Ohrpolster wie angegossen
Ich hatte es ja bereits angeteasert: Die Ohrpolster der Sendy Audio Aiva haben eine sehr eigene, aber wirklich ergonomische Form. Das, was hier eher wie eine Kinderbadewanne aussieht, ist geprägt von der Absenkung der schmaleren Seitenwände nach oben hin. Laut Aussagen des Herstellers hat man eine Datenanalyse verschiedener Kopfformen zugrunde gelegt, aber da kann man eigentlich auch so drauf kommen. Zumindest spart es die üblichen Druckstellen im Memory Foam und wir wissen nun auch, warum ich die optionale Drehung dieser Polster bis zum Erreichen der Perfektion angeraten hatte.
Aber man wird auch belohnt, denn so einen guten Kontakt ohne übermäßigen Druck findet man wirklich selten. Da sind die Velours der verabschiedeten T1 im direkten Vergleich nur undifferenzierte Sofakissen. Nein, schlecht sind die auch nicht, aber nach spätestens eine Stunde meldete sich da stets der Brillenbügel im Aua-Modus. Genau das habe ich beim Sendy Audio Aiva nicht. Danke dafür. Der äußere Bezug besteht aus gelochtem Proteinleder (meist aus 80 % aus Rayon und zu 20 % aus Nylon) und die am Kopf aufliegenden Flächen bestehen aus einem samtig-weichen und doch atmungsaktiven Stoffbezug.
Wir sehen auch noch eine textile Zwischenschicht im Ohrpolster (Bild oben), zusätzlich zur Gewebeabdeckung der großen Treiber unter dem Haltering in der Ohrmuschel (Bild unten).
Was ist ein magnetostatischer Schallwandler?
So, und nun kommen wir nun endlich zum magnetostatischen bzw. planaren Wandler, wo im Gegensatz zur bekannten Tauchspule eine hauchdünne Membranfolie schwingt, die sich in einem von kräftigen Permanentmagneten erzeugten magnetischen Gleichfeld befindet. Auf die hauchdünnen und beim Testmuster 97 mal 76 mm großen und damit ovalen Membranfolie (hier nur 3 µm Stärke), wird dann eine mäanderförmig verlaufende Leiterschleife aufgedampft (Bild unten Mitte), die dann vom eigentlichen Signalstrom durchflossen wird.
So entsteht dann ein (diesem Signalstrom proportionales) magnetisches Wechselfeld, welches in der Wechselwirkung zum permanenten Magnetfeld (Gleichfeld) die Membran fast verzögerungsfrei zum Schwingen bringt. Der eigentliche Vorteil des magnetostatischen Prinzips gegenüber den herkömmlichen Tauchspulen ist allerdings der, dass die Antriebskräfte gleichmäßig über die gesamte Membranfläche hin wirken. Und doch gibt es, bei aller Euphorie in der Theorie, auch diverse Probleme in der realen Umsetzung.
Da es sich um einen vielschichtigen Aufbau handelt, muss man für einen gute Schalldurchlässigkeit der Magnetkonstruktion sorgen, so dass die Abstrahlung nicht negativ beeinflusst wird. Das permanente Gleichfeld muss möglichst homogen sein und die Masse der Folie so gering wie möglich. Sonst geht das gute Impulsverhalten verloren. Wir werden später in den Verlaufsdiagrammen noch sehen, dass das Einschwingverhalten des Sendy Audio Aiva zwar vorbildlich ist, es jedoch bei einigen Frequenzen zu ganz leichten “Nachhängern”, also minimalen Verzögerungen kommt (“Nachklingen”). Magnetostatische Wandler strahlen den front- und rückseitigen Schall übrigens gegenphasig ab, was sie bei offenen Systemen für akustische Kurzschlüsse anfälliger macht, als bei geschlossenen Tauchspulensystemen, Und doch ist dieser Nachteil auch ein Vorteil, wenn die Muschel das in der Größe berücksichtigt und die Ohrpolster etwas taugen.
Da sich die Leiterbahn auf der Membranfolie mäanderförmig (und nicht spiralförmig) anordnen lässt, kompensieren sich die magnetischen Feldlinien der nebeneinander liegenden Leiterzüge fast komplett. Das Resultat sind eine sehr geringe Schwingspuleninduktivität und damit auch ein nahezu geradliniger Impedanzverlauf, was ein reaktanzfreies Arbeiten des Verstärkers ermöglicht. Dieser ist dann als Schaltung eher unkritisch und man kann auch einmal großzügig über die gern genommene 1/8-Regel für die Ausgangsimpedanz eines Verstärkers hinwegsehen. Der Verstärker sollte allerdings nicht zu schwach sein, weil der Kennschalldruckpegel von Magnetostaten eher niedrig ausfällt. Man braucht also ordentlich elektrischen Vortrieb, was Onboard-Lösungen oder Mobilgeräte fast schon völlig ausschließt.
Zum Thema Verarbeitung des Zebra-Holzes bei den Schalen der Ohrmuscheln kann man gern noch auf der Homepage tiefer eindringen, ich mag aber an dieser Stelle keine blumigen Marketing-Übersetzungen von der Homepage einfügen, auch wenn es angesichts der qualitativ hochwertigen Ergebnisse auf der Hand läge. Das Bild oben zeigt das Innere der noch unbearbeiteten Schale, viel anders sieht das Endprodukt dann auch nicht aus. Und da keine weitere Elektronik zu bestaunen ist, lasse ich das mit dem Zerlegen meines teuren Kopfhörers diesmal. Ich weiß ja, was drin ist (bzw. was nicht).
65 Antworten
Kommentar
Lade neue Kommentare
Urgestein
Veteran
1
Veteran
Veteran
1
1
Veteran
Veteran
1
1
Urgestein
1
Mitglied
Veteran
Urgestein
Veteran
1
Urgestein
Alle Kommentare lesen unter igor´sLAB Community →