Audio/Peripherie Tastatur Testberichte

Unicomp Model M Tastatur im Test – Klassisches Design und Buckling Springs statt normaler mechanischer Taster

Unboxing

Es ist endlich soweit! Der Zweitversuch beginnt, denn das Paket mit der Unicomp Model M ist angekommen. Nachdem ich meine übliche Kniebeuge-Routine abgeschlossen habe, um das etwa 2,5 Kilogramm schwere Paket die 5 Treppenstufen hochzuschleppen, bin ich bereit, die legendäre Tastatur endlich auszupacken. Für viele ist das Unboxing moderner Technik eine Reise in die Zukunft – für mich ist es eine Reise zurück in die 80er. Packt die Schulterpolster und die Neon-Leggings aus, denn es wird Retro!

Die Verpackung ist eine Hommage an den Versandhandel der alten Schule, auch wenn es diesmal kein Buch war. Schon der erste Blick auf die Verpackung weckt Erinnerungen an die guten alten Zeiten, als Pakete noch aussahen, als wären sie wirklich durch den gesamten Postweg gereist. Der schlichte braune Karton, der lediglich mit einem “Unicomp”-Sticker verziert ist, strahlt geradezu den Charme von “Ich bin hier, um zu arbeiten, nicht um zu glänzen” aus. Keine aufwendige Farbgestaltung, keine unnötigen Designelemente – eben ganz die bodenständige, rustikale Art, die man von einer Nachfahrin der IBM Model M erwarten würde.

Ich öffne den Karton und werde von einem beeindruckenden Meer aus Schaumstoff und Luftpolsterfolie begrüßt, das die Unicomp Model M wie einen kostbaren Schatz umhüllt. Man kann fast hören, wie sie aus dem Karton ruft: „Ich bin nicht zerbrechlich, aber danke für die Mühe!“. Ich hebe die Tastatur aus dem Karton, und sofort weiß ich: Diese Tastatur meint es ernst. Mit einem Gewicht, das mehr an eine Hantelstange erinnert als an moderne Plastik-Keyboards, liegt sie auf dem Tisch und bewegt sich keinen Millimeter.

 Die Model M ist nicht einfach nur eine Tastatur, sie ist ein Statement: „Ich bleibe, wo ich bin – und du tippst gefälligst richtig.“ Das Auspacken ist also am Ende weniger ein Unboxing, sondern eher ein Freilegen eines massiven “Eingeschweißtseins” aus Folie, das mit jedem Schnitt in die Schicht ein befriedigendes Rascheln von sich gibt und dabei beinahe so laut ist wie die Tastenklicks, die noch folgen werden. Ach, wie poetisch doch so was Banales wie das Auspacken sein kann…

Look and Feel: Klick, Klack, Poesie

Es ist Zeit, die Tasten zu drücken. Der erste Tastendruck ist wie ein Schritt zurück in eine Ära, in der Computer wie Möbel aussahen und man mit der Tastatur bei Bedarf auch den Schreibtisch zertrümmern konnte. Die “buckling spring”-Schalter erzeugen ein Klick, das eher einem „KA-CHUNK“ gleicht – laut genug, um sicherzustellen, dass jeder im Raum weiß, dass gerade etwas Bedeutendes geschrieben wird. Wer sich über die Lautstärke beschwert, hat einfach keinen Respekt vor traditioneller Schreibkultur!

Die Tastatur hat das ikonische, robuste Layout der IBM Model M, aber Unicomp hat eine Windows-Taste hinzugefügt, damit man sich nicht fühlt, als würde man gerade eine DOS-Kommandozeile programmieren. Die Tasten sind so angeordnet, dass man sich fragt, ob das hier die Zeitmaschine ist, die Marty McFly zurückgebracht hat. Das Tippen auf der Model M ist keine einfache Arbeit – es ist ein Training für die Finger, aber wohlsortiert mit brauchbaren Tastenabständen und wohlkonturierten Tastenkappen.

Die Unicomp Model M ist kein simples Stück Peripheriegerät, das man einfach kauft und benutzt. Sie ist eine Art Zeitkapsel, die an die goldenen Zeiten der Computertechnik erinnert, als Männer noch Schnurrbärte trugen und Frauen in Aerobic-Videos herumhüpften. Die Model M ist vielleicht nicht für jeden geeignet, denn sie ist laut, schwer und groß. Aber sie ist für diejenigen, die sich nach dem befriedigenden Gefühl sehnen, dass jeder Tastenanschlag ein kleines Ereignis ist, einfach nur die Ideale Hauptbesetzung. Klack und weg!

Am Ende des Unboxings weiß ich eines mit Sicherheit: Die Unicomp Model M ist hier, um zu bleiben – und sie ist bereit, jeden modernen Plastikkeyboard-Konkurrenten gnadenlos vom Tisch zu fegen, falls nötig, auch buchstäblich. Ansonsten: falsche Gewichtsklasse!

Kommentar

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big-maec

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988 Kommentare 598 Likes

Hi,
ein neumodischer Nachbau, oder ein versuch sich von der Masse abzuheben?

Was mir an dem Nachbau fehlt, ist die Kabelspirale wie am Original.

Habe die IBM Tastatur letztens noch in der Hand gehabt, weil ich den Keller etwas ausmisten bzw. aufräumen wollte. Tja noch habe ich eine IBM Tastatur mit DIN Anschluss im Keller liegen, bin mir aber noch nicht schlüssig, was ich damit mache.

Nur für den Fall, falls du ein Original IBM Exemplar testen möchtest, ich kann dir da noch was zukommen lassen.:D

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Igor Wallossek

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10,956 Kommentare 20,776 Likes

Bitte lies die Intro, es ist quasi immer noch das Original. Sind ja auch die gleichen Gene. Spiralkabel ist auf dem Schreibtisch ein totales Auschlusskriterium für mich, das muss heutzutage echt nicht mehr sein. Und Steckerkaskaden von DIN auf PS/2 auf USB sind auch nicht wirklich nice :D

Ich habe selbst zwei M besessen, eine von deutlich vor 1990 und eine abgespeckte von Lexmark. Das habe ich alles in einem sinnlosen Anfall von Aufräumeritis in den frühen 2000ern entsorgt, das muss so 2005 oder 2006 bei einem Umzug gewesen sein. Ich hatte damals aufgehört zu rauchen und alles, was irgendwie nach Rauch müffelte, freudig über den Jordan gewuppt... ;D

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echolot

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1,202 Kommentare 943 Likes
Arnonymious

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Was die Aufstellfüße angeht, wäre das doch was, was dir Druckerobertester @Tim Kutzner als zwei Komponenten Projektchen drucken könnte, @Igor Wallossek .
Dann sieht das nicht so gefrickelt aus als wenn man da nur einfach was anklebt.

Mein Vater hat immer noch seine alte M im Einsatz und ist nach wie vor happy mit dem Teil, einziger Kritikpunkt ist die notwendige "Adapterkette". Ich habe selbst auch mal mit nem Nachnau geliebäugelt, aber die Tastatur ist im geteiltwn Arbeitszimmer zu laut für ein friedliches Miteinander.

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Q
QuFu

Veteran

165 Kommentare 53 Likes

Ich hab hier noch das kompaktere Model M2 rumliegen, gabs damals zu meinem ersten PC dazu, sogar schon mit PS2 Stecker, funktioniert auch noch. So schön, wie sich es tippt, aber das Teil ist eine echte akustische Foltermaschine. Etwaigen Mitmenschen geht man damit gehörig auf den Senkel. ;-)

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eastcoast_pete

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1,901 Kommentare 1,192 Likes

Eine Unicomp Model M (in QWERTY) ziert sein 4 Jahren auch meinen Schreibtisch. Die ist jetzt mein "daily driver". Kommt der originalen IBM PS/2 Tastatur, die ich als Maß der Dinge ansehe, einigermaßen nahe. Die IBM ist meine Messlatte, wenn's um Keyboards zum Schreiben geht. Gehäuse aus Alu Druckguss, tolles Schreibgefühl, klickt befriedigend laut 😁, und eben unten der Kleber dran mit "Made for IBM by Lexmark in Lexington, KY" - denn so (Auftragsfertigung) hat Lexmark ja mal angefangen. Heutzutage wird sie allerdings nur hin und wieder mal rausgenommen um als Referenz für etwaige Kandidaten für meine tägliche Tastatur zu dienen.

Und, zum Thema diabetische Neuropathie: Ich hoffe, daß Du (@Igor Wallossek ) einen guten Endokrinologen hast, der sich mit Dir um Deinen Blutzucker kümmert. Wenn es Typ 2 Diabetes ist: die neuen GLP-1 Agonisten (semaglutide bzw tirzepatide) haben die Behandlung davon schon - muss man so sagen - revolutioniert.

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eastcoast_pete

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1,901 Kommentare 1,192 Likes

Dafür hören die dann auch, daß man gerade arbeitet und nicht gestört werden will 😀.

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FfFCMAD

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766 Kommentare 234 Likes

@Igor: in Zwischen gibt es auch nachbauten für den Vorgänger, der noch etwas mehr Schreibkomfort bietet. Die Model F hat ja noch mal wesentlich bessere Tasten als die originale M. (Kapazitiv)

Bei dem IBM Tastaturen gibt es einen großen Vorteil, den die meisten modernen Tastaturen nicht haben: bessere Ergonomie. Das kann man auch schon auf einem deiner Bilder sehen. Die Model F und Model M waren extrem gut durchgedacht, da steckten damals schon viele Jahre Know How und echte Ingenieursarbeit dahinter.

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a
andimo

Neuling

6 Kommentare 2 Likes

Mein Senf zu der Unicomp Model M
Klasse Schreibgefühl, aber auf lange Zeit kein gutes Produkt.
Die Metallplatte im Inneren, auf der die Tastaturfolien am Gehäuse fixiert sind wird mit Kunststoff-Schmelzniete (Schmelzzapfen?) fixiert. Das war ja schon beim Original so.
Wenn die Tastatur im Inneren irgendwann rasselt sind einige dieser Niete abgerissen. Sind es zu viele, dann ist eine Eingabe nicht mehr möglich.
Die Reparatur kann mit kleinen Schrauben erfolgen. Man bohrt zuerst in die Reste der Niete ein kleines Loch (<1mm) und schraubt eine ebenso kleine Schraube mit Unterlegscheibe ein. Etwas nervig, aber möglich.
Meine Vermutung ist dass Unicomp zu spröden Kunststoff verwendet. Bei mir lösten sich die Ersten schon nach wenigen Monaten

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echolot

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1,202 Kommentare 943 Likes

Aber bitte nicht für den Alltag. Da gibt es besseres.

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eastcoast_pete

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1,901 Kommentare 1,192 Likes

Mein Unicomp tut zwar nach ca. 2 Jahren noch ohne Probleme, aber die Information ist willkommen. Die hebe ich mir mal auf, falls das Keyboard die Rasselitis entwickelt.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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