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Märchenstunde mit sagenumwobenen Kohlenstoff-Nanotubes: EC360 Ruby, Nuomi SYY-157 und Thermalright TF4 im Wärmeleitpasten Test

Messung nach ASTM D 5470-17

Alle heute getesteten Pasten wurden unter identischen Laborbedingungen getestet. Ich ermittle die vergleichenden Testdaten einheitlich und standardisiert, wobei alle störenden Faktoren (wie z.B. Die-Verzerrungen oder nicht-koplanare Kontaktflächen) ausgeschlossen werden können. ASTM D 5470-17 ist für mich die primäre Testmethode zur Bestimmung von thermischer Leitfähigkeit und thermischem Widerstand, wobei ich ausschließlich ASTM D 5470-17 und nicht die komplementären elektrischen Methoden nach JESD 51-14 nutze. Die Werte im Datenblatt eines TIM-Anbieters sollten unter Verwendung von ASTM D 5470-17 entwickelt werden, um vergleichbare Werte zu erzeugen, die unter folgenden Bedingungen zu ermitteln sind:

• Kontrollierte Oberflächenbedingungen
• Unidirektionale Wärmeflussbedingungen
• Parallele Kontaktflächen
• Präzise bekannte Klemmkräfte

Und genau da kommt mein TIMA5 zum Einsatz. Es handelt sich dabei um ein recht kompaktes All-in-One Tischgerät, das den Messaufbau und den benötigten PC in einem Gerät vereint. Es ist also ein autarker und vor allem auch automatisierter Messaufbau, den ich auch parallel zu anderen Aufgaben im Hintergrund laufen lassen kann. Die Speicherung aller Daten erfolgt über das Netzwerk direkt auf das NAS, sicher ist sicher. Das Gerät ist kalibriert und hat die ersten Plausibilitätstest auch bereits bestanden. Ich messe die Pasten bei 60 Grad gemittelter Pastentemperatur.

Da dies für Außenstehende alles etwas komplex wirkt, habe ich die einzelnen Baugruppen gegen das Funktionsdiagramm gestellt, damit man weiß, wo und wie die bereits erklärten Messungen erfolgen. Was da im Hintergrund abläuft und wie das Ganze funktioniert, das habe ich bereits im verlinkten Grundlagenartikel im Detail erläutert. Das muss ich nicht noch einmal alles wiederholen.

Ich verdeutliche das noch einmal im bereits bekannten Schema, damit man sich damit den Sinn dieser zu ermittelnden Werte besser vor Augen halten kann. Wir sehen, dass der effektive Wärmewiderstand sowohl das Material als auch die beiden Kontaktflächen betrifft. Ja, es gibt sehr aufwändige Verfahren bis hin zu gepulsten Lasern, die auch den reinen Bulkwert sehr genau evaluieren können, nur haben wir ja in der Praxis IMMER Kontaktflächen. Ich nutze für die Messungen Referenzkörper mit einer genormten (niedrigen) Rauheit, so dass man von diesen auch auf die Praxis schließen kann. Am Ende habe ich dann zwei Werte, die effektive Wärmeleitfähigkeit und einen über alle Messpunkte der unterschiedlichen Schichtdicken BLT gemittelten Wert unter Abzug des hochgerechneten Kontaktwiderstandes.

Die externe Kühlung übernimmt dabei ein Labor-Chiller von IKA, der die Wassertemperatur fast auf die Nachkommastelle genau halten kann und der nicht nur kühlen, sondern notfalls auch nachheizen kann, damit stets die benötigten 20 °C Wassertemperaturen gehalten werden können. Die Verschlauchung erfolgte über Festo-Kupplungen und speziellen Schlauch.

Testequipment für die Materialtests, Genauigkeit und Testvorbereitung

Die Materialprüfung und Vermessung der Pasten und Pads übernimmt mein Keyence VHX 7000 samt EA-300. Damit sind sowohl exakte Messungen als auch recht genaue Massenermittlungen der chemischen Elemente möglich. Doch wie funktioniert das eigentlich? Die von mir für den Artikel genutzte Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie (LIBS) ist eine Art Atomemissions-Spektroskopie, bei der ein gepulster Laser auf eine Probe gerichtet wird, um einen kleinen Teil davon zu verdampfen und so ein Plasma zu erzeugen.

Die emittierte Strahlung aus diesem Plasma wird dann analysiert, um die Elementzusammensetzung der Probe zu bestimmen. LIBS hat viele Vorteile gegenüber anderen analytischen Techniken. Da nur eine winzige Menge der Probe für die Analyse benötigt wird, ist der Schaden an der Probe minimal. Diese noch recht neue Laser-Technik erfordert im Allgemeinen keine spezielle Vorbereitung der Proben für die Materialanalyse. Sogar Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase können direkt analysiert werden.

LIBS kann mehrere Elemente gleichzeitig in einer Probe detektieren und kann für eine Vielzahl von Proben verwendet werden, einschließlich biologischer, metallischer, mineralischer und anderer Materialien. Und man erhält eine wirkliche Echtzeit-Analyse, was enorm Zeit spart. Da LIBS im Allgemeinen keine Verbrauchsmaterialien oder gefährlichen Reagenzien benötigt, ist es auch eine relativ sichere Technik, die zudem kein Vakuum wie beim REM + EDX benötigt. Wie bei jeder Analysetechnik gibt es auch bei LIBS natürlich gewisse Einschränkungen und Herausforderungen, aber in vielen meiner Anwendungen, insbesondere wenn Geschwindigkeit, Vielseitigkeit und minimalinvasive Probenentnahme von Vorteil sind, bietet es deutliche Vorteile.

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Ergebnisse der Anteile in den Übersichten und Tabellen absichtlich auf volle Prozent (wt%, also Gewichtsprozent) gerundet wurden, da es oft genug vorkommt, dass sogar innerhalb des vermutlich gleichen Materials Produktionsschwankungen vorkommen können. Untersuchungen im Promillebereich sind zwar nett, aber heute nicht zielführend, wenn es um eine sichere Auswertung und nicht um Spurenelemente geht. Allerdings beginnt jeder Tag im Labor mit der gleichen Prozedur, denn wenn ich anfange, arbeite ich zuvor eine Checkliste ab, die ich mir erstellt habe. Das dauert jedes Mal bis zu 30 Minuten, wobei ich ja eh auf das Erwärmen des Lasers und die richtige Raumtemperatur warten muss.

  • Mechanische Kalibrierung des X/Y Tisches und der Kameraausrichtung (z.B. fürs Stitchen)
  • Weißabgleich der Kamera für alle genutzten Beleuchtungskörper
  • Ausrichtung von LIBS-Optik und Normalobjektiv prüfen, Ausrichtung des Lasers zur eigenen Optik kalibrieren (x300)
  • Standard-Samples der zu messenden Materialien probetesten und ggf. Kurve korrigieren (siehe Bild oben)

Damit will ich es mit der Theorie auch bewenden lassen, denn wir warten ja auf die Messungen.

 

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Omega

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Danke für den Test, schon traurig wie hart hier von den Herstellern getrickst wird…

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pinkymee

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88 Kommentare 85 Likes

Immer wieder erschreckend, was hier so verkauft werden darf. Danke für den aufklärenden Test.
Zum Glück hab ich mir gleich nach dem Test der TF8, diese auch für genau 5 Taler beim großen A besorgt. Inzwischen gibt es die nicht mehr direkt bei A und da wo sie noch angeboten wird, zu abartigen Mondpreisen. Man darf nach solchen Tests echt nicht lange warten, sonst bestraft einen die Gier der Anbieter erneut, die hier offensichtlich mitlesen ......

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S
Schussmann

Neuling

2 Kommentare 1 Likes

Leider funktioniert diese Marketing Lüge ja perfekt. Wo gab / gibt es denn solche sehr genaue fundierte Tests bisher ? Ich persönlich würde solche Verkäufer ( Hersteller , Inverkehrbringer ) sehr laut öffentlich Anprangern und den Verbraucherschutz Einschalten. Mann darf halt nun mal nicht Vergessen die meisten Lesen nicht mehr bevor sie was Kaufen und daher läuft diese Gelddruckmaschine ja so perfekt. . Die bisher erfolgten Test beweisen ja das etwas in der Branche passieren muss.

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A
AkShen

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31 Kommentare 3 Likes

Ist das nicht eher so, dass die Shops erhöhte Klickraten und Absatzzahlen erkennen und dann automatisiert (Angebot/Stocks und Nachfrage/Abverkauf) die Preise anziehen? Ich meine mich erinnern zu können, dass Amazon sogar anhand des Devices des Aufrufenden die Preise anpasst. Also Apple = teurer / Google = günstiger usw.

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e
eastcoast_pete

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1,783 Kommentare 1,115 Likes

Die Maßregel "je geschwurbelter das Marketinggerede, desto schlechter die Wärmeabfuhr" setzt sich also fort.

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DrDre

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283 Kommentare 128 Likes

Schon sehr unverschämt das ganze.
Leute die sich nicht auskennen oder belesen
werden dann schön abgezockt 😒

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M
Midnight Angel

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76 Kommentare 46 Likes

Nicht ganz; die Marketingblubbermärchenpasten performen - zumindest zunächst - ja besser als die unverblubberte TF4.
Es zeigt sich nur: Jeder Euro, der ins Marketing gesteckt wird, ist ein Euro, der ins Marketing gesteckt wird - und nicht ins Produkt.

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DMHas

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68 Kommentare 31 Likes

Ist schon interessant, wie hier das blaue vom Himmel gelogen versprochen wird. Ohne diese Tests würden das nicht an die Öffetnlichkeit kommen. Nochmals Danke @Igor Wallossek !

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Wie jetzt?

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66 Kommentare 52 Likes

Diese Testreihe ist einfach nur ... der Hammer, absolut endgeil. Was hier so alles enttarnt und abgewatscht wird - herrlich. Man sollte das wahrhaftig in jeden PC-Foren-Thread zum Thema Kühlung verlinken. Ich hoffe sehr es findet sich für die wirklich wertigen Produkte wie die TC5888 oder das PTM7950 auch mal wenigstens ein seriöser deutscher (oder auch österreicher) Händler. Es ist nicht ganz einfach da an die Originale zu kommen und nicht irgendwelche "Nachahmer" zu erwischen. Zumindest beim PTM7950 ist mir das nicht gelungen, hier kam ein Pad mit 0,2mm Schichtstärke an, also trotz toller und Original erscheinender Verpackung nur ein Nachahmer.

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RedF

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5,021 Kommentare 2,851 Likes

Echt peinlich.

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3 Globuli (Nanotubes) auf die Tonne pampe?

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Igor Wallossek

1

10,709 Kommentare 20,231 Likes

Mich würde wirklich mal interessieren, was das CERN da angeblich nutzt und wo es wirklich herkommt, falls und ob. Leider habe dorthin keine Kontakte.

PS:
Ich habe beim DLR mal einen guten Schraubendreher liegengelassen. Ich könnte ja jetzt auch behaupten, das DLR arbeite mit Tools von mir, nur weil ich meinte, Nachschicken muss jetzt auch nicht sein... :D

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roccale

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89 Kommentare 58 Likes

very interesting as always Igor.
the market is full of deceptive products.
you miss the thermalright TFX...

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Igor Wallossek

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10,709 Kommentare 20,231 Likes

Later, too much Thermalright inside :D

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echolot

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1,159 Kommentare 910 Likes

Klasse Test Igor. Warum empfhielst Du die TF7 anstatt der TF8 gegenüber der TF4, über deren Wärmeleitfähigkeiten wir hier nicht diskutieren müssen? Mir ist unbekannt wann die TF4 auf den Markt kam und wie sie sich mit Altersgenossen schlagen würde.

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konkretor

Veteran

316 Kommentare 323 Likes

Also hat vielleicht jemand mal vom Cern da ne Tube bestellt und jetzt wird Werbung damit gemacht . Heißt ja gar nichts.

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pinkymee

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88 Kommentare 85 Likes

Vermutlich ist es inzwischen sogar noch ausgefuchster geworden ;)

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pinkymee

Mitglied

88 Kommentare 85 Likes

Interessante Frage. Ja warum eigentlich?

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Igor Wallossek

1

10,709 Kommentare 20,231 Likes

Weil sie für den Normalo noch die am besten zu verarbeitende Konsistenz hat. Die TF8 ist schwieriger. Ich schrieb ja in deren Test: Skills needed :D

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DigitalBlizzard

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2,962 Kommentare 1,780 Likes

Da gehen über Ellens Lädchen in Duisburg beim Weltunternehmen Coolsierra/ Jaden Tech ja jetzt die Alarmglocken los.
Wer hat das Carbon geklaut, und geht die Märchenstunde beim Cern weiter?

Klar bestellt der Large Hydron Collider hier

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wo auch sonst.
ich denke die haben alle ihre Nanotubes ans Cern geliefert.
Und warum wechselt eigentlich ständig die Geschäftsführung innerhalb der Familie?
Ist ja nur ne halbe Stunde weg, muss ich direkt mal vorbeischauen, vielleicht lerne ich was, oder finde den Sack mit dem Carbon.

Dieses Marketing geseiere ist wirklich der Burner

Aber bescheiden sind sie geblieben, Hut ab, wie man oben sieht, mit den Referenzen

würden andere hier residieren

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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