Grundlagenartikel Kühlung Luftkühlung Testberichte Wärmeleitpaste und Pads Wasserkühlung

Echte Labortests von Wärmeleitpasten auf igor’sLAB – Teil 1 – Messaufbau und Methodik

Nach nunmehr fast 12 Monaten Vorarbeit und diversen Grundlagenartikeln zur Materie ist es endlich soweit und der wohl weltweit erste in einer Redaktion befindliche Messplatz für Wärmeleitpasten- und Wärmeleitpad-Analysen nach ASTM D5470-17 ist endlich komplett und auch bereits im Probelauf. Egal ob es um die Wärmeleitfähigkeit oder Wärmewiderstände von wärmeleitenden Materialen oder eine Materialanalyse geht, ab sofort kann ich eigentlich (fast) alles testen und nicht nur subjektiv bewerten. Ich hatte Euch ja bereits sporadisch ab und zu schon etwas angeteasert, aber heute ist es endlich soweit und ich kann Euch meine aktuelle Großinvestition ins Lab vorstellen, denn am Ende gehören auch das Keyence VHX 7000 aus 2023 und jetzt der TIMA5 von Nanotest zu einem wohlstrukturierten Plan einer inhaltlichen Umstrukturierung meiner Arbeit, zu der sich in absehbarer Zeit auch noch ein komplett neu konzipierter Lüftermessstand mit professioneller Sensorik sowie erweiterte Infrarot-Messungen bis hin zur Thermo-Mikroskopie gesellen werden.

TIMA5 – Industrieller Tester für Wärmeleit-Produkte wie Pasten, Pads und Sheets

Auch eine Offenlegung von Technik und Methoden gehört zu einem transparenten Arbeiten mit dazu und so kann und will ich Euch heute auch notwendige theoretische Grundlagen nicht vorenthalten. Doch keine Angst, ich werde es sich einfach wie möglich erklären. Doch man muss unbedingt einmal etwas dazu schreiben, denn das, was aktuell an Angaben zu den einzelnen Wärmeleitpasten in den Datenblättern kursiert, ist fast immer nicht das Papier wert, auf dem die PDF dann nicht gedruckt wurde. Und es wird sicher auch ein kleines Stück Arbeitsbeschaffung für die Verpackungsindustrie werden, wenn viele Schachteln und Beipackzettel dann neu gedruckt werden müssen. Denn das, was wir heute auch kennenlernen werden, ist die große Kluft zwischen Marketing, Werbeversprechen, fehlenden Angaben zu den Testbedingungen solcher Wertermittlungen auf der einen Seite und den tatsächlichen effektiven Wärmeleitfähigkeiten auf der anderen.

Was viele nämlich gar nicht wissen: Da Pasten und Pads heterogene Materialien sind, ist die Antwort auf die Frage nach einer pauschalen Wärmeleitfähigkeit, die man objektiv in einem einzigen Wert ausdrücken könnte, reichlich schwierig! Warum das so ist, und wie man das Ganze richtig betrachtet, das lest Ihr heute (und morgen). Denn es sind zum Teil sehr skurile Kurven, die sich aus Struktur, Temperatur, Schichtstärke, Druck und anderen Faktoren ergeben. Und ja, es ist ein wirkliches Umdenken gefragt!

Keyence VHX7000 und AE-300 mit LIBS zur Materialanalyse

Der Kunde hat als zahlender Abnehmer solcher Produkte aber die ungeschönte Wahrheit verdient, denn er bezahlt ja auch für die vielen Wundermittel. Und das nicht zu knapp. Genau das hat mich vor Jahren schon getriggert und es wurde endlich Zeit, die Gegentests auch einmal wissenschaftlich exakt und doch auch medienwirksam sowie massentauglich umzusetzen. Oder um es kurz auf den Punkt zu bringen: Wir sollten der ganzen Pasten-Esotherik mal den Hahn zudrehen.

Wichtiges Vorwort: Dank an alle Beteiligten und eine große Bitte an alle

Da im Vorfeld für so eine große Aufgabe jede Menge Vorarbeiten nötig waren und so eine Anschaffung natürlich auch nicht ohne Plan und Prüfung des ROI erfolgen darf, waren im Vorfeld einige bekannte und weniger bekannte Mitwirkende im Hintergrund aktiv, die mir mit Insider-Informationen, fundiertem Wissen aus der Praxis und Herstellung sowie dem nötigen Ingenieur-technischen Know-How zur Seite standen. Dazu zählen natürlich in erster Linie die Kollegen der Berliner Nanotest und Design GmbH, einem führenden Hersteller solcher Apparate, aber auch Roman Hartung (Thermal Grizzly, Insights und Praxiserfahrung), Andreas Rudnicky (Alphacool, Industrie-Samples und Insights) sowie einige Ingenieure, die aus unterschiedlichen Gründen nicht namentlich genannt werden möchten, denen ich aber meinen Dank an dieser Stelle trotzdem ausdrücken will. Denn eines ist auch klar, es gibt keine Universal-Genies für alle Lebenslagen und auch für mich waren einige Dinge erst einmal wieder komplett neu und ich musste gründlich umdenken.

Was meine Bitte um Testobjekte betrifft, so wende ich mich hier bewusst an Hersteller bzw. Anbieter und natürlich auch direkt an die Community. Denn man muss ja auch genügend Samples beschaffen, um sie letztendlich im Labor ausgiebig begutachten zu können. Damit es aber keine Flut von doppelten oder unzweckmäßigen Anschaffungen gibt, würde ich bitten, mich per Mail unter der bekannten Adresse vorab zu kontaktieren. Benötigt werden ungeöffnete Packungen ab 3 Gramm (gern mehr) und innerhalb des MHD. Alles andere kann und werde ich nicht testen, um objektiv und fair zu bleiben.

Nicht immer ist das drin, was drin sein sollte! Wo ist das Korund?

Darüber müssen wir reden: Marketing-Versprechen, fiktive Angaben und die bittere Realität

Das Geschäft mit Pasten und Pads boomt, vor allem in Zeiten immer höher werdender Wärmedichten und Verlustleistungen. Und genau an dieser Stelle habe ich mir es zum Ziel gesetzt, eine objektive Orientierungshilfe zu geben und Marketing-Lügen aufzudecken. Die Gewinnspannen in diesem Geschäft sind riesig und so ruft diese Aussicht auf den schnellen Euro auch viele Anbieter auf den Plan, deren Produkte das Geld nicht wert sind oder wo mit Eigenschaften geworben wird, die einfach nicht zutreffen. Das einfach so nachzuprüfen ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, zumindest war es das bis jetzt. Wenn ich in absehbarer Zeit genügend Pasten getestet habe, wird es auch eine öffentlich zugängliche Online-Datenbank mit den Messergebnissen, Materialanalysen und Bildern geben.

Um aber die Ursachen für die Schlupflöcher der Wärmeleitpasten-Panscher, die existierenden Grauzonen und die Bemühungen serioser Anbieter richtig einordnen, bewerten und erkennen zu können, müssen wir auf der nächsten Seite erst einmal das Thema Wärmeleitfähigkeit generell besprechen. Denn DIE eine Wärmeleitfähigkeit gibt es nämlich gar nicht. Warum das so ist und wie wir dann vorgehen, lest Ihr nach dem Umblättern. Und keine Angst, den schwierigen Part habe ich auf das Nötigste heruntergebrochen. Es wird also alles andere als langweilig, versprochen!

Vorab noch ein Link zu den wichtigsten Grundlagen der Wärmeitpasten (und Pads) für ein besseres Verständnis der Zusammenhänge sowie ein Video:

Das ultimative Wärmeleitpasten- und Pad-Kompendium: Anwendung, Bestandteile, Herstellung, Optimierung, Alterung, Gewinnmargen und Marketing

Kommentar

Lade neue Kommentare

GrafBerzerek

Mitglied

54 Kommentare 8 Likes

Ich bin auf Teil 2 gespannt, Mal sehen was dann wirklich rauskommt, immer dieses warten ;) Bin gespannt.

Antwort 1 Like

Igor Wallossek

1

10,485 Kommentare 19,651 Likes

Spannungskurve :D

Am Donnerstag geht dann der erste Pastentest online - meine Referenzpaste. Dann kommen viele weitere....

Antwort 10 Likes

e
eastcoast_pete

Urgestein

1,698 Kommentare 1,031 Likes

Was ich schon jetzt sehr gut finde, ist daß Du (@Igor Wallossek ) hier eine ganze Reihe von Experten mit zu Rate gezogen hast, um Deinen Testaufbau so genau und realitätsbezogen wie möglich zu machen! Jetzt warte ich gespannt auf Teil 2. Mich würde auch interessieren, ob sich so mancher Hersteller dieser Pasten bei der Entwicklung (Formulierung) auch soviel Arbeit gemacht hat. Aber das werden wir ja auch bald sehen bzw lesen.

Antwort 3 Likes

ipat66

Urgestein

1,422 Kommentare 1,436 Likes

… und ob die Angaben bezüglich der Wärmeleitfähigkeit irgend etwas mit der Realität zu tun haben.
Ich bin gespannt auf die Ausreißer :)
Tolles Instrument !

Antwort 1 Like

echolot

Urgestein

1,118 Kommentare 875 Likes

Das muss dann aber für jede Probe reproduzierbar eingearbeitet werden. Hut ab mein Lieber.

View image at the forums

Antwort 2 Likes

Igor Wallossek

1

10,485 Kommentare 19,651 Likes

Ich habe sogar ein Ritual dafür. Der Rest ist kalibriert :)

View image at the forums

Antwort 12 Likes

echolot

Urgestein

1,118 Kommentare 875 Likes

Boah ey. Was ist mit der Kaffeepause? Sind die 20 µm vorgegeben?

Antwort Gefällt mir

T
Techniker Freak

Mitglied

51 Kommentare 6 Likes

@Igor Wallossek
Das sieht sehr interessant aus, bin auf die Ergebnisse gespannt.
Wird es einen Artikel geben in dem es um Pasten außerhalb des MHD geht?
Mich würde es interessieren wie sich so eine Paste nach MHD entwickelt. Die Theorie kann man im initialen Artikel abdecken und für die Praxis legst du dir 1 - 3 Pasten hin und testest die 1x im Jahr.

Antwort 1 Like

FfFCMAD

Urgestein

689 Kommentare 187 Likes

Das die ein Thermaltake THE TOWER 900 benutzen ist putzig. Ich bin ja eher für die weiße Variante, die steht nämlich neben mir

Antwort Gefällt mir

komatös

Veteran

116 Kommentare 93 Likes

Wieso Kaffeepause? Wenn man den ganzen Tag seienm Hobby nachgeht, braucht man keine Kaffeepause. 🤪😂

Aber Spaß bei Seite, ich finde Irgors Test sehr oft aufschlußreich und vielfach ernüchternd.
Die Tests der Radiatoren zum Beispiel. Und dann frage ich mich immer, wo ist Stiftung War(z)entest? Haben die sowas nicht auf dem Radar?

Antwort Gefällt mir

Igor Wallossek

1

10,485 Kommentare 19,651 Likes

Da ich ab 400 µm abwärts messe, will ich die Paste nicht schon zusammenpressen, bevor nicht alles aufgeheizt ist. Da reicht der kleine Spalt, denn das Test-Script fährt das dann eh allein auf 400 µm (und weiter) runter. Nenne es kleinen Sicherheitsaufschlag meinerseits. Kaffepause kann ich zwischen Punkt 10 und 11 machen. Die reicht für mehrere Tassen Kaffee, denn ich messe ja automatisiert in 25er Schritten bis 25 µm. Das Teil hat eine eingebaute Prüfung und es werden alle Sensoren solange ausgewertet, bis ich mindestens für 2 Sekunden eine stabile Wertermittlung habe. Das kann manchmal echt dauern.

View image at the forums

Exakt :D

Den nehmen viele, weil er sich perfekt anpassen lässt. Es ist ja noch ein kleiner PC mit verbaut (AMD APU) :)

Kostet leider mehr als ein 2024 Mercedes-Benz E-Klasse Kombi in der Basisversion :(

Antwort 4 Likes

echolot

Urgestein

1,118 Kommentare 875 Likes
v
veitograf

Mitglied

30 Kommentare 11 Likes

Ich bin gespannt auf die ergebnisse :)

@Igor Wallossek kleiner type auf seite drei bei der überschrift:

Kontakt- bzw. Interfacde-Widerstände

Antwort Gefällt mir

big-maec

Urgestein

916 Kommentare 542 Likes

Ob den Marketingleuten schon warm wird und anfangen zu schwitzen?
:unsure:

Antwort 1 Like

echolot

Urgestein

1,118 Kommentare 875 Likes

Das glaube ich jetzt nicht bei den "guten" WLPs. Im Großen und Ganzen passt das schon. Andere Kriterien sind mir aber schon wichtig für eine Gesamtbewertung. Z.B. Langzeitverhalten, Verarbeitbarkeit, Homogenität usw.

Antwort 1 Like

DMHas

Mitglied

59 Kommentare 18 Likes

Ich bin auch schon auf Pasten- und PAD-Tests gespannt. Mal sehen, wer wirklich das versprochene liefert und er nicht!

Antwort Gefällt mir

E
Eribaeri

Veteran

129 Kommentare 49 Likes

Das ist ja mal ein Mega-Projekt und wie bereits beschrieben für die Community echt wichtig!
Gibt es denn auch irgendeine Messung für das Austrocknen der Wärmeleitpasten?
Natürlich sind einige (besonders die pinken) Keramikwärmeleitpasten echt stark, trocknen dann aber an und sind anschließend den gängigen Pasten unterlegen.
Eine solche Messung würde die Tests dann auch alltagstauglich machen. Keine Laborwerte mehr.

Antwort Gefällt mir

m
modena.ch

Mitglied

86 Kommentare 36 Likes

Typo auf Seite 4, sollten das nicht Festo-Kupplungen sein und nicht Vesto?
Es sei denn das ist was Anderes..

Aber sehr spannende Sache, so im Detail bei TIMs untersucht such ich schon lange!

Antwort Gefällt mir

c
carrera

Veteran

102 Kommentare 67 Likes

@Igor Wallossek: that's real passion ... chapeau

Antwort 2 Likes

Danke für die Spende



Du fandest, der Beitrag war interessant und möchtest uns unterstützen? Klasse!

Hier erfährst Du, wie: Hier spenden.

Hier kannst Du per PayPal spenden.

About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

Folge Igor auf:
YouTube   Facebook    Instagram Twitter

Werbung

Werbung