel genutzte Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie (LIBS) ist eine Art Atomemissions-Spektroskopie, bei der ein gepulster Laser auf eine Probe gerichtet wird, um einen kleinen Teil davon zu verdampfen und so ein Plasma zu erzeugen.

Die emittierte Strahlung aus diesem Plasma wird dann analysiert, um die Elementzusammensetzung der Probe zu bestimmen. LIBS hat viele Vorteile gegenüber anderen analytischen Techniken. Da nur eine winzige Menge der Probe für die Analyse benötigt wird, ist der Schaden an der Probe minimal. Der richtige Schaden entsteht im heutigen Artikel vorher durch meine eher groben Schneid- und Trennwerkzeuge. Diese noch recht neue Laser-Technik erfordert im Allgemeinen keine spezielle Vorbereitung der Proben für die Materialanalyse. Sogar Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase können direkt analysiert werden.

LIBS kann mehrere Elemente gleichzeitig in einer Probe detektieren und kann für eine Vielzahl von Proben verwendet werden, einschließlich biologischer, metallischer, mineralischer und anderer Materialien. Und man erhält eine wirkliche Echtzeit-Analyse, was enorm Zeit spart. Da LIBS im Allgemeinen keine Verbrauchsmaterialien oder gefährlichen Reagenzien benötigt, ist es auch eine relativ sichere Technik, die zudem kein Vakuum wie beim REM + EDX benötigt. Wie bei jeder Analysetechnik gibt es auch bei LIBS natürlich gewisse Einschränkungen und Herausforderungen, aber in vielen meiner Anwendungen, insbesondere wenn Geschwindigkeit, Vielseitigkeit und minimalinvasive Probenentnahme von Vorteil sind, bietet es deutliche Vorteile.

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Ergebnisse der Anteile in den Übersichten und Tabellen absichtlich auf volle Prozent (wt%, also Gewichtsprozent) gerundet wurden, da es oft genug vorkommt, dass sogar innerhalb des vermutlich gleichen Materials Produktionsschwankungen vorkommen können. Untersuchungen im Promillebereich sind zwar nett, aber heute nicht zielführend, wenn es um eine sichere Auswertung und nicht um Spurenelemente geht. Allerdings beginnt jeder Tag im Labor mit der gleichen Prozedur, denn wenn ich anfange, arbeite ich zuvor eine Checkliste ab, die ich mir erstellt habe. Das dauert jedes Mal bis zu 30 Minuten, wobei ich ja eh auf das Erwärmen des Lasers und die richtige Raumtemperatur warten muss.

  • Mechanische Kalibrierung des X/Y Tisches und der Kameraausrichtung (z.B. fürs Stitchen)
  • Weißabgleich der Kamera für alle genutzten Beleuchtungskörper
  • Ausrichtung von LIBS-Optik und Normalobjektiv prüfen, Ausrichtung des Lasers zur eigenen Optik kalibrieren (x300)
  • Standard-Samples der zu messenden Materialien probetesten und ggf. Kurve korrigieren (siehe Bild oben)

 

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Wie jetzt?

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66 Kommentare 52 Likes

Sehr schön, damit sind bei mir für alles was luftgekühlt ist und bis Besseres daher kommt die Würfel gefallen. Danke auch für den Hinweis zu den Problemen mit dem H100, 814mm² zu den z.B. 300mm² einer RX7900XTX machen da hoffentlich einen Unterschied.

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echolot

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1,160 Kommentare 912 Likes

Ist das jetzt die eierlegende Wollmilchsau? Niedrigster Wärmewiderstand bei bestem Langzeitverhalten? Wie macht sich das Pad auf einem Ryzen? Auf jeden Fall wieder toller Test mit gehörig Erkenntnisgewinn.

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RazielNoir

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Was setzt Nvidia bzw. AMD eigentlich bei den Workstationkarten al'a 6000 Ada oder RadeonPro ein?

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eastcoast_pete

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1,783 Kommentare 1,115 Likes

Also sind Pads dann die Zukunft? Es liest sich zumindest sehr gut, und ich bin sowieso eher ein "Airhead" (Luftgekühlt). Frage: Wenn man doch Wasserkühlung für die GPU will, kann man das halbe Auftauen des Pads vermeiden, indem man die Pumpe abstellt und somit dem Pad ermöglicht, hier gute Konsistenz zu erreichen? Natürlich alles während man die GPU Temperaturen sorgfältig beobachtet, Und dann nach ein paar Minuten die Pumpe wieder anlaufen lässt, und passt das dann so? Oder muss so ein Pad jedes Mal nach Einschalten auf Temperatur kommen?
Abschließend: das Problem, eine H100 bei mir zu Hause kühlen zu müssen, hätte ich gerne 😁.

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Igor Wallossek

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10,711 Kommentare 20,237 Likes

Siehe meine Reviews, ich analysiere das doch immer mit. NVIDIA setzt auf das PTM, AMD auf PTM, Graphen und sogar Graphan-Pads (W7800 Pro). Da wird nicht eine Karte mit Mumpitz bekleistert. NVIDIAs FE nutzen auch PTM, genauso wie AMDs MBA. Nur die AIC und AIB machen das noch mit Paste. Naja, einige schon länger nicht mehr (MSI) und manche erst seit Kurzem (XFX, Powercolor)

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echolot

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1,160 Kommentare 912 Likes

Wie lange sind denn die Pads haltbar, wenn man z.B. ein 80x80mm Pad geordert hat? Wie lange kann es bis zur Unbrauchbarkeit in der Schublade vergammeln? In Deinem Video verweist Du ja u.a. auf die Honeywell-Tube und sprichts diesen Punkt an.

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xXx0815

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kleine Info: Newton ist keine Einheit für Druck (Kraft pro Fläche), wahrscheinlich ist hier die Kraft des Stempels gemeint ? Da wäre noch die Angabe der Fläche in diesem Zusammenhang interessant.

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Igor Wallossek

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10,711 Kommentare 20,237 Likes

Dass Newton eine Kraft (und kein Druck) ist, ist ja allgemein bekannt. Der Körper hat eine Fläche von 1 cm², das steht vor diesem Absatz auch mehrmals deutlich im Text, auch beim Prüfaufbau. Ich erwähne ja auch ab und an, dass dies dann bei den Flächen von GPU und CPU Kräfte sind, die den normal zulässigen Wert deutlich überschreiten würden. Das multiplitziert sich ja mit dem Ratio zur Fläche. Intel gibt beim IHS z.B. 1000 N als Grenze bis zur Zerstörung an (450 N sind ok) :)

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samhayne

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114 Kommentare 81 Likes

Hab mir gerade ˋne PNY 4090 bestellt.
D.h. ich kann mich drauf einrichten in einigen Monaten das Ding auseinanderzunehmen und die Schmampe zu ersetzen?

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echolot

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1,160 Kommentare 912 Likes

Genau genommen ist es eine "Druckkraft". Druck ist "Spannung".

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Igor Wallossek

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10,711 Kommentare 20,237 Likes

Ja, anzunehmen.

Das Newton ist die Größe einer Kraft, die man aufwenden muss, um z.B. bei einer geradlinigen Bewegung wie hier die Geschwindigkeit eines 1-kg-Körpers innerhalb einer Sekunde gleichförmig um 1 m/s zu ändern. Das ist übrigens auch der Unterschied zwischen der "Gewichtskraft" in N und dem "Gewicht" (also eigentlich ja richtigerweise der Masse) in kg. ;)

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xXx0815

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61 Kommentare 31 Likes

Um es aus Sicht des Physikers (z.B. ich) korrekt darzustellen: Schreib bei Druck z.B. einfach xxx N/cm² ist die Welt ist in Ordnung :)

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Igor Wallossek

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Da es ja genau ein cm² ist, kürzt sich das bei meinen Angaben sogar weg :D

Und nein, ich beschreibe es absichtlich als Kraft (und nicht als Druck), damit es jeder einfacher auf seine CPU oder GPU hochrechnen kann. Intel und AMD geben ja auch nur Newton an.

Auch der Hersteller der TIMA und die ganzen Pastenbuden schreiben mehrheitlich Newton, eher seltener mal PSI (als Druck). Das gibts aber auch. Aber das können wir gern mal ausdefinieren, bevor die Datenbank online geht. Da ist jeder Beitrag erwünscht.

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CptJack

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43 Kommentare 13 Likes

Was ist denn mit der Honeywell Paste? Ist die legit und da eine ähnliche Performance zu erwarten?

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Igor Wallossek

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Das PCM gibts auch als Paste, aber nicht frei für Endanwender. Wenn man die Tube mal angerissen hat, dann muss man sie sofort aufbrauchen. Soll aber ähnlich performen.

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xXx0815

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61 Kommentare 31 Likes

Dann schreibe doch einfach ... "Erhöht man die Kraft auf 300N ..." dann ist es korrekt ... du legst doch viel Wert auf Korrektheit ...

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xXx0815

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61 Kommentare 31 Likes

Kannst du auch bei ebay kaufen ... wundert mich das man dort noch nicht Plutonium bekommen kann ...

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Klicke zum Ausklappem
C
CptJack

Mitglied

43 Kommentare 13 Likes

Verdammt, das war mir nicht bewusst - hab meine Tube bereits vor Monaten angebrochen, um einen alten T490 zu erneuern. :/

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Igor Wallossek

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10,711 Kommentare 20,237 Likes

Naja, also fast 13 Euro pro Gramm sind schon sinnlos.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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