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SteelSeries Arctis Nova 5 Wirereless im Test – Guter Allrounder mit langem Atem, aber ohne echte Highlights

Messaufbau und Grundlagen

Generell gilt, dass man zur Messung des Übertragungsverhaltens von Kopfhörern sogenannte Kuppler mit klar definierten Volumina und fest eingebauten, sauber kalibrierten Messmikrofonen nutzt.  Der Rest orientiert sich dann auch am zu messenden Objekt. Für Einsteckhörer (In-Ears) und Kleinhörer (z.B. aus Hörgeräten) lässt sich der Aufbau genauso gut nutzen, wie für einfachere Kopfhörer und Headsets als sogenannte On-Ears (Kopfhörer mit supraauralen Kissen). Für solche Kopfhörer (On-Ear) ist das „künstliche Ohr“ nach IEC 318 brauchbar, an das ich mich mit der Umsetzung nunmehr gehalten habe.

Die dicken Over-Ears, also circumaurale bzw. Ohr-umschließende Kopfhörer, sind nicht einfach zu handhaben, wenn es um die Messung und vor allem um die Reproduzierbarkeit geht. Denn genau dafür gibt es ja noch gar keine wirklich genormten Kuppler. Die Gründe dafür liegen in Schwierigkeiten der Messtechnik und den vielen beeinflussenden Faktoren begründet, die eine sichere Reproduzierbarkeit fast unmöglich machen. Daher werden solche circumaurale Kopfhörer überwiegend mit entsprechend umgebauten Kupplern für supraaurale Kopfhörer gemessen, indem man zusätzlich eine flache Platte als Auflage für das circumaurale Kissen nutzt (siehe Bild).

Wichtiger Anhaltspunkt bei Kopfhörern: Die Harman Kurve

Die sogenannte Harman-Kurve ist eine (optimale) Klangsignatur, die die meisten Menschen bei ihren Kopfhörern bevorzugen. Sie ist somit eine genaue Darstellung dessen, wie z.B. hochwertige Lautsprecher in einem idealen Raum klingen und sie zeigt den Zielfrequenzgang eines perfekt klingenden Kopfhörers. Damit erklärt sie auch, welche Pegel angehoben und welche gedämpft werden sollten, wenn man diese Kurve zugrunde legt. Damit erklären wir auch in einem Aufwasch noch den Begriff der oft zitierten “Badewannen-Abstimmung”, bei dem die Harman-Kurve jedoch völlig überzogen missbraucht und überhöht wird.

Aus diesem Grund ist die Harman-Kurve (auch “Harman-Ziel” genannt) einer der besten Frequenzgangstandards für den Musikgenuss mit Kopfhörern, denn im Vergleich zum flachen Frequenzgang (neutrale Kurve) sind bei der Harman-Kurve die Bässe und Höhen leicht angehoben. Diese “Kurve” wurde 2012 von einem Team von Wissenschaftlern unter der Leitung des Toningenieurs Sean Olive erstellt und veröffentlicht. Die Forschung umfasste seinerzeit auch umfangreiche Blindtests mit verschiedenen Personen, die unterschiedliche Kopfhörer testen mussten. Auf der Grundlage dessen, was sie dann mochten (oder auch nicht), fanden und definierten die Forscher die allgemein beliebteste Klangsignatur.

Die Abstimmung von Kopfhörern kann aufgrund der menschlichen Anatomie wirklich problematisch sein. Jeder Mensch hat eine etwas andere Ohrmuschel und einen etwas anderen Gehörgang, was sich darauf auswirkt, wie die einzelnen Personen bestimmte Frequenzen wahrnehmen. Im Extremfall gibt es von Person zu Person ein paar dB Unterschied, was dann auch die kleinen Unterschiede in manchen Messungen mit künstlichen Ohren erklärt. Außerdem wird der Schall, wenn er nicht absorbiert wird, von anderen Oberflächen zusätzlich reflektiert. Theoretisch wäre also auch ein Torso im Testaufbau mit einzubeziehen, aber das wäre viel zu aufwändig.

Frequenzgang

Die gerade erwähnte Harman-Kurve sehen wir im Diagramm als dunkle Linie hinterlegt. Beurteilen wir zunächst die ungeglättete Messung. Legt man die grüne Kurve und die lila Kurve (Harman) übereinander, ergeben sich interessante Erkenntnisse mit jeweils einer Delle bei ca. 6  und 7 KHz.

Glättet man die Kurven, dann sieht das Ganze definitiv nicht nach extremer Badewanne aus. Die Mitten werden natürlich etwas abgesenkt und es ist auch genügend Tiefbass vorhanden. Die Pegelfestigkeit ist nicht gerade episch, aber es reicht. Auch hier sehen wir wieder die leichte Hochton-Delle, die sich aber mit einem richtigen parametrischen Equalizer (siehe Tutorial) recht einfach beseitigen lassen.

Parametrischer Equalizer

Wie ich im Tutorial zum Equalizer APU und PEACE Equalizer bereits detailliert schrieb, kann man auch Low-Level gut die Kurven und damit den Klang bis zur Perfektion anpassen. SteelSeries schreibt vom eigenen Equalizer in der GG Software auch von einem “parametrischem” Equalizer, aber das ist nur ein simpler grafischer Equalizer und so ziemlich unnütz, weil man die Parameter eines gewählten Frequenzbereiches eben NICHT anpassen kann. Außer der Lautstärke. Somit ist das Ganze eine Art überdehntes Glockenfilter, mehr nicht.

“Equalizer APO” und “Peace Equalizer” – Perfektes Anpassen von Kopfhörern oder Lautsprechern mittels eines echten parametrischen Equalizers | Tutorial

Kumulative Spektren

Das kumulative Spektrum bezeichnet verschiedene Arten von Diagrammen, die Zeit-Frequenz-Eigenschaften des Signals zeigen. Sie werden durch die aufeinanderfolgende Anwendung der Fourier-Transformation und geeigneter Fenster auf überlappende Signalblöcke erzeugt. Diese Analysen basieren auf dem bereits oben dargestellten Frequenzgangdiagramm, enthalten aber zusätzlich noch das Element Zeit und zeigen nun als 3D-Grafik („Wasserfall“) sehr anschaulich, wie sich der Frequenzgang über die Zeit hin entwickelt, nachdem das Eingangssignal gestoppt wurde. Umgangssprachlich wird so etwas auch „ausklingen“ oder „ausschwingen“ genannt. Normalerweise sollte der Treiber nach dem Wegfall des Eingangssignals ebenfalls möglichst schnell anhalten. Einige Frequenzen (oder sogar ganze Frequenzbereiche) werden jedoch immer langsam(er) abklingen und dann in diesem Diagramm als länger anhaltende Frequenzen auf der Zeitachse auch weiterhin erscheinen. Daran kann man gut erkennen, wo der Treiber eklatante Schwächen aufweist, vielleicht sogar besonders „scheppert“ oder wo im ungünstigsten Fall Resonanzen auftreten und das Gesamtbild stören könnten.

Burst Decay

Der “Burst Decay”  bezeichnet das allmähliche Ausklingen oder Abfallen eines Signals oder einer Welle nach einem plötzlichen Impuls oder “Burst”. Ein solcher Burst kann beispielsweise durch eine plötzliche Energiezufuhr verursacht werden, und der anschließende “Decay” oder Abfall beschreibt die Art und Weise, wie das System zurück zu seinem Ausgangszustand gelangt. Der Burst Decay wird im Zusammenhang mit der Analyse von Signalen in der er Audioverarbeitung verwendet. Es ist wichtig, den Burst Decay zu verstehen, da er die Leistung und Qualität eines Systems beeinflussen kann. In der Audiotechnik beispielsweise kann ein Burst Decay Verzerrungen oder unerwünschte Geräusche verursachen, wenn er nicht richtig kontrolliert wird.

Hier ist es die Aufgabe des Ingenieurs, Systeme zu entwerfen, die solche Störungen minimieren und den Burst Decay effektiv handhaben. Beim CSD wird der Plot ja im Zeitbereich (ms) erzeugt, während der hier verwendete Burst Decay Plot in Perioden (Cycles) dargestellt wird. Und während beide Methoden ihre Vor- und Nachteile (oder Einschränkungen) haben, kann man durchaus sagen, dass die Darstellung in Perioden durchaus sinnvoller sein kann, um das Abklingen eines Treibers mit einer großen Bandbreite zu bestimmen. Die kleinen 40-mm-Treiber leisten eine fast perfekte Arbeit, das kann man so lassen. Da schwingt auch nicht viel nach, nur im Tiefst-Bass.

 

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Saschman73

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Danke für den Test! 🙏

Zitat:

Parametrischer Equalizer

Wie ich im Tutorial zum Equalizer APU und PEACE Equalizer bereits detailliert schrieb, kann man auch Low-Level gut die Kurven und damit den Klang bis zur Perfektion anpassen. SteelSeries schreibt vom eigenen Equalizer in der GG Software auch von einem “parametrischem” Equalizer, aber das ist nur ein simpler grafischer Equalizer und so ziemlich unnütz, weil man die Parameter eines gewählten Frequenzbereiches eben NICHT anpassen kann. Außer der Lautstärke. Somit ist das Ganze eine Art überdehntes Glockenfilter, mehr nicht.

Nur damit ich das richtig verstehe.
Wenn ich den EQ in über die GG Software (Engine) einstelle habe ich lediglich die vorgegebenen Frequenzbereiche wo ich den Regler rauf und runter schieben kann.

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Wenn ich allerdings GG Sonar am PC verwende, kann ich sehr wohl die Frequenzbereiche individuell einstellen, oder? :unsure:

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Igor Wallossek

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Xantios

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Da muss ich mal klugscheissen, der fehlende QR Code für die Software ist direkt auf der ersten Seite des Handbuchs zu sehen ;)

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echolot

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Danke für den ausführlichen Test. Begeisterung klingt anders.

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Igor Wallossek

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Nachdem man sich zwangsregistriert hat... Aber sows unterstütze ich nicht.

Aktuell habe ich den Meze 99 Classics samt Boom Mic getestet. DAS nenne ich mal brauchbar. Auch ohne Softwaregedöns. :D

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scotch

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Meine Arctis Nova pro wireless stehen demnächst zum verkauf. Grundsätzlich macht es zwar vieles gut aber bin am ende wieder beim MMX 300 pro gelandet.
Nun habe ich das Roland Bridge Cast entdeckt und bei Thomann für 149€ bestellt. Das teil finde ich sehr interessant was die Funktionalität angeht.
Es ist zwar eher für Streamer gedacht aber auch für den normalo Zocker im Discord Betrieb, der auch mal unkompliziert von Headset auf Boxen switchen möchte könnte das was sein. Bin sehr gespannt auf das Ding.

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Igor Wallossek

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BTW: Im Handbuch ist ein QR Code für die Apps, aber scanne mal mit dem PC den Code... Und finde den Fehler ;)

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Saschman73

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Das sei dir natürlich frei überlassen, auch wenn ich persönlich die Abwehrreaktion als etwas übertrieben empfinde.
Ich denke halt wenn man ein ordentliches Review macht dann sollte man den Interessierten nicht bewusst etwas vorenthalten und so schreiben wie wenn man ein Programm von einem Zweitanbieter braucht damit man nicht nur einen "Glockenfilter" anstelle vom parametrischen Equalizer
dabei hat.
Ich verwende Sonar jetzt schon länger und finde es für einen DAU wie mich, der im Spiel nach dem Schritt bevor er gemacht wurde sucht, gerade richtig.
Das war mir die Registrierung wert.

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Corro Dedd

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@Igor Wallossek
Wie, hast du keine Webcam an Rechner? Windows Kamera app kann per experimentellen Features auch QR Codes lesen, zudem gibt es bspw. den QR Code desktop Reader von Code Two.

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Igor Wallossek

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Nein, habe ich nicht. Nur warum ist es so schlimm, einen lesbaren Link aufzudrucken?

BEIDE QR Codes führen in den App Store und nicht auf eine PC-Version. Deshalb meine Kritik. Ich werde mir mit Sicherheit keine solche App aufs iPhone packen.

Nachtrag:
Sonar setzt auf die gleichen Low-Level-API auf wie APO und Peace, geht aber NUR mit dem Nova. Peace ist als GUI hingegen nicht proprietär, sondern kann am PC auch für alle Audio-Devices verwendet werden. Wenn ich Zeit habe, suche ich im GG Code mal nach verwendetem Open Source Code. :D

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eastcoast_pete

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Daß Dir die Software es wert war Dich zu registrieren spricht für die Software. Die Frage ist aber auch, warum man als bereits zahlender Käufer (hier) eines KHs dann trotzdem noch seine Daten übermitteln muss, um die Software dafür zu bekommen? Vor allem wenn die Software auch ein Grund ist, warum man sich genau diesen KH kauft. Registrierungszwang finde ich allgemein unschön, und die Frage ist, wo ist der Mehrwert für den bereits zahlenden Kunden (uns)? Der Zwang, sich gefälligst zu registrieren ist einer von (leider vielen) Gründen, warum ich solange wie möglich nicht von Windows 10 auf 11 umsteige.

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Saschman73

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Um ehrlich zu sein war die Software tatsächlich mit ein Grund warum ich mir seinerzeit das Arctis Nova Pro gekauft habe.
Mir hat das gefallen was die Influenzer da gezeigt haben was mit Sonar alles möglich ist.
Naja, die Software ist kostenlos und wird ständig gepflegt und ausgebaut.
Erst heute haben die wieder ein Update rausgeschossen!
Man muss bei SS nichts kaufen um das Program nutzen zu können!

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Igor Wallossek

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Wer NUR ein Headset nutzt, installiert hier ein riesiges Softwarepaket, das er gar nicht braucht. Also jede Menge Overhead, dessen Sensorloops das System zumüllen und bremsen. Ich sehe bei dem Ganzen ein generelles Problem, das wir auch bei Smartphones haben. Hätte man sich genauso viel Mühe beim Headset gegeben, dann wäre ich ja nachsichtiger. Die Funktionalität will man mit Softwarefeatures aufbessern, was die Hardware vorher versemmelt hat.

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Ghoster52

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Ich würde mich auch aus Prinzip nicht registrieren wollen, das nimmt alles überhand mMn.
Aktuell braucht man schon ein Handbuch für alle möglichen Passwörter & Plattformen.
Ein KH sollte aus der OVP heraus halbwegs gut klingen und nicht erst mit EQ,
somit ist Kritik für mich gerechtfertigt!

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Saschman73

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566 Kommentare 352 Likes

Wenn du deinem Prinzip 100% treu bist, dann beschneidest du dich selbst aber ganz schön!
Ich habe auch nicht behauptet das eine Registrierung etwas Gutes ist und das eine Kritik daran fehl am Platz ist.
In so ziemlich fast jedem Testbericht zu einem Steel Series Kopfhörer wird die Registrierung negativ erwähnt wenn man die hauseigene Software vollumfänglich verwenden möchte.
Dennoch bin ich der Meinung das in einem guten Bericht der Journalist über seinen Schatten springen und dem Leser nichts vorenthalten sollte.
Ob sich dann jemand der Zwangsregistierung beugen möchte oder nicht sollte dem Kunden selbst überlassen werden.
In der audiophilen Welt hast du natürlich recht, da sollte ein KH ohne Zutun schon so gut wie möglich performen.
Dafür geben Leute ja auch unmengen an Geld aus.
Hier handelt es sich aber um ein Produkt für Gamer und die leben größtenteils in einer ganz anderen Welt.
Da wird teilweise enormer Aufwand betrieben um die Kopfhörer genau so zu verbiegen das der Sound optimal zum Spiel passt.

Aber bevor ich gleich den nächsten Hammer 🔨 auf den Kopf 🤕 bekomme lassen wir das lieber. :sneaky:

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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