Wie sollte der ideale Testaufbau aussehen?
Natürlich kann man es sich einfach machen und einen Benchtable verwenden. Aber das ist am Ende frei von jeglichem Mehrwert. Was der Kunde benötigt. sind belastbare Aussagen, was passiert mit den Motherboards in einem geschlossenen Gehäuse mit eingebauter AiO-Kompaktwasserkühlung und normalem Airflow einschließlich einer recht potenten und luftgekühlten Grafikkarte, wenn man die CPU bis auf 130 Watt Leistungsaufnahme frei laufen lässt? Dann sind es im Inneren ca. 400 Watt Abwärme – im schlimmsten Fall. Und genau der interessiert mich brennend!
Im Übrigen lassen alle drei Motherboards per Default-Setting nur ca. 90 Watt an die CPU, egal ob nun Prime95 mit AVX oder nicht. Erst wer manuell am Takt schraubt, wird diesen Wert (signifikant) erhöhen können. ich habe also zweimal gemessen, einmal mit den 90 Watt aus der Standard-Einstellung und einmal mit 130 Watt, was auch für Prime95 mit AVX und bis zu 4,1 GHz Allcore ausreicht. Was meinen Test nun von vielen anderen unterscheidet, ist die spezielle Messung im geschlossenen Gehäuse, die ich Euch erstmalig auch im Bild zeigen möchte. Dazu werden die Seitenwände auf beiden Seiten entfernt und die Öffnungen mit einer speziellen, hauchdünnen Folie wieder luftdicht verklebt. Der Transmissionsgrad der Folie ist bekannt und wird von mir in der Auswertungssoftware mit berücksichtigt.
Die maximale Last von 90 bzw. 130 Watt für die CPU lässt sich durch die Limitierung der Wattzahl und der maximalen Ströme im Motherboard sehr exakt festlegen und extern am EPS natürlich auch nachmessen. Das Monitoring erfolgt sowohl über mein neues, Microcontroller-gesteuertes Mess-Equipment für alle Rails zwischen der Spannungsversorgung und dem Motherboard (Testbericht folgt natürlich noch) als auch über HWInfo64, also eine Softwarelösung für die Motherboard-Sensoren.
Die Lüfterdrehzahl der AiO habe ich bewusst nicht auf Airflow ausgelegt, sondern als Silent-Setup, bei dem die CPU auch nach 30 Minuten noch im grünen Bereich bleibt. Das betrifft auch den rückseitigen Lüfter, der mit unter 1200 U/min ebenfalls eher leise auftritt. Damit erhöhe ich natürlich noch einmal die thermische Belastung auf dem Motherboard, aber das ist ja die Absicht dahinter, um den heimischen Worst-Case zu provozieren. Die Raumtemperatur beträgt Tester-freundliche 22 °C. Ich zeichne alle Temperaturentwicklungen als radiometrisches Video auf und kann dann später an einer beliebigen Stelle und beliebigen Punkten die Temperaturen auch nachträglich ablesen. Bei den IR-Bildern sollte man noch beachten, dass hier ein echtes Bolometer mit 640 x 480 Messpixeln zum Einsatz kommt und die ausgegebenen Grafiken keine Schwarz-/Weiß-VGA-Kamerabilder mit interpolierten Inhalten aus einem winzigen 80 x 60 Pixel großem Bolometer sind, wie bei fast allen Handheld-Geräten, sondern dass es sich um echte radiometrische Wärmebilder handelt.
Ich teste alle Motherboards bewusst für eine bessere Übersichtlichkeit nur mit vier (aussagefähigen und repräsentativen) Messpunkten für die CPU und weiteren für den SoC und andere Sourcen. Die auf den IR-Bildern angezeigte Auflistung (#1 – #4) hat also nichts mit der Anzahl der tatsächlich verbauten Spannungswandlerkreise zu tun, sondern bezieht sich auf die relevanten Punkte und Hotspots! Die Messung erfolgt von zunächst von der Frontseite aus, wobei ich die Kühler nicht abmontiere, sondern die freien Stellen auf den Platinen neben den Spulen messe. Der Temperaturunterschied zwischen PCB und VRM ist hier minimal, wie ich bei abgenommenen Kühlern bereits herausfinden konnte. Mit aufgesetzten VR-Kühlern sind die Temperaturen in den MOSFETs nämlich mit etwas Glück sogar niedriger, als auf der auch von den Spulen mit aufgeheizten Platine! Die zweite Kontrollmessung erfasst dann die dazu passenden Bereiche der Rückseite.
Wichtig ist, dass die VRM-Temperaturen bei allen Boards nicht direkt per Sensor aus den VRM ausgelesen werden können, sondern hier wieder die sogenannte Inductor DCR, also eine Strommessung über den induktiven Widerstand der jeweiligen Filterspulen im Ausgangsbereich, zum Einsatz kommt. Interessanterweise kann man dadurch auch die Temperatur der MOSFETs annähernd berechnen, wenn auch nur als Durchschnittswert aller Phasen. Das ist wichtig zu wissen, um die Werte aus HWInfo64 und anderen Tools richtig einordnen zu können, die keine Hotspot-Werte darstellen (können).
Corsair H150i Pro und der Ryzen 7 3700X
Die H150i Pro RGB von Corsair tut exakt, was sie soll. Mit 2000 U/min ist so auch nicht zu quirlig, um extrem ins Ohr zu fallen. Die LL120 machen ebenfalls das, was man von ihnen erwartet. Bei den hier verwendeten Drehzahlen von deutlich unter 1000 U/min sogar recht manierlich und leise. Naja, und leuchten können sie auch. Das hilft zwar nicht beim Kühlen, aber es sieht besser aus. Die Kühlfläche kommt dem Hotspot des Ryzen 7 nicht entgegen, so dass die Kühlperformance eines echten CPU-Wasserblocks natürlich nicht erreicht werden kann.
Aber immerhin können sich die reichlich 80 °C bei 130 Watt am Package nach einer halben Stunde mit derartig niedrigen Lüfterdrehzahlen schon sehen lassen. Merke: es geht nämlich auch deutlich schlechter. Für höhere Wattzahlen bräuchte man dann aber doch etwas mehr Wind von den Lüftern. Aber der User möchte es so leise wie möglich, deshalb auch dieses realitätsbezogene Setting.
GIGABYTE X570 AORUS Elite
- 1 - Motherboard-Übersicht, Datenvergleich und Testaufbau
- 2 - Testmethoden und Setup abseits vom üblichen Mainsteam
- 3 - Spannungswandler und Temperaturen
- 4 - Chipset-Lüfter und Temperaturen
- 5 - Störgeräusche, Ausgangsleistung und Headset-Rechner
- 6 - PCIe 4 Datenträger-Performance
- 7 - Zusammenfassung und Fazit
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