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Wärmeleitpasten-Skandal bei Grafikkarten? Die Hotspot-Probleme auf den Karten verschiedener Hersteller haben eine gemeinsame Ursache: Gier

Ich wurde und werde immer wieder mit Grafikkarten von meinen Lesern konfrontiert, deren anfänglich gute Kühlleistung nach nur wenigen Monaten schwindet und deren Hotspot-Temperaturen dann weit jenseits der 100-Grad-Marke liegen. Ich habe zu dieser Thematik bereits mehrere Artikel veröffentlicht, die sich mit den Symptomen und der Reparatur beschäftigten, habe aber nun endlich auch die technischen Möglichkeiten, die genaueren Ursachen zu erforschen. Ich will noch nicht zu viel spoilern, aber ich bin wirklich geflasht von so viel stupider Ignoranz und Geldgier. Das muss man so hart sagen, denn es wird zu Lasten der zahlenden Kunden am falschen Ende gespart.

Da spielt es auch keine Rolle, ob nun Karten von Asus, Manli, PNY, Palit oder andere betroffen sind, denn die Spuren führen immer wieder zu den gleichen Wärmeleitpasten-Panschern, die extrem minderwertige Produkte liefern, deren Datenblätter sich zwar schön lesen dürften, aber mit der Realität nichts zu tun haben und die an verschiedenste Grafikkarten-Hersteller ausgeliefert werden. Das ist alles natürlich schön für den ersten Augenblick, den Verkauf, das Marketing und die Reviews. Nach nur wenigen Monaten intensiverer Nutzung lässt aber die Kühlleistung der Grafikkarten enorm nach und die Paste degradiert zum Gotterbarmen. Pump-Out, Ausgasen und letztendlich auch das großflächige Aushärten – die Liste des Versagens ist lang. Hier vorab zur Erinnerung noch einmal zwei Links, die das Problem und die Lösung deutlich benennen:

Zurück zum Anfang: Ich schlachte eine fabrikneue Karte

Bisher konnte ich ja nur die Folgen des Einsatzes solch minderwertiger Paste “bestaunen”, aber mit geeignetem Equipment kann man noch viel mehr machen: man kann diesen Dreck endlich auch mal testen. Genau deshalb habe ich mir, analog zum vorhergehenden Artikel mit der Manli-Karte, noch einmal eine fabrikneue und unbenutzte Manli GeForce RTX 4080 16GB Gallardo besorgt. Denn die Untersuchung der eingetrockneten und degradierten Pampe auf den defekten Karten bringt ja (fast) nichts.

Ich habe die neue Karte vor laufender Kamera zerlegt (das Video ist am Ende des Artikels verlinkt) und jeden einzelnen Schritt dokumentiert. Dazu gehörte natürlich auch das “Einsammeln” der Originalpaste, deren Konsistenz mal als extrem dünnflüssig beschreiben muss und die zudem auch wie wild Fäden zog. Allein dieser Anblick reicht mir eigentlich schon, um ungefähr zu erahnen, was mich da gleich noch alles erwartet. Denn wenn man so eine dünnflüssige Paste mit einer derart niedrigen Befüllung durch (teure) Wärmeleit-Partikel entwickelt, dann muss man ja auch auf irgendeinem Weg auch sicherstellen, dass sie zunächst einmal ordentlich performt (und sei es für den kurzen Augenblick). Das geht durchaus, aber es ist etwas tricky und vor allem eines: extrem kostengünstig, also billig.

Der nächste Schritt ist das Testen der Paste auf dem TIMA5, also genau so, als wäre es eine normale Paste aus der Tube. Die eingesammelte Menge reichte auch locker aus, um sogar zur Sicherheit eine 500 µm dicke Schicht auf dem Messkörper zu applizieren und damit auch, um eine völlig reguläre Messung zu machen. Auch hier zur Erinnerung noch einmal der Grundlagenartikel über Pasten und ihre Herstellung sowie meinen Testaufbau zur Auffrischung oder Informationsbeschaffung. Dann geht es auf den nächsten Seiten weiter zum Test.

 

 

Kommentar

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Falcon

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Es kann doch nicht so schwer sein zumindest bei GPU´s der >1000€ Klasse gleich ein Phasenwechselpad zu verwenden.🤦‍♂️

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RedF

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Die Paste Troknet auf dem Objekträger an? Haben die Lösemittel da rein gepanscht?
Wäre praktisch, da muss man den Kühler vorher nicht vom Prozessöl befreien^^ Auweia.

Edit:
Der fehlende Kohlenstoff in der LIBS spricht eigentlich dagegen, aber für sowas ist LIBS nicht gemacht und du hast es abdampfen lassen.

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Igor Wallossek

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Ja, das ist reichlich strange. Leider kann ich keine organischen Verbindungen im Detail analysieren und so fix, wie sich das auf der Oberfläche verzieht, bin ich eh nicht mehr. :D

Ich hatte mal eine TF8 mit etwas mehr Silikonöl, feinstem Bornitrit (hatte nichts anderes) und etwas Xylol versetzt und dann länger verrührt. Da kommt haptisch und verdunstungstechnisch in etwa der gleiche Pamps raus. :D

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anton_

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es gibt auch flüchtige Siloxane. hätt ich da in meiner Silikonöl Sammlung

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RedF

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4,903 Kommentare 2,725 Likes

Danke : ) Bei Silikonöl habe ich kaum bis keine erfahrung. Kurze Ketten sollten ja reichen um flüchtig zu sein.

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anton_

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114 Kommentare 37 Likes

Ich mach zum Teil Geld mit Kosmetika Grundstoffen, da sind die gar nicht so selten. sind dünnflüssige (Wasserkonsistenz) Methylsiloxane. zum Teil sogar dann brennbar.

Ich hab diverse Silikonöle von dünn bis fast Honigkonsistenz , für "Kosmetische" Gleitmittel :D

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Ghoster52

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1,462 Kommentare 1,125 Likes

OmG, da hab ich mit meinen alten GB Karten noch richtig Glück gehabt, 🤪
da hab ich die eingetrocknete Pampe erst nach 3-5 Jahren wechseln müssen.
War aber immer das selbe (graue) Bröselzeug, am schnellsten ging es bei der 1080.
Die 3090 FE hatte ja ab Werk ein Pad-Problem.

Ich könnte es ja bei einem 20€ Kühler verstehen, wenn man minderwertige Pampe dazu bekommt.
Hier geht es um Karten für 1000 -2000 €, sozusagen die obere Fahnenstange und dann wird so ein Mist abgeliefert.
Ohne Schutzschaltungen wären diese Karten im GraKa Himmel... :poop:

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echolot

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Ich gehe mal stark davon aus, dass das den Herstellern so nicht bekannt ist. Hat ja auch noch niemand so richtig untersucht. Das ist ein komplett unterschätztes Thema. Jeder schaut nur auf die Lüfter, Drehzahlen und die Kühlerausführung. Wenn Igor hier etwas angestoßen hat, dann hat sich der Artikel schon gelohnt. Bleib bitte dran!

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eastcoast_pete

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1,706 Kommentare 1,043 Likes

Ist es auch nicht. Wenn wenigstens einer der dGPU Herstellern (Boardpartner) aufwachen würde und erkennt, daß sie sich so (Verwendung von Phasenwechselpads) von den anderen Anbietern differenzieren könnten, passiert es vielleicht auch. Gerade bei teureren GPUs wären solche inneren Werte doch für einige von uns viel attraktiver als wenn die Karte mit Kriegsbemalung und Weihnachtsbaum Beleuchtung daherkommt, und dann aber so eine schlechte Billigpampe mit vorprogrammiertem Versagen auf der GPU hat.

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Igor Wallossek

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Bei Powercolor und XFX wird mittlerweile sogar aggressiv mit diesen Pads geworben. :)

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RedF

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Endlich ist es angekommen.

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Phelan

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203 Kommentare 180 Likes

Ich erwarte bei jeder Grafikkarte ab 1€ das die WLP zumindest den angegebenen Garantiezeitraum von 2,3,5 Jahren überlebt. Egal wie es der Hesteller dann technisch umsetzt.
Phasenwechselpads kann man mit Sicherheit genauso auf rotz billig "optimieren"

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Igor Wallossek

1

10,509 Kommentare 19,693 Likes

Das Teil für eine RTX 4080 kostet in diesen Stückzahlen keine 0,15 USD, aber die Billig-Paste liegt nun mal bei rund 0,005 USD :D

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c
cunhell

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Naja, die Kosten nicht vergessen, die einer kostet, der den Käufern klar macht, dass 115°C in Ordnung sind.
Aber kann ja auch noch andere Ausreden lernen. ;)

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Phelan

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203 Kommentare 180 Likes

Ok, das sprengt natürlich die Marge ;-)

PS: Hab halt noch nie in einer Graka nachträglich die WLP/Pads auswechseln müssen... und die 1070 war 6 Jahre jeden Tag mehrere Stunden unter Last. Ich habe über 10 Jahre eine TNN300 Passivegehäuse zum Daddeln benutzt und das ging auch mit 1x WLP auftragen die auch nach 10 Jahren nicht ausgetrocknet war.

Da bekomm ich VW Flashbacks, wo Ein BWLer vorgerechnet hat, den Schlüsselrings am Autoschlüssen wegzulassern natürlich nur 1 Cent spart aber VW ja 5 mio Autosschlüssel pro Jahr ausliefert.

Dies Kosten der 0,1% generften Autokäufer die beim Suppord anrufen sind vermulich bereits höher ... aber iss ja ne andere Abteilung.

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Igor Wallossek

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Das regelt doch die Schutzschaltung der Grafikkarte :D

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Phelan

Veteran

203 Kommentare 180 Likes

Aber schön zu sehen das solchen Problemen nachgegangen wird obwohl die Hersteller ja selber ein Interesse daran haben sollten. Wenigstens weis man als Anwender moderner GRafikkarten zuminst, wo man hinschauen muss wenn die GPU mit Hitzewallungen schwächelt.

2 Fragen:
Technisch würde es aber schon gehen auch 400W Grafikkarten mit WLP oder Phasenwechselpad zu bauen die mindestens 2 Jahre intensive Nutzung durchstehen? Oder sagt die Physik hier einfach nein?
Sind gute Phasenwechselpad langlebiger als gute WLP?

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Wie jetzt?

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Oh, das mit der TIMA5 wird da jetzt aber für sehr viele ein sehr lauter Weckruf. Bisher war diese Lumperei nur eine durch diverse Beispiele gespeiste Vermutung, aber jetzt, mit lückenloser Beweiskette? Ich bin auch auf die Tests von Pads und Putty gespannt. Das Thema effiziente und langlebige Wärmeableitung wird in Zukunft sicher nicht kleiner werden.

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Pokerclock

Veteran

492 Kommentare 426 Likes

Aktuell ist die Sachlage recht frustrierend. Mein Interesse als jemand, der mit den Grafikkarten Geld verdient, ist Stabilität und vor allem keine zeit- und damit kostenintensiven Nacharbeiten alle 9 bis 12 Monate.

Pasten trocknen zu schnell aus, egal welche.

Pads zerreißen auf Dauer durch die Warm-Kalt-Zyklen.

Aktuell gibt es keine Lösung, außer eben alle 9 bis 12 Monate wechseln. Das beißt sich aber mit den Garantiebestimmungen, wenn man es selbst macht. Währenddessen werden RMA abgewiegelt und dauern, selbst wenn es als Fehler akzeptiert werden würde, teils 4 bis 6 Wochen weil einmal Asien und zurück.

Wie geschrieben, absolut frustrierend die Situation.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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