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Testequipment für die Materialtests bei Wärmeleitpasten: Mikroskopie und Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie (LIBS)

Ich habe zwar auch bereits ausführlich über die Ermittlung von Wärmewiderständen und Wärmeleitfähigkeiten geschrieben, aber den zweiten Teil der Messungen muss ich natürlich auch noch einmal transparent erklären, denn ich mache diese Messungen ja nicht zum Selbstzweck, sondern aus gutem Grund. Die Mikroskopie, Materialprüfung und Vermessung der Pasten und Pads übernimmt mein Keyence VHX 7100 samt der EA-300 als Analyseeinheit. Damit sind sowohl exakte Messungen als auch recht genaue Massenermittlungen der chemischen Elemente möglich.

Doch wie funktioniert das eigentlich? Die von mir für den Artikel genutzte Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie (LIBS) ist eine Art Atomemissions-Spektroskopie, bei der ein gepulster Laser auf eine Probe gerichtet wird, um einen kleinen Teil davon zu verdampfen und so ein Plasma zu erzeugen. Die emittierte Strahlung aus diesem Plasma wird dann analysiert, um die Elementzusammensetzung der Probe zu bestimmen. LIBS hat viele Vorteile gegenüber anderen analytischen Techniken. Da nur eine winzige Menge der Probe für die Analyse benötigt wird, ist der Schaden an der Probe minimal. Diese noch recht neue Laser-Technik erfordert im Allgemeinen keine spezielle Vorbereitung der Proben für die Materialanalyse. Sogar Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase können direkt analysiert werden.

LIBS kann mehrere Elemente gleichzeitig in einer Probe detektieren und kann für eine Vielzahl von Proben verwendet werden, einschließlich biologischer, metallischer, mineralischer und anderer Materialien. Und man erhält eine wirkliche Echtzeit-Analyse, was enorm Zeit spart. Da LIBS im Allgemeinen keine Verbrauchsmaterialien oder gefährlichen Reagenzien benötigt, ist es auch eine relativ sichere Technik, die zudem kein Vakuum wie beim REM + EDX benötigt. Wie bei jeder Analysetechnik gibt es auch bei LIBS natürlich gewisse Einschränkungen und Herausforderungen, aber in vielen meiner Anwendungen, insbesondere wenn Geschwindigkeit, Vielseitigkeit und minimalinvasive Probenentnahme von Vorteil sind, bietet es deutliche Vorteile.

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Ergebnisse der Anteile in den Übersichten und Tabellen absichtlich auf volle Prozent (wt%, also Gewichtsprozent) gerundet wurden, da es oft genug vorkommt, dass sogar innerhalb des vermutlich gleichen Materials Produktionsschwankungen vorkommen können. Untersuchungen im Promillebereich sind zwar nett, aber heute nicht zielführend, wenn es um eine sichere Auswertung und nicht um Spurenelemente geht. Allerdings beginnt jeder Tag im Labor mit der gleichen Prozedur, denn wenn ich anfange, arbeite ich zuvor eine Checkliste ab, die ich mir erstellt habe. Das dauert jedes Mal bis zu 30 Minuten, wobei ich ja eh auf das Erwärmen des Lasers und die richtige Raumtemperatur warten muss. Den Energieversorger freut es natürlich.

  • Mechanische Kalibrierung des X/Y Tisches und der Kameraausrichtung (z.B. fürs Stitchen)
  • Weißabgleich der Kamera für alle genutzten Beleuchtungskörper (Mikroskopie)
  • Ausrichtung von LIBS-Optik und Normalobjektiv prüfen, Ausrichtung des Lasers zur eigenen Optik kalibrieren (x300)
  • Standard-Samples der zu messenden Materialien probetesten und ggf. Kurve korrigieren (siehe Bild oben)

Damit will ich es mit der Theorie auch bewenden lassen, denn wir warten ja auf die Messungen. Für die ganz Neugierigen wäre hier noch die Produktbeschreibung:

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pinkymee

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118 Kommentare 126 Likes

@Igor Wallossek ich lese Deine Artikel wahnsinnig gern am frühen Morgen. Spannend, informativ und investigativ. Zudem verständlich für alle, die kein Diplom haben ;) Und ich finde, man kann hier jeden Tag etwas Neues lernen :D

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DigitalBlizzard

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Jap, vor allem mal was ganz anderes als "Guck mal was wir neues tolles bekommen haben, und wie toll das ist, müsst ihr sofort kaufen!" Und das dann auf 5-10 einschlägigen Seiten quasi gleichzeitig.

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eastcoast_pete

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1,830 Kommentare 1,142 Likes

Das Keyence ist schon ein sehr beeindruckendes Gerät, LIBS allgemein ein großer Fortschritt in der Materialanalyse. Denn bis es sowas gab (noch nicht so lange!) war die Alternative eigentlich nur Massenspektrometrie, mit dem ganzen Aufwand (Vakuum!) der da anfällt. Und dann konnte man im Normalfall auch nur Proben messen, die man vorher präparieren musste, damit man das Analyt in die Gasphase bringen konnte, denn Massenspektrometrie funktioniert ja nur, wenn die Ionen fliegen können. Und, man konnte erstmal nicht sehen, wo genau die Probe her kam. Zwar gab es ein Massenspektrometer mit Mikroskop und Laser Ionisation, das LAMMA (laser microprobe mass analyzer, erfunden von Franz Hillenkamp) hieß. Das war (ist) teuer in der Anschaffung und im Betrieb, und daher selten. Ich durfte mal so eins bestaunen und auch auf den Knopf drücken (Laser), aber wirklich bedienen durften wir Studis das nicht 😀. Das Keyence LIBS das @Igor Wallossek hier hat ist dann die neue, praktikablere Alternative dazu. Schon ein tolles Gerät, und, soweit ich weiß, das einzige, daß von einem unabhängigen Labor in dem Bereich (Pasten, Pads usw) eingesetzt wird. Außerdem wäre es ziemlich schwierig, Pasten im Hochvakuum zu messen, denn Silikonöle verdampfen da ziemlich schnell und heftig.

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Igor Wallossek

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Exakt das. Man musste fürs REM+EDX immer erst alles mühsam mit Xylol rauswaschen, weil die Paste im Vakuum quasi explodiert. Oder man nimmt einen Tiefsttemperaturtisch und friert die Paste vorher ein. Wenn man denn überhaupt einen hat. Aber allein die Untersuchung nur einer Paste am Gemini + Oxford kostet einen mit Vorbereitung und anschließender Reinigung mehrere Stunden. Das ist komplett unmöglich zu lösen, weil der Aufwand den Nutzen übersteigt. Außerdem gehen viele Informationen verloren.

Das bitte nie wieder :D

Ich glaube sogar, Keyence waren die ersten, die ein hochauflösendes Digtamikroskop mit LIBS kombiniert haben. Die AE-300 war, als ich sie gekauft habe, noch nicht mal weltweit verfügbar und ich hatte Glück, dass ich da quasi eine abbekommen habe. Eigentlich bin ich auch sowas, wie ein Technik-Influenzer, auch beim TIMA. Nur dass ich mir das Equipment leider selbst kaufen muss. Da darf man dann auch nicht mehr übers Geld nachdenken. Aber bereut habe ich es bis heute nicht :D

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eastcoast_pete

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1,830 Kommentare 1,142 Likes

Wenn Keyence jetzt auch wegen Deiner Arbeit und den Artikeln das ein oder andere LIBS System verkaufen oder vermieten kann, wär es schön, wenn sie sich mit zB freier Wartung für die nächsten Jahre erkenntlich zeigen.
Allgemein ist Keyence ja ein Vorzeige Unternehmen für Hochtechnologie Made in Japan. Haben u.a. auch einigen vormaligen Platzhirschen im Mikroskopie Bereich (Nikon, Olympus) einiges an Marktanteilen abgenommen.

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Igor Wallossek

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Keyence ist nicht wirklich spenadabel, aber der Service stimmt einigermaßen. Laser war defekt, es gab eine Austauscheinheit und meine wurde bis nach Japan zur Analyse und Reparatur geschickt. Was den Geiz betrifft: die Austauscheinheit, immerhin 25 Kilo versicherter Versand mit UPS, musste ich selbst und auf meine Kosten verschicken, trotz anerkannter RMA. Also Kulanz definiere ich anders. Das kann Zeiss deutlich besser.

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8j0ern

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2,983 Kommentare 976 Likes

Zeiss ist aber auch eine bekannte Größe in der Messindustrie.
Eine 1" Kugel mit unseren Anforderungen zu vermessen in 3D, bekommt hier in der EU irgendwie kein Labor hin.

Die müssen wir aus der USA anliefern lassen, weil sie nur dort das Equipment haben.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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