Motherboard System Testberichte

MSI MPG X870E Carbon WiFi im Test – Stabiles Arbeitstier mit Erfahrungsbericht, Teardown, Materialprüfung und thermischem Modding

Kommen wir nun erst einmal zum Board und der Platine. MSI setzt auf solide 8 Layer (2 oz Copper)  und somit auf eine ordentliche Lösung. Haptisch und optisch macht das Board durchaus etwas her und hinterlässt einen durchdachten Eindruck. Statt billiger Effekthascherei bleibt man im Verhältnis zum Zeitgeist noch relativ schlicht, was ich gern als auffällig unauffällig bezeichnen würde, also quasi auch etwas zeitloser als der Durchschnitt. Dazu gibt es natürlich eine nette LED-Beleuchtungsarie, die sich allerdings auch ausschalten lässt. Was gefällt, sind sowohl die digitale Fehlerdiagnose als auch die beiden dedizierten Taster für Ein/Aus und Reset auf der Platine. Im Gegensatz zum Ace hat man aber leider aufs Dual-BIOS verzichtet. Zu den mechanischen Erleichterungen komme ich auf der übernächsten Seite, denn jetzt geht es erst einmal um die Topologie und die verbauten Komponenten.

Schade übrigens nur, dass MSI bei der Carbon-Serie erneut auf eine Backplate verzichtet hat. In Zeiten extrem schwerer Grafikkarten ist so etwas zum Schutz der komplexen Leiterbahnen gegen Überdehnung und Risse durchaus hilfreich.

Dafür ist es zumindest ein stabiler LOTES-Sockel geworden. Dazu später mehr. Die Platine stammt von Palwonn Electronics (Shenzhen) Co., Ltd. Dieses Unternehmen ist auf die Herstellung von mehrlagigen Leiterplatten (Printed Wiring Boards, PWB) spezialisiert, die den strengen Sicherheits- und Qualitätsstandards von Underwriters Laboratories (UL) entsprechen, was durch die UL-Zertifizierung belegt wird. Gut, sonst hätte ich es auch nicht aus der UL-Datenbank herausfinden können. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Shenzhen, China.

Der Großteil der Stromversorgung sitzt unter dem zweiteiligen Kühlköper, der mit einer Heatpipe verbunden ist. Insgesamt 9 Phasen als Basis ergeben mit jeweils 2 Spannungswandlern (SPS, Smart Power Stages) pro Phase insgesamt die beworbenen 18 virtuellen Phasen für die Kernspannung (Vcore). Gesteuert wird das Ganze über einen RAA229620 PWM Controller von Renesas, der bis zu 12 echte Phasen im Single-Phase-Design erzeugen könnte.  In diesem Fall erzeugt er aber Vcore und SoC (2 Phasen) als Multi-Phase Controller auf getrennten Schienen.

Die 18 Spannungsregler für Vcore und die beiden für den SoC werden mit den RAA2209004GNP Smart Power Stages von Renesas realisiert, die Spitzenströme von bis zu 110A überleben. Im Bild unten links sehen wir auch noch den einzelnen MOSFET für die Misc-Spannung (Speichercontroller und I/O) in Form des Alpha & Omega AOZ5516QI, bei dem es sich um einen 55A DrMOS handelt.

Der Controller für die Misc-Spannung kommt von Realtek und ist ein RT3672EE.

Auf der Platine gibt es noch weitere Step-Down-Converter, die aber überwiegend auf normale N-Channel-MOSFETs wie hier zwei AONS36308 von Alpha & Omega setzen.

Der IT8857FN von ITE auf der Platinenrückseite ist ein Embedded Controller, der typischerweise auf Mainboards oder Grafikkarten verwendet wird. Er integriert verschiedene Funktionen wie das Power Management und die Steuerung von Peripheriegeräten, was ihn ideal für Aufgaben wie die Systeminitialisierung, die Tastatursteuerung und die Energieverwaltung macht.

Der Nuvoton NCT6687D ist ein Super I/O-Controller, der häufig auf modernen Motherboards eingesetzt wird. Er übernimmt verschiedene Aufgaben, die nicht von der CPU erledigt werden, wie das Hardware-Monitoring, die Lüftersteuerung und die Unterstützung älterer Schnittstellen wie serielle und parallele Anschlüsse. Hier überwacht der NCT6687D kritische Systemparameter wie Temperatur, Spannung und Lüftergeschwindigkeit, was für die Optimierung der Systemkühlung und Energieeffizienz wichtig ist. Der Chip verwaltet auch Eingabe- und Ausgabegeräte wie PS/2-Tastaturen und -Mäuse, die in bestimmten Szenarien noch benötigt werden. 

Die Nuvoton NCT39482S und NCT3961S sind spezialisierte Chips, die für die Steuerung von DC-Lüftern und Spannungsregelung verwendet werden. Der NCT39482S ist ein linearer Lüftertreiber mit einem P-Kanal-MOSFET, der bis zu 500 mA Ausgangsstrom liefert und die Lüftergeschwindigkeit durch Anpassung der Ausgangsspannung dynamisch steuert. Der NCT3961S ist ein Spannungsregler-IC, der präzise Versorgungsspannungen regelt und Schutzfunktionen wie Überstromschutz und thermische Abschaltung bietet und sich damit für die leistungsstärkere Pumpe anbietet.

 

Die bereits angesprochene LED-Beleuchtung steuert ein NUC1262Y. Er stammt aus einer Familie von 32-Bit-Mikrocontrollern, die auf dem ARM Cortex-M23 Core basieren. Diese Mikrocontroller sind für Anwendungen konzipiert, die niedrigen Stromverbrauch und gleichzeitig hohe Leistung erfordern. Der NUC1262Y läuft mit einer Taktfrequenz von bis zu 72 MHz und verfügt über 128 KB Flash-Speicher und 20 KB SRAM. Besonders bemerkenswert ist die Unterstützung für USB 2.0 Full-Speed ohne externen Taktgeber, was die Integration in Systeme mit PC-basierten Anwendungen erleichtert. Der NUC1262Y verfügt über ein LLSI (LED Light Strip Interface) mit bis zu 10 Kanälen, was ihn ideal für die Steuerung von LED-Lichtleisten macht. Zusätzlich bietet er bis zu 24 Kanäle 16-Bit-PWM zur präzisen Steuerung von Beleuchtungssystemen sowie 9 Pins mit hoher Stromaufnahme für den Betrieb von Hochleistungs-LEDs.

Der Realtek RTS5420 ist ein USB 3.2 Gen 2×1 Hub Controller, der von Realtek entwickelt wurde. Dieser Chip unterstützt sowohl USB 3.2 (10 Gbps) als auch USB 2.0 und bietet Funktionen zur Steuerung und Verwaltung von bis zu vier USB-Anschlüssen. Damit ist er eine ideale Lösung für USB-Hubs in Geräten wie Desktop-PCs, die mehrere USB-Verbindungen gleichzeitig verarbeiten müssen. 

Der Realtek RTL8126 ist ein 5-Gigabit-Ethernet-Controller, der in Netzwerklösungen verwendet wird, die 5 Gbps, 2.5 Gbps, 1 Gbps und 100 Mbps Geschwindigkeiten unterstützen. Er ist für den Einsatz in modernen Netzwerken konzipiert und bietet über eine PCIe 3.0 x1 Schnittstelle eine flexible und schnelle Datenübertragung. Zu den wesentlichen Merkmalen gehören eine niedrige Leistungsaufnahme von etwa 1,7 Watt und die Unterstützung von Energy Efficient Ethernet (EEE), wodurch der Stromverbrauch in Phasen geringer Netzwerkauslastung reduziert wird. Der RTL8126 ist besonders darauf ausgelegt, die 5Gbps-Geschwindigkeit über Standard-CAT5e-Kabel zu ermöglichen, was ein kosteneffizientes Upgrade für bestehende Netzwerke darstellt.

Der Realtek RTL8125 ist hingegen ein 2.5-Gigabit-Ethernet-Controller, der ebenfalls Geschwindigkeiten von 2.5 Gbps, 1 Gbps und 100 Mbps unterstützt. Er wird häufig in Mainboards und Netzwerkkarten verwendet, um schnelle und stabile kabelgebundene Netzwerkverbindungen zu gewährleisten. Der RTL8125 nutzt eine PCIe 2.0 oder 3.0 Schnittstelle und bietet erweiterte Funktionen wie Offload-Mechanismen zur Entlastung der CPU bei der Verarbeitung von Netzwerkdaten, einschließlich der Checksum-Offload- und Segmentation-Offload-Funktionen. Diese Controller werden aufgrund ihrer stabilen Leistung und Kompatibilität mit bestehenden Netzwerkinfrastrukturen in Desktop-PCs, Workstations und Servern eingesetzt. Womit dann auch der Einsatzweck des RTS5420 geklärt wäre.

Im Audiobereich muss es wieder der altbekannte ALC4080 richten, der als USB-Lösung mit allen bekannten Vor- und Nachteilen agiert. Wer wirklich audiophil veranlagt ist, der wird sowieso auf eine externe Lösung setzen, aber für den normalen Alltag reicht auch die Onboard-Lösung. MSI hat den Audiozweig zwar räumlich separiert (siehe auch Linienführung auf dem PCB) und unter der Audio-Boost-5-Abdeckung versteckt, allerdings nicht galvanisch getrennt.

Damit wäre ich mit der kurzen Platinenanalyse auch schon durch und kümmere mich nun um den praktischen Teil, nämlich die Kontrolle und Messung der beworbenen Wärmeleitpads.

Kommentar

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pinkymee

Veteran

131 Kommentare 157 Likes

Danke Igor für den sehr schönen Test mit einem sehr schönen Board. Besonders interessant das Modding mit T-Putty. Vielleicht überlegt sich MSI, mit DigitalBlizzard zusammenzuarbeiten, damit das Board von Anfang an gleich noch besser performt. Allen Komponenten darauf kommt es definitiv zugute.

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c
carrera

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@Igor Wallossek : Toller Test, danke. Dein Teardown ist unübertroffen.

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e
eastcoast_pete

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1,861 Kommentare 1,166 Likes

@Igor Wallossek : danke, interessanter Teardown und Überblick. Ich finde den 5 Gbit/s Ethernet Adapter auch spannend, vor allem wenn der Realtek sich wie von den Specs her beim Stromverbrauch zurückhält. Und ja, schönes Board, wobei es für meine Zwecke schon etwas Overkill ist. Aber besser zu viel Gutes haben als daß einem etwas wichtiges fehlt 😄.

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OldMan

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139 Kommentare 54 Likes

Zuerst mal Danke für die ausführliche Vorstellung. Aktuell habe ich auch das MSI X670E ACE. Leider scheint hier MSI tatsächlich die Lücke zwischen dem Carbon und dem Goodlike "vergessen" zu haben, oder kommt hier noch etwas? Was mich hier aber wirklich stört bzw. was mir fehlt ist der 10G Port. Schade. Somit bleibt dann nur das Goodlike, was aber zwei gravierende Nachteile hat: 1. Der Preis. Eine UVP von 1299€ ist schon sehr happig. Und dann ist der 3. Steckplatz nur ein kurzer. Beim Carbon sind zumindest alle 3 Steckplätze vollwertig. Und, was ich extrem schade finde ist, dass der Abstand der Slots 2 und 3 untereinander so knapp ausfällt. Somit kann man im Endeffekt auch nur 2 Slots nutzen. Da hätte man statt der 3 NvME Steckplätze zwischen Slot 1 und 2 auch einen zwischen Slot 3 und 4 setzen können. Platz für wirklich dicke GraKa's wäre bei Slot 1 immer noch geblieben.
Aber sonst, ein nettes Board.

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Igor Wallossek

1

10,904 Kommentare 20,675 Likes

Bei zwei Karten rechnen die heute immer mit Wasserkühlung :D

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P
Pokerclock

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566 Kommentare 502 Likes

Bauernfängerei. Der 3. Slot ist nur x4 angebunden. Taugt aber dazu eine 10Gbit-Karte einzubauen, mit einem Port.

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grimm

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3,235 Kommentare 2,175 Likes

Danke für den ausführlichen Review! Bin froh, dass wir mal wieder handfeste Hardware haben und nicht nur über Pampe schwadronieren.
Für meine nächste Plattform wird es auch definitiv ein Board aus dieser Liga.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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