Mikroskopie und Materialanalyse
Es ist sehr interessant zu beobachten, wie sich eine Paste verstreichen lässt und wann sie auf dem Glasträger de facto auf- und abreißt, denn es lässt auch Schlüsse auf die Mischung zu. Aber bereits die Farbe zeigt den Unterschied zwischen der Kryonaut (hell) und der Paste X (dunkler) ziemlich deutlich.
Die Kryonaut muss ich gar nicht stark vergrößern, denn wir sehen fast schon eine Flüssigkeit, die überall haftet und die sich sehr dünn verstreichen lässt. Das ist sicher ein Teil des Erfolges dieser Paste, denn der Skill-Level für einen optimalen Auftrag ist hier recht niedrig anzusetzen.
![](https://www.igorslab.de/wp-content/uploads/2024/07/05-Paste-2-980x735.jpg)
Die Paste X ist da schon deutlich viskoser, aber auch sie haftet noch recht gut. Hier hat Thermal Grizzly erneut einen akzeptablen Kompromiss gefunden, der zwar nicht an die Thermalright TF8 heranreicht, aber die Handhabung deutlich einfacher gestaltet. Und wenn wir uns erinnern: die Unterschiede zwischen Paste X und der TF8 sind sehr klein. Der direkte Mitbewerber wäre somit z.B. eher die Corsair XTM70, die aber preislich eher unattraktiv ist.
![](https://www.igorslab.de/wp-content/uploads/2024/07/01-Paste-980x735.jpg)
Die Gefahr des Ausgasens bzw. Ausblutens der Silikonbasis ist bei der Paste X eher zweitranging. Bei der Kryonaut hingegen sehe ich da eine aber eher Haltbarkeit von 9 bis 12 Monaten, bevor die Degradation spürbar wird, was aber auch vom Nutzerprofil und damit den Zyklen abhängt. Der Blick auf die vergrößerte Paste zeigt ein Meer feinster Nano-Partikel und einige etwas größere Partikel. Der kleinere “Haufen” aus Aluminium-Oxid mit 15 µm ist daher nur ein kleiner Lapsus beim Mischen, nur richtig homogen wird man das eh kaum hinbekommen. Das verdrückt sich aber und ist damit nur eine Randerscheinung.
![](https://www.igorslab.de/wp-content/uploads/2024/07/07-Particles-1-980x735.jpg)
Die Paste X enthält deutlich mehr Aluminium-Oxid und ist generell nicht so “schleimig”. Wir sehen zudem viele Nanopartikel (bzw. sehen sie nicht, weil sie zu fein sind und sich in der Matrix verstecken).
![](https://www.igorslab.de/wp-content/uploads/2024/07/02-Particle-980x735.jpg)
Schauen wir nun einmal genauer hin, was eigentlich drin ist, bzw. was nicht. Die Paste enthält neben dem ganzen Silikon als Matrix noch einige Füllstoffe, überwiegend sehr feines Zink-Oxid und etwas weniger Aluminium-Oxid. Der Aluminium-Oxid-Anteil ist niedriger, aber immer noch ausreichend. Man nutzt das ZnO primär als Lückenfüller zwischen den etwas größeren (und auch härteren) Al2O3-Körnchen. Die Paste wird dadurch fluid, also flutschig.
![](https://www.igorslab.de/wp-content/uploads/2024/07/08-LIBS-980x735.jpg)
Die Paste X ist da komplett anders gestaltet. denn wir sehen bei diesmal gleicher Auflösung eine komplett andere Struktur mit sehr vielen Partikeln und überwiegend Aluminium-Oxid. Der Zinkanteil ist deutlich niedriger.
Testequipment für die Materialtests, Genauigkeit und Testvorbereitung
Die Materialprüfung und Vermessung der Pasten und Pads übernimmt mein Keyence VHX 7000 samt EA-300. Damit sind sowohl exakte Messungen als auch recht genaue Massenermittlungen der chemischen Elemente möglich. Doch wie funktioniert das eigentlich? Die von mir für den Artikel genutzte Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie (LIBS) ist eine Art Atomemissions-Spektroskopie, bei der ein gepulster Laser auf eine Probe gerichtet wird, um einen kleinen Teil davon zu verdampfen und so ein Plasma zu erzeugen.
Die emittierte Strahlung aus diesem Plasma wird dann analysiert, um die Elementzusammensetzung der Probe zu bestimmen. LIBS hat viele Vorteile gegenüber anderen analytischen Techniken. Da nur eine winzige Menge der Probe für die Analyse benötigt wird, ist der Schaden an der Probe minimal. Der richtige Schaden entsteht im heutigen Artikel vorher durch meine eher groben Schneid- und Trennwerkzeuge. Diese noch recht neue Laser-Technik erfordert im Allgemeinen keine spezielle Vorbereitung der Proben für die Materialanalyse. Sogar Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase können direkt analysiert werden.
LIBS kann mehrere Elemente gleichzeitig in einer Probe detektieren und kann für eine Vielzahl von Proben verwendet werden, einschließlich biologischer, metallischer, mineralischer und anderer Materialien. Und man erhält eine wirkliche Echtzeit-Analyse, was enorm Zeit spart. Da LIBS im Allgemeinen keine Verbrauchsmaterialien oder gefährlichen Reagenzien benötigt, ist es auch eine relativ sichere Technik, die zudem kein Vakuum wie beim REM + EDX benötigt. Wie bei jeder Analysetechnik gibt es auch bei LIBS natürlich gewisse Einschränkungen und Herausforderungen, aber in vielen meiner Anwendungen, insbesondere wenn Geschwindigkeit, Vielseitigkeit und minimalinvasive Probenentnahme von Vorteil sind, bietet es deutliche Vorteile.
Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Ergebnisse der Anteile in den Übersichten und Tabellen absichtlich auf volle Prozent (wt%, also Gewichtsprozent) gerundet wurden, da es oft genug vorkommt, dass sogar innerhalb des vermutlich gleichen Materials Produktionsschwankungen vorkommen können. Untersuchungen im Promillebereich sind zwar nett, aber heute nicht zielführend, wenn es um eine sichere Auswertung und nicht um Spurenelemente geht. Allerdings beginnt jeder Tag im Labor mit der gleichen Prozedur, denn wenn ich anfange, arbeite ich zuvor eine Checkliste ab, die ich mir erstellt habe. Das dauert jedes Mal bis zu 30 Minuten, wobei ich ja eh auf das Erwärmen des Lasers und die richtige Raumtemperatur warten muss.
- Mechanische Kalibrierung des X/Y Tisches und der Kameraausrichtung (z.B. fürs Stitchen)
- Weißabgleich der Kamera für alle genutzten Beleuchtungskörper
- Ausrichtung von LIBS-Optik und Normalobjektiv prüfen, Ausrichtung des Lasers zur eigenen Optik kalibrieren (x300)
- Standard-Samples der zu messenden Materialien probetesten und ggf. Kurve korrigieren (siehe Bild oben)
20 Antworten
Kommentar
Lade neue Kommentare
Urgestein
Urgestein
1
Urgestein
1
Urgestein
Veteran
1
Veteran
Veteran
1
Veteran
Urgestein
Veteran
Urgestein
Veteran
Veteran
1
Veteran
Alle Kommentare lesen unter igor´sLAB Community →