Irgendwie habe ich Redebedarf und jedem normaldenkenden Anwender sollte es eigentlich mittlerweile genauso gehen wir mir. Schneller, Höher und Weiter sind ja als Ziele schön und gut, aber ich habe das Gefühl, gerade die Hersteller von Grafikkarten und CPUs machen momentan den gleichen Fehler wie die Funktionäre im ehemaligen sozialistischen Wirtschaftssystem: sinnlose Extensivierung statt überlegter Intensivierung. Hauptsache, man sichert sich das ominöse Leistungskrönchen und legt lieber noch zehn Schippen Kohle obendrauf, nur damit der Kessel auch ja genug Dampf hat.
Anstatt sich lieber auf den Sweet Spot zu konzentrieren und mit den neuen Technologien auch eine bessere Balance zwischen Aufwand und Nutzen zu finden, wird lieber gnadenlos gepusht, was Silizium und Steckdose gerade noch so hergeben. Das ist nicht nur bedenklich, sondern auch ein egoistischer Raubbau an den begrenzten Ressourcen samt schwindender Chancen für die kommende Generationen. Manchmal frage ich wirklich, ob die Entscheidungsträger überhaupt eigene Kinder haben oder sogar zum Stehen schon 100 Meter Anlauf brauchen.
Nein, ich werde mich jetzt nicht bewusst in die ultra-grüne Ecke stellen, mir demütig zwei Zöpfe flechten und immer Freitags den Rächer der stromlos Enterbten geben, aber so ganz kommentarlos kann man diesen Trend des energetischen Hoch- und Wettrüstens dann doch nicht hinnehmen, weil es wirklich alle trifft. Auch diejenigen, die immer noch meinen, der Strom käme aus der Wand. Und denen, die genau nach so einem kritischen Statement immer von mir fordern, solche Reviews dann einfach konsequenterweise zu lassen, gebe ich gern mit auf den Weg: Objektiv zu testen heißt auch, nicht durch selektives Aussortieren später eine selektive Wahrnehmung zu erzeugen oder Konflikten durch Nichtbeachtung aus dem Weg zu gehen. Ob man die zu testenden Dinge dann gut oder schlecht findet, bedarf natürlich eines ehrlichen, subjektiven Statements im Rahmen einer fairen Bewertung. Aber alles bitte an genau dem Platz, wo es auch hingehört. Das nur mal am Rande, sonst gibt es wieder die üblichen Nörgeleien.
Fortschritt muss sein und es gibt auch Bereiche, wo so eine riesige Rechenleistung (trotz der zu investierenden elektrischen Leistung) wirklich einen Mehrwert bringt. Nur hat das mit Gaming jetzt wirklich nichts zu tun, sondern spielt eher im professionellen Bereich eine überaus wichtige Rolle. Deshalb finde ich die aktuelle Orientierung aufs “Gaming” samt polierter Benchmarkbalken wirklich bedenklich, weil man bunte Pixel nun mal nicht essen kann. FSR 2.0 und DLSS 2.0 sind da sicher schon ein Schritt in die richtige Richtung. Forschung ja, aber fürs reine Freizeitvergnügen ginge es dann sicher auch eine oder zwei Nummern kleiner. Mindestens. Satte 500 Watt für ganze 5% Mehrleistung, so wie gestern gezeigt, sind da einfach nur daneben. Aber sowas von…
Mir ist da übrigens noch ein Widerspruch aufgefallen, dessen Bewertung einem eigentlich nur Angst machen kann und gleichzeitig Intel eine Chance bei den Grafikkarten bietet, weil man dort bald schon zwei Generationen hinterher hinkt. Vorausgesetzt, NVIDIA und AMD schaffen es, bei ungefähr doppelter Leistungsaufnahme auch die annähernd doppelte Performance herauszuquetschen, dann wäre der Abstand zwischen den Einstiegsmodellen mit akzeptabler Leistungsaufnahme (z.B. deutlich unter 100 Watt) und diesen glühenden Gaming-Ressourcenverschwendern mit ihren 600 Watt (und mehr) schon so groß, dass es entweder doppelt so viele Modelle dazwischen geben müsste, was zu einer riesigen Fragmentierung des Portfolios führen würde, oder es zum Wegfall der niedrigeren Leistungsklassen käme (was auch keinen Sinn ergäbe).
Falls es doch dazu käme, könnte es Intel galant in die Hände spielen, weil man genau diese Nische dann perfekt und aggressiv günstig besetzen könnte. Und zwar fast schon konkurrenzlos. Naja, nicht ganz, denn AMD kann mit den Chiplets schön nach unten Slicen und NVIDIA könnte alten Samsung-Wein in neuen Schläuchen abfüllen. Wirtschaftlich wäre das aber eher sinnlos. Wenn man allerdings davon ausgeht, dass Intel lieber alles selbst und ohne erfahrende Boardpartner launchen möchte und sich statt der Multiplikatoren im SI-Bereich lieber auf den reinen Vertriebsweg über die Händler orientieren wird, dann ist auch diese Alternative mit einem fetten Fragezeichen zu versehen. Da stimmt dann nämlich auch was nicht.
Der Herbst wird natürlich mega-spannend, das ist keine Frage. Nur die Richtung gefällt mir nicht wirklich. Auch wenn ich kein Apple-Jünger bin, dort wird mittlerweile etwas überlegter mit den Ressourcen umgegangen, auch wenn der Käufer dafür wie gewohnt bös bluten muss. Aber wenn schon, dann lieber so und nicht auf Kosten der Umwelt. Wobei es mit der Nachhaltigkeit bei Apple auch sehr lange gedauert hat.
Was mich privat betrifft – im Gaming-PC steckt noch ein 3 Jahre altes 650-Watt-Netzteil mit einer Intel-CPU der 9. Generation und ich sehe Nachhaltigkeit durchaus als eine sinnvolle Chance an, dass meine beiden Kinder später auch mal was zu lachen haben. Auch wenn ich immer die neuesten (und ab und zu natürlich auch die größten) Komponenten teste – was ich privat für wichtig und richtig halte (bzw. auch nutze), steht auf einem völlig anderen Blatt. Dem Aufrüstwahn habe ich schon lange abgeschworen. Und ich fühle mich dabei noch nicht einmal schlecht. Nur muss man stets versuchen, in jeder Richtung objektiv zu bleiben. Medium zu sein heißt auch, dazwischen zu stehen und sich nicht zu verbiegen. Ich kann nur mit dem Finger auf etwas zeigen, die Richter sind wie immer die Käufer.
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