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Von wegen überhypt: Honeywell PTM7950 im Labortest und als echter Game-Changer für Grafikkarten

Manli GeForce RTX 4080 Gallardo

Kommen wir nun zur Real-World-Anwendung mit speziell dieser Grafikkarte. Der Auftrag mag vielleicht anfangs noch vollflächig gewesen sein, aber nach nur wenigen Monaten ist davon nichts mehr zu sehen. Die minderwertige Paste hat sich nämlich in Ihre Bestandteile aufgelöst. Oder besser gesagt: die eigentliche Matrix der Paste existiert nicht mehr und das Silikon hat sich verflüchtigt (sogenanntes Ausbluten). Wir erinnern uns an meinen Artikel und die hyperventilierende Karte, deren GPU nach der Demontage ja so aussah:

Dass die Karte so nicht funktionieren kann, steht mit Sicherheit außerhalb der Diskussion. Das geht so einfach nicht. Genau deshalb hatte ich mir ja genau diese Karte noch einmal besorgt und bevor ich sie zerlegt habe, um die Wärmeleitpaste im Original zu analysieren, natürlich auch gemessen. Erst dann hatte ich ja für die Laboranalyse alles abgekratzt, was ich für den TIM5 bekommen konnte. Und es hatte ja bekanntlich dann locker gereicht. So ein billiger Schmodder gehört auf gar keine Grafikkarte, auch nicht auf eine extra billige. Nur dass wir uns hier ja bereits im oberen Preissegment bewegen. Da wiegt der Vorwurf umso mehr. Unterm Strich kann man so etwas weder akzeptieren noch verstehen, aber man kann es wenigstens beheben. Und genau da setze ich nun mit dem PTM7950 auch an.

Reinigung und Applikation des Pads

Jetzt wird es etwas tricky. Ich hatte die neue Karte vor laufender Kamera zerlegt und jeden einzelnen Schritt dokumentiert. Dazu gehörte natürlich auch das “Einsammeln” der Originalpaste, deren Konsistenz mal als extrem dünnflüssig beschreiben muss und die zudem auch wie wild Fäden zog. Allein dieser Anblick reicht mir eigentlich schon, um ungefähr zu erahnen, was mich da gleich noch alles erwartet. Denn wenn man so eine dünnflüssige Paste mit einer derart niedrigen Befüllung durch (teure) Wärmeleit-Partikel entwickelt, dann muss man ja auch auf irgendeinem Weg auch sicherstellen, dass sie zunächst einmal ordentlich performt (und sei es für den kurzen Augenblick). Was dann nach 6 Monaten passierte, habe ich ja bereits thematisiert und dokumentiert.

Diesen fiesen und billigen Kleister muss man zunächst natürlich möglichst rückstandslos entfernen. Wattestäbchen, Vlies und natürlich Isopropanol sowie viel Gefühl sind da die besten Begleiter, um die umliegenden SMD Bauteile nicht zu beschädigen und alles sauber zu bekommen.

Das Pad habe ich sehr reichlich konfektioniert und erst danach für rund 15 Minuten in den Tiefkühler gelegt. Was man als Zubehör aber zwingend noch braucht, sind ein Spatel und ggf. sogar spitze Fingernägel, um beim Trennen von Folie und Pad etwas nachzuhelfen. Hier ist die Industrie gefragt, um einfachere Lösungen zu finden. Das PTM7950 soll es ja auch quasi auch als “Paste” in Tuben geben, aber testen konnte ich das noch nicht. Hier bleibt uns nur der manuelle Auftrag.

Wir sehen, dass man das, was überhängt, noch sehr einfach entfernen kann. Man sollte es sogar, damit noch später das PCM auf umliegenden Bauelementen aushärtet.

Messergebnisse und eine kleine Überraschung

Vergleichen wir nun vier verschiedene Ergebnisse! Die rote Kurve ist das Glühwürmchen nach 6 Monaten, das ist schon reichlich grenzwertig und vor allem laut. Die gelbe Kurve zeigt den ersten Burn-In des PTM7950 sehr deutlich. Nach rund 8 bis 9 Minuten pegelt sich aber auch dieser Wert dann auf die 66 bis 67 °C der anderen Durchläufe ein. Dazu gehört der 10. Durchlauf des PTM7950 (grüne Kurve) und die originale Paste (blaue Kurve) im Werkszustand beim Erstbetrieb. Den Torture-Test habe ich natürlich noch schnell laufen lassen, bevor ich die Paste fürs Labor abgekratzt habe.

Kommen wir nun zum Hotspot! Hier lag die Gallardo nach 6 Monaten bereits bei 103 °C anstelle der 79 °C bei Auslieferung zum Kunden. Das sind immerhin satte 34 Grad mehr! Auch hier sehen wir wieder den Burn-In des Pads beim ersten Run und die nahezu gleichbleibende Performance bei allen weiteren Durchläufen. Man muss der speziell designten Originalpaste also nicht nachtrauern.

Die Messwerte sprechen eindeutig fürs Pad und dessen Langlebigkeit, da muss man nicht diskutieren. Dass es funktioniert, hat AMD ja bewiesen und auch diverse umgebaute RX 6800 XT und RX 6900 XT mit sehr vielen Betriebsstunden auf dem Buckel haben bisher keine messbare Degradation durchlaufen. Das kann man also ruhig so stehen lassen.

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Wie jetzt?

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Sehr schön, damit sind bei mir für alles was luftgekühlt ist und bis Besseres daher kommt die Würfel gefallen. Danke auch für den Hinweis zu den Problemen mit dem H100, 814mm² zu den z.B. 300mm² einer RX7900XTX machen da hoffentlich einen Unterschied.

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echolot

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Ist das jetzt die eierlegende Wollmilchsau? Niedrigster Wärmewiderstand bei bestem Langzeitverhalten? Wie macht sich das Pad auf einem Ryzen? Auf jeden Fall wieder toller Test mit gehörig Erkenntnisgewinn.

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RazielNoir

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Was setzt Nvidia bzw. AMD eigentlich bei den Workstationkarten al'a 6000 Ada oder RadeonPro ein?

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eastcoast_pete

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1,783 Kommentare 1,115 Likes

Also sind Pads dann die Zukunft? Es liest sich zumindest sehr gut, und ich bin sowieso eher ein "Airhead" (Luftgekühlt). Frage: Wenn man doch Wasserkühlung für die GPU will, kann man das halbe Auftauen des Pads vermeiden, indem man die Pumpe abstellt und somit dem Pad ermöglicht, hier gute Konsistenz zu erreichen? Natürlich alles während man die GPU Temperaturen sorgfältig beobachtet, Und dann nach ein paar Minuten die Pumpe wieder anlaufen lässt, und passt das dann so? Oder muss so ein Pad jedes Mal nach Einschalten auf Temperatur kommen?
Abschließend: das Problem, eine H100 bei mir zu Hause kühlen zu müssen, hätte ich gerne 😁.

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Igor Wallossek

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Siehe meine Reviews, ich analysiere das doch immer mit. NVIDIA setzt auf das PTM, AMD auf PTM, Graphen und sogar Graphan-Pads (W7800 Pro). Da wird nicht eine Karte mit Mumpitz bekleistert. NVIDIAs FE nutzen auch PTM, genauso wie AMDs MBA. Nur die AIC und AIB machen das noch mit Paste. Naja, einige schon länger nicht mehr (MSI) und manche erst seit Kurzem (XFX, Powercolor)

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echolot

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1,160 Kommentare 912 Likes

Wie lange sind denn die Pads haltbar, wenn man z.B. ein 80x80mm Pad geordert hat? Wie lange kann es bis zur Unbrauchbarkeit in der Schublade vergammeln? In Deinem Video verweist Du ja u.a. auf die Honeywell-Tube und sprichts diesen Punkt an.

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xXx0815

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kleine Info: Newton ist keine Einheit für Druck (Kraft pro Fläche), wahrscheinlich ist hier die Kraft des Stempels gemeint ? Da wäre noch die Angabe der Fläche in diesem Zusammenhang interessant.

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Igor Wallossek

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Dass Newton eine Kraft (und kein Druck) ist, ist ja allgemein bekannt. Der Körper hat eine Fläche von 1 cm², das steht vor diesem Absatz auch mehrmals deutlich im Text, auch beim Prüfaufbau. Ich erwähne ja auch ab und an, dass dies dann bei den Flächen von GPU und CPU Kräfte sind, die den normal zulässigen Wert deutlich überschreiten würden. Das multiplitziert sich ja mit dem Ratio zur Fläche. Intel gibt beim IHS z.B. 1000 N als Grenze bis zur Zerstörung an (450 N sind ok) :)

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samhayne

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Hab mir gerade ˋne PNY 4090 bestellt.
D.h. ich kann mich drauf einrichten in einigen Monaten das Ding auseinanderzunehmen und die Schmampe zu ersetzen?

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echolot

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Genau genommen ist es eine "Druckkraft". Druck ist "Spannung".

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Igor Wallossek

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Ja, anzunehmen.

Das Newton ist die Größe einer Kraft, die man aufwenden muss, um z.B. bei einer geradlinigen Bewegung wie hier die Geschwindigkeit eines 1-kg-Körpers innerhalb einer Sekunde gleichförmig um 1 m/s zu ändern. Das ist übrigens auch der Unterschied zwischen der "Gewichtskraft" in N und dem "Gewicht" (also eigentlich ja richtigerweise der Masse) in kg. ;)

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xXx0815

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Um es aus Sicht des Physikers (z.B. ich) korrekt darzustellen: Schreib bei Druck z.B. einfach xxx N/cm² ist die Welt ist in Ordnung :)

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Igor Wallossek

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Da es ja genau ein cm² ist, kürzt sich das bei meinen Angaben sogar weg :D

Und nein, ich beschreibe es absichtlich als Kraft (und nicht als Druck), damit es jeder einfacher auf seine CPU oder GPU hochrechnen kann. Intel und AMD geben ja auch nur Newton an.

Auch der Hersteller der TIMA und die ganzen Pastenbuden schreiben mehrheitlich Newton, eher seltener mal PSI (als Druck). Das gibts aber auch. Aber das können wir gern mal ausdefinieren, bevor die Datenbank online geht. Da ist jeder Beitrag erwünscht.

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CptJack

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Was ist denn mit der Honeywell Paste? Ist die legit und da eine ähnliche Performance zu erwarten?

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Igor Wallossek

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Das PCM gibts auch als Paste, aber nicht frei für Endanwender. Wenn man die Tube mal angerissen hat, dann muss man sie sofort aufbrauchen. Soll aber ähnlich performen.

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xXx0815

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61 Kommentare 31 Likes

Dann schreibe doch einfach ... "Erhöht man die Kraft auf 300N ..." dann ist es korrekt ... du legst doch viel Wert auf Korrektheit ...

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xXx0815

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61 Kommentare 31 Likes

Kannst du auch bei ebay kaufen ... wundert mich das man dort noch nicht Plutonium bekommen kann ...

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Klicke zum Ausklappem
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CptJack

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43 Kommentare 13 Likes

Verdammt, das war mir nicht bewusst - hab meine Tube bereits vor Monaten angebrochen, um einen alten T490 zu erneuern. :/

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Igor Wallossek

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10,711 Kommentare 20,237 Likes

Naja, also fast 13 Euro pro Gramm sind schon sinnlos.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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