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Burn-In nachgemessen: Honeywell PTM7950 Phase Transition Material im Labor und woran man einen Nachahmer erkennt

Vergleich mit einem OEM-Pad

Generell gilt: das PTM7950 gibt es aktuell nur mit 0,25 mm Stärke, alles andere ist kein Original. Man findet jedoch bei den üblichen Verdächtigen (AliExpress, eBay, Amazon usw.) auch Angebote mit 0,2 mm. Es sind meist auch PTM-Pads, allerding ohne geklärte Herkunft und Performance. Man kann also von allen Pads mit 0,2 mm getrost die Finger lassen, wenn man das Original möchte. Wie es der Zufall so möchte, habe ich für mein demnächst kommendes Roundup auch PCM5000 und PCM8500 Pads in der Schublade der guten Taten liegen und mir fiel auf, dass eines der zugesandten Ali-Pads im PTM7950-Gewand diverse Ähnlichkeiten mit dem PCM8500 aufwies.

Rein optisch liegen die Farbtöne gar nicht so weit auseinander und wenn man nicht das PTM7950 für einen direkten Vergleich hat, dann bemerkt man da auch keinen echten Unterschied. Genau deshalb habe ich die beiden Pads einmal mikroskopiert. Links sehen wir das PTM7950, welches leicht andere Mahlgrade aufweist und augenscheinlich eine abweichende Matrix besitzt. Dass es ein andere Polymer ist, merkt man auch an der Konsistenz. Das PTM7950 ist, obwohl es dicker ist, deutlich weicher und biegefreudiger. Es ist auch klebriger und reißt schneller, während das OEM-Pad eher bricht.

Noname OEM Pad
Honeywell PTM7950

 

Schauen wir also mal, was da so alles drin ist. Die Füllstoffe sind relativ ähnlich proportiert, das Polymer kann ich mit meinen Möglichkeiten leider nicht untersuchen. Aber auch so sieht man kleine, aber feine Unterschiede, beginnen wir mit dem Honeywell PTM7950:

Das OEM-Pad hat einen etwas höheren Anteil an Polymer, bei den Füllstoffen ist anteilig auch etwas mehr Zinkoxid dabei. Der Rest sieht in etwa gleich aus.

Die Messung bringt es ans Licht!

Der lange Burn-In Durchlauf bei 8.5 Newton und von 25 bis 75 °C ist hingegen eindeutig. Wir können zunächst den Wärmewiderstand (gelbe und rote Kurve) auf der linken Y-Achse vergleichen. Dazu kommen dann die gepunkteten Linien (blau und weiß) der Schichtstärke (BLT) für die rechte Y-Achse.:

Das Ganze lässt sich dann so zusammenfassen, wobei man sieht, dass das PTM7950 ein deutlich größeres Temperatur-Fenster für den Phasen-Wechsel besitzt und am Schluss auch die dünnere Schichtstärke (BLT) und einen leicht niedrigeren Wärmewiderstand:

  Honeywell PTM7950 Noname OEM Brand
BLT ohne Druck
250 µm 200 µm
BLT bei 25 °C (8.5 N) 106 µm 153 µm
Start Burn-In 40 °C, 38 µm BLT 40 °C, 45 µm BLT
Burn-In 45 °C, 18 µm BLT 43 °C, 36 µm BLT
End of Burn-In 50 °C, 16 µm BLT 45 °C, 36 µm BLT
Finaler Wärmewiderstand 0.08961 K/W 0.09494 K/W

Zusammenfassung und Fazit

Das PTM7950 hat (theoretisch) die Möglichkeit, bereits bei unter 10 N pro cm², also den Werten, die wir auch auf der Grafikkarte finden, auf eine Stärke von bis zu 16 µm zu schrumpfen, was exzellent ist und bei dem Wert von eher flüssiger Pasten liegt. Allerdings muss man auf CPU und GPU stets inkludieren, dass die Flächen nicht gerade und plan sind, sondern oft gewölbt. Das PTM7950 ist noch recht flexibel und sollte auch gewissen Materialausdehnungen des Kühlerbodens ausgleichen können. Das hier gezeigte OEM-Pad wird aber hart wie ein Brett und reißt ziemlich schnell.

Nicht vollständig umgewandeltes PTM7950

Wo und ob man diese Pads einsetzt, das darf jeder gern für sich selbst entscheiden. Mit einem glatten Kühlerboden, guten Anpressdruck und einer eher nicht verbogenen GPU oder CPU kann man das Pad sicher auch auf aller Art von Wasserkühlungen gut einsetzen, was übrigens niemand in Abrede gestellt hat. Allerdings schrieb ich auch, dass ICH es beim Custom Loop nicht machen würde, sondern lieber weiterhin auf eine viskose Paste setzen werde. Geschmackssache. Die Gründe liegen nicht nur im Burn-In begründet, sondern auch in nicht vorher kalkulierbaren Änderung der Schichtdicke. Aus 250  µm können dann schnell 16 µm werden und dann hat man eine nicht kalkulierte Höhenänderung im Kühleraufbau (Stopper!). Oder aber man hat ein zu sprödes Pad aus dem Ali-Regal erwischt und bekommt andere Probleme.

Der Abstand zwischen Heatsink und Speichermodulen verringert sich bei GPUs auch signifikant und man muss ggf. diese Pads auf dem Speicher gleich mit vorausschauend anpassen, um den Speicher nicht zu sehr zu drücken. Oder aber diese Pads sind zu hart und man bekommt dann zu wenig Druck auf das Phasenwechselpad. Was auf der CPU und einer AiO klappt, kann mit etwas Pech also auf großflächigen Wasserblöcken auch zu Problemen führen. Hat man einen Custom-Loop erst einmal befüllt, dann wird es kompliziert. Ich will nur darauf hinweisen, aber niemandem beim Basteldrang im Wege stehen. Es wird in den meisten Fällen sicher gutgehen, muss es aber nicht.

Was das Ersatz-Pad betrifft: So schlecht ist das gar nicht und wenn der Preis stimmt, dann ginge auch das. Zumal es sich viel einfacher aufbringen ließ. Nur muss man es dann auch ehrlich als PCM8500 und zu einem niedrigeren Preis vermarken (falls ich richtig liege) und nicht als Honeywell PTM7950. Das ist am Ende dann wirklich Betrug am Kunden.

https://www.youtube.com/watch?v=tolRbxvcn_8

 

 

Kommentar

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Saschman73

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523 Kommentare 321 Likes

Danke für den Test! (y)
Jetzt fehlt nur noch die Bezugsquelle wo man auch ganz bestimmt das PTM7950 bekommt und kein KuckkucksPad.

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C
Charger93

Neuling

3 Kommentare 4 Likes

Wenn das PTM vom Thermal Grizzly das echte 7950er ist oder eines das genau so gut funktioniert, dann wäre das schon sehr angenehm.
Aber vielleicht weiß Igor da schon etwas?

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Saschman73

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523 Kommentare 321 Likes
R
RazielNoir

Veteran

462 Kommentare 223 Likes

Also wenn man ein (CPU-Seitiges) Mittelklassesystem mit einem guten Luftkühler kombiniert, ist mit PTM quasi nach erfolgreichem Burnin ein No-Brainer. Regelmäßig Staub entfernen und gut ist.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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