Heute teste ich gleich zwei Pasten von Thermal Grizzly. Die Kryonaut, die uns quasi seit 10 Jahren verfolgt und in den Foren gefühlt zwischen jeder zweiten CPU und deren Kühler klebt, sowie eine neue Paste als “geheimes” Vorserien-Produkt, die erst in rund drei Monaten auf den Markt kommen wird. Ich habe diese Paste bereits intern getestet und darf das Produkt heute, mit freundlicher Genehmigung von Roman auch bereits exklusiv vorstellen und vergleichen. Und eines kann ich ja mal vorab spoilern – beide Pasten sind wirklich grundverschieden. Damit steigt auch die Spannung.
Doch bleiben wir zunächst beim bereits bekannten Produkt. Der Erfolg der Kryonaut dürfte auch daran liegen, dass man es bereits damals geschafft hat, eine eher flüssige Paste mit trotzdem recht hoher Wärmeleitfähigkeit zu entwickeln. Die ließ sich aufgrund ihrer Konsistenz meist mühelos und “idiotensicher” auftragen (wenn wir mal einige wenige Batches ausklammern), was natürlich auch dafür sorgte, dass sie in den Tests immer mit vorn lag (bei mir ja auch). Eine eher flutschige Paste bringt auch dünnere Schichten mit sich und damit auch einen niedrigeren Wärmewiderstand im realen Leben.
Mit genau dieser Strategie, also so flüssig wie nötig und dabei so wärmeleitend wie möglich, hat man sich einen echten Dauerbrenner geschaffen, ohne den es diese Firma in der heutigen Form wohl sicher gar nicht geben würde. Aber man sollte ja auch immer den Blick nach vorn werfen…
Genau in dieser Stelle kommt nun die zweite Paste ins Spiel. Sie ist relativ viskos, aber nicht ganz so fest wie die Thermalright TF8 und in etwa auf dem Niveau der Corsair XTM 70. Eine höher befüllte Paste, also eine Mischung aus weicher Matrix und deutlich mehr wärmeleitenden Partikeln fördert die Performance ungemein, macht aber das Handling auch etwas komplizierter. Wobei die neue Paste, ich nenne sie einfach mal Paste X, da durchaus noch handhabbar ist. Einen Namen hat das Produkt noch nicht, aber ich konnte mir das mit dem Grizzly Bärchenstreich einfach nicht verkneifen. Bis auf den Geschmack sind Farbe und Konsistenz ja ähnlich, nur dass die Bezeichnung leider schon vergeben ist. Vielleicht fällt Euch ja was Passendes ein.
Ein wichtiges Vorwort zur “Bulk-Wärmeleitfähigkeit” und falschen Marketing-Versprechen
Ich stelle jetzt bewusst zwei Zitate voran, die mir nicht nur aus der Seele sprechen, sondern auch mit meinen Labormessungen absolut überein stimmen. Viel mehr als 4 bis 5 W/(m·K) gehen mit konventionellen Pasten unter den üblichen Bedingungen auf einer GPU oder CPU in Bezug auf Schichtstärke, Temperatur und Druck nämlich überhaupt nicht. Weil diese Zitate ehrlich sind und leider der Realität entsprechen, werde ich diesen Part ab sofort als Standardzitat in allen Pasten-Tests aller Hersteller verwenden und voranstellen. Physik kann man nicht verbiegen.
Wer sich fragt, wie man überhaupt auf Angaben oberhalb dieser Grenze kommt, dem sei gesagt, dass man Testbedingungen durchaus so anpassen kann, dass man in die Nähe astronomisch hoher Zahlen gelangt. Nur hat das Testen im Eimer mit der Realität nichts zu tun, auch wenn man ein bekanntes Messverfahren nutzt. Ohne Kenntnis der genauen Umstände sind solche Wert komplett irreführend und sinnlos. Man könnte zwar vielen Anbietern zugutehalten, dass sie es einfach nicht besser wissen und nur die Datenblätter der OEM abschreiben, aber es macht eine Irreführung der Verbraucher auch nicht besser.
Die meist theoretisch bestimmten Wärmeleitwerte unterscheiden sich stark je nach Anwendung, da wichtige Faktoren wie Anpressdruck, Temperatur oder Oberfläche nicht einheitlich berücksichtigt werden können. All unsere Kühlprodukte geben daher seit dem 4ten Quartal 2020 keine konkreten Werte zur Wärmeleitfähigkeit mehr an. Wir setzen weiterhin auf die Testergebnisse unabhängiger Tests und Reviews, damit unsere Kunden einen realistischeren Eindruck unter vergleichbaren Umständen von der Leistungsfähigkeit unserer Produkte in der Praxis erhalten können.
Arctic
ARCTIC hat sich bewusst dafür entschieden, keine Werte zur Wärmeleitfähigkeit von Wärmeleitpasten und Wärmeleitpads anzugeben, da viele Hersteller diesen Wert erfinden, künstlich anheben oder beschönigen. Wärmeleitpaste hat eine Wärmeleitfähigkeit von 1 bis 4 W/mK. Werte außerhalb dieses Bereichs, wie zum Beispiel 12,5 W/mK, entsprechen nicht der Wahrheit. Viele Wettbewerber geben Werte über 4 W/mK an, um eine bessere Leistung zu suggerieren. Dies führt oft zu falschen Erwartungen und unzufriedenen Anwendern…
Die bisherigen “Referenzpaste” wird nur noch so lange für die Vergleiche in den Kurvendiagrammen verwendet, bis die automatische, Datenbank-basierte Chartserstellung fertig ist (demnächst). Dann wird bzw. werden in den Charts vollautomatisch die jeweils besten Pasten zum Vergleich herangezogen (an- und abwählbar wie seinerzeit bei den Lüftern). Die Alphacool Apex war und ist für mich das Mittel der Wahl für Langzeitvergleiche, weil ich das Verhalten mittlerweile über 12 Monate nachprüfen konnte. Dieser Punkt wird dann bei der Umstellung auf die Datenbank entfallen.
Echte Langzeitsimulationen (3000 Stunden in 1000 Zyklen bis 90°C ) sind vom Aufwand her nicht machbar. Deswegen kann ich nur Prognosen abgeben, die ich aber auch als solche verstanden wissen will. Es ist quasi unmöglich, wissenschaftlich fundierte Aussagen in nur wenigen Tagen zu treffen. Ja, man kann einen Trend feststellen und diesen anhand vorhandener Daten als Prognose skalieren, nur ist dies nichts, was wirklich belastbare Aussagen ermöglicht. Deshalb muss ich, so leid es mir tut, diesen eigentlich so wichtigen Punkt ausklammern. Allerdings werde ich, soweit es die Zeit zulässt, Community-Feedback mit berücksichtigen und die Äußerungen bzw. Langzeiterfahrungen Dritter zu gegebener Zeit als Anmerkung mit in die Datenbank einfügen, falls es nötig erscheint. Im positiven, aber auch negativen Sinne. Nur ist dies ein subjektiver Wert, der in einer Vergleichsdatenbank nichts zu suchen hat.
Unboxing
Neben der Paste erhält man bei der Kryonaut ein oder zwei Gummi-Tüllen als Applikator, zumindest in meiner großen Familienpackung. Der Eingeweihte nimmt zum Säubern ja gern Brillenputztücher, die sind im Verhältnis zu Angeboten aus dem Computer-Handel deutlich preiswerter. Das hier nichts beiliegt, kann man somit locker verschmerzen. 🙂
Die neue Paste X besitzt noch keine Verpackung, ich habe hier zum internen Gebrauch nur ein übliches Schraubdöschen. Die Paste ist noch Kleinserie und wurde also bei Thermal Grizzly in Deutschland hergestellt. Aber es wird ja auch mein Vergnügen sein, das fertige Produkt aus der Massenproduktion später noch vorab gegenzutesten.
Technische Daten
Lassen wir das Marketing mal beiseite und schauen auf die technischen Daten dieser Paste, die in verschiedenen Gebinden und Größen erhältlich ist. Wir sehen, dass die Angabe zur hingewunderten Wärmeleitfähigkeit fehlt (rot). Die grün hinterlegten Spalten enthalten meine Messwerte, die grau hinterlegten die komplett fehlenden Herstellerangaben.
Technische Daten | Kryonaut |
Paste X |
Bulk-Wärmeleitfähigkeit λ | n/a | |
Test method ASTM D5470-17 | ||
Effektive Wärmeleitfähigkeit λeff, | 3.272 W/(m·K) | 4.886 W/(m·K) |
Effektiver Wärmewiderstand Rth 400 µm | 1,28913 cm²K/W | 0.89973 cm²K/W |
Effektiver Wärmewiderstand Rth 200 µm | 0,67836 cm²K/W | 0.50921 cm²K/W |
Effektiver Wärmewiderstand Rth 100 µm | 0,37324 cm²K/W | 0,30650 cm²K/W |
Effektiver Wärmewiderstand Rth min | 0,14415 cm²K/W | 0.14358 cm²K/W |
Minimale Schichtdicke (60 PSI, 30 Minuten) |
7 µm | 14 µm |
Wärmeleitpartikel | Zinkoxid (ZnO), Aluminium-Oxid (AL2O3), Silikon-Matrix (LIBS, Keyence EA-300) | |
Volatilization Rate (Verflüchtigung) | n/a | |
Density | n/a | |
Viscosity | n/a | |
Arbeitstemperatur | n/a | |
Durchbruchsspannung | n/a | |
Durchgangswiderstand | n/a | |
Maximaler Druck | n/a | |
Farbe | hellgrau | mittelgrau |
Zubehör |
Paste, Gummiapplikatoren | n/a |
Gebinde |
Tube 1 g, 5.5 g, 11.1 g, 37 g | n/a |
Weiterführende Links und Grundlagen
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Thermal Grizzly Kryonaut Wärmeleitpaste, 11.1g/3ml (TG-K-030-R)
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