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Echte Labortests von Wärmeleitpasten auf igor’sLAB – Teil 2 – Erste Vergleichsmessung mit 2 teuren Pasten

Der Vorteil vieler Messpunkte – Ableitung von praxisrelevanten Werten

Mal abgesehen davon, dass ich auch die Temperaturen des Heaters und der Wassers habe, die uns aber nichts nützen, weil sie immer konstant bleiben, habe ich ja meinen Messaufbau mit den Temperaturfühlern 1 bis 6 (siehe Schema unten). Mit diesen Werten kann man jetzt auch noch ganz nette Überlegungen anstellen. Auf geht’s!

Nehmen wir zunächst die Werte von T3 und T4, die uns die beiden Temperaturen an den jeweiligen Kontaktflächen ausweisen, zwischen denen sich die Paste befindet. Diese Kurven sind nicht mehr ganz linear, denn auch der Interface-Widerstand ändert sich ein wenig. Und wir rechnen ja nicht mit 6 Punkten, sondern nur mit 2 absoluten Werten für die Temperaturdifferenz statt eines Gradienten wie bei TTim, wobei die Sample-Temperatur ja konstant bleibt. Und wozu nun das Ganze? Das Verhalten ist so ähnlich wie bei einer Grafikkarte, die ja ohne einen IHS auskommen muss und wo man das Delta meist zwischen dem Substrat und der Wassertemperatur misst. Diesen Wert werde ich ebenfalls in meine Pastentests und die Online-Datenbank mit aufnehmen.

Jetzt vergleiche ich jeweils T1 der Referenz mit T1 der Gaming Paste A. Während der Heater ja konstant bleibt, haben wir hier bereits einen ausreichenden Wärmewiderstand im Referenzblock aus Kupfer, um die CPU-Temperatur und deren Unterschiede mit verschiedenen Pasten im Vergleich zur Referenz und in Abhängigkeit zur Schichtstärke der Paste zu simulieren. Denn genau diese variable Bewertung kann kein Test auf einer CPU bieten, weil es immer individuell anders ausfällt und damit nicht wirklich reproduzierbar bleibt. Hier im TIMA5-Test aber schon.

Was auch noch interessant scheint, ist der Kontaktwiderstand, also in unserem Fall der Interface-Widerstand. Hier sieht man nämlich, wie gut sich die Oberfläche der Paste an die Kontaktflächen (IHS, Heatsink) “anschmiegt”. Auch diese Werte sind gut vergleichbar und aussagefähig,  da es immer dieselben, kalibrierten Referenzblöcke sind. Gröbere Mahlgrade bzw. eine ungünstigere Mikrostruktur können genauso ein negativer Faktor sein, der dann den effektiven Wärmewiderstand und damit auch die Leitfähigkeit beeinflusst, wie zu niedrige Temperaturen und eine zu hohe Viskosität.

Zusammenfassung und Fazit

Das Erste, was aufgefallen ist: Die ganzen Angaben für die Wärmeleitfähigkeit sind eigentlich überflüssig wie ein Kropf. Wenn sich eine Paste einfacher und dünner verteilt, dann kann sie durchaus auf dem Level einer nominell besseren Paste performen, die vielleicht deutlich viskoser ist und einen schlechteren Interface-Widerstand aufweist. Ich habe ja den Gegentest auf einem wassergekühlten Intel Core i9-13900K mit diesen beiden Pasten gemacht, wo am Ende auch nur ein Kelvin Unterschied bei der CPU-Temperatur zwischen dem Sample und der Gaming Paste A herauskam. Denn wir wissen ja schon länger, dass die Unterschiede zwischen den Pasten in der Realität gar nicht so groß sind, solange sie nicht ausbluten oder austrocken und reißen.

Zu diesen sechs Tests und der Bewertung wird es die bald die Online-Datenbank geben, die natürlich auch noch weitere Angaben enthält (Herstellerdatenblatt), dazu eigene Fotos, die TIMA5-Belege und die im Interface der Webseite eine Sortierung bzw. Suche nach verschiedenen Faktoren erlaubt. Dazu kommen natürlich auch noch die Materialtests mit der Analyse des Pasteninhaltes und etwas hochauflösende Mikroskopie für die Galerie. Bei bestimmten Pasten und Verdachtsmomenten kann ich, aber das ist wie immer eine reine Zeitfrage, auch Alterungstests machen. Aber das wird dann wohl eine reine Fallentscheidung, je nachdem.

Selten gültig, aber diesmal leider nötig: Viel hilft viel!

So, ich nehme mir jetzt ganz viele Tücher, leckeres Isopropanol und etwas Zeit, um den heutigen Schmand aus dem TIMA5 wieder zu entsorgen. Denn ich messe ja bereits ab 400 µm abwärts und genau deshalb muss ja erst einmal jede Menge Paste drauf. Ich reinige natürlich jedes Mal die Referenzkörper, aber es kleckst eben auch eine Menge daneben und runter. Das gehört natürlich am Ende jeder Session auch noch entsorgt. Und Scheiben putzen, das ist Ehrensache. Morgen, also am Mittwoch, gibt es einen Gehäuselaunch und am Donnerstag und Freitag lüfte ich dann jeweils das Geheimnis der Referenzpaste und der Gaming Paste A. Danach gibt es, je nach Verfügbarkeit von Pasten, noch jede Menge Einzeltests, also wird das hier sicher eine längere Angelegenheit.

Wer noch Anregungen und Ideen für die Testinhalte oder die Datenbank-Inhalte hat, darf sich gern mit einbringen. Was ich aber definitiv nicht machen werde, ist auf einer CPU oder GPU zu testen. Das kann ich hier genauso auch emulieren, jedoch mit sicher reproduzierbaren Werten, egal ob nun im Zimmer nur kalte 10 °C oder mediterrane 30 °C herrschen. Dafür gibt es ja Chiller und Heater sowie jede Menge Mess- und Regelelektronik. Ansonsten bin ich froh, dass endlich alles läuft, wie es laufen soll. Und ein klein wenig mehr Transparenz am Pasten-Goldmarkt kann ja nun wirklich nicht schaden.

Ich verweise noch einmal auf meine Bitte nach weiteren Pasten, denn die Auswahl und der Vorrat können nie groß genug sein! Und außerdem habe ich ja bald einen fleißigen Helfer, der sich als Padman Junior schon bestens bewährt hat. Aber keine Angst, es bleibt definitiv alles in der Familie! Und Pasten sind dankbar, die kann ich auch ohne Launchstress schön vorarbeiten. Denn nächste Woche bin ich im mal kurz im Urlaub, dann gibt es Artikel vom Team und quasi neue Artikel von mir aus der Pasten-Konserve. Also wie gehabt und hoffentlich ohne Lücke:)

 

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eastcoast_pete

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1,664 Kommentare 1,004 Likes

👍🏻Interessant, und auch gut zu sehen, daß Dein Nachwuchs auch schon Interesse zeigt!
Take-Home für mich von dem ersten Test: eine gut zu verarbeitende Paste, die eine gleichmäßige und dünne Schicht zwischen Heatspreader und Kühler ergibt, ist Wunderpasten mit hohen Zahlen durchaus gewachsen. Und wahrscheinlich deutlich billiger.

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DrDre

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Sehr schön, bin gespannt (y)
Die 17ner Paste ist nicht zufällig die Apex?

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echolot

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In welchem Temperaturbereich kannst Du testen? Da ergeben sich ja noch viele Optionen außerhalb des typischen Anwendungsbereichs. "Ich geb Gas ich hab Spaß" :D

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Igor Wallossek

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Der Chiller schafft nur minimal -10 Grad, aber nach oben ist das Limit bei 275 °C am Heater. Und aktuell bei 300N auf den 1 cm²
Ergo bekommt man eine Paste auch schon mal auf 125 °C -> Härtetest

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Igor Wallossek

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Auflösung am Donnerstag :D

Wie kommen die Hersteller zu solchen Zahlen? Man nehme ein ganzes Fass Wärmeleitpampe... Je mehr Pampe und umso weniger Kontaktfläche, umso höher die Werte :D

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echolot

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Also rein theoretisch wäre damit dann auch der Anpressdruck auf die CPU/Die zu simulieren, wobei ich jetzt nicht genau weiß was so die gängigen Anziehdrehmomente der Kühler bzw. wie groß der daraus resultierende Druck ist. Auf jeden Fall eine schöne Sache mit vielen Möglichkeiten.

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Igor Wallossek

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Intel 500N, das das überbiete ich locker, da ja die Fläche kleiner ist. 😎

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Beschi

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Moin,
Hat Roman schon ein Thermal-Pad gesponsert? Bin sehr gespannt wie sich das bei unterschiedlichen Drücken verhält.
Gruß Beschi

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echolot

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Genau. Kraft pro Fläche = Spannung (hier Druck)

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Igor Wallossek

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Ich bekomme diese Woche noch das komplette Portfolio. :)

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Martin Gut

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Ein wichtiger Unterschied ist dann aber noch, dass hier zwei ebene Flächen aufeinander gepresst werden. Bei einer CPU oder GPU hat man immer eine Wölbung. Dadurch hat man (meist) in der Mitte einen hohen Druck und eine sehr dünne Schicht und gegen aussen wenig Druck und eine höherer Schichtstärke. Da diese bei jedem Prozessor anders ist, kann man so etwas nicht mit einem standardisierten, vergleichbaren Test messen. Ein Test kann immer nur einzelne Situationen testen die dann mit den Bereichen auf einem Prozessor mehr oder weniger vergleichbar sind.

Die Aufteilung in Kontaktwiderstand und Leitfähigkeit ist aber auf jeden Fall ein grosser Schritt das ganze etwas genauer zu betrachten und nicht nur mit beliebigen Werten um sich zu werfen die nichts aussagen. Dadurch kann man auch Aussagen machen, welche Paste bei welcher Dicke ungefähr wie gut sein wird.

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Igor Wallossek

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Ich persönlich arbeite nur mit Rth und Rth eff, alles andere ist Kokolores :D

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Saschman73

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Schön langsam sollte die Industrie das Problem mit konkav und konvex in der Produktion besser in den Griff bekommen!
Toleranzen von unter 0,02mm sollten doch eigendlich nicht so ein riesen Problem sein, sollte man zumindest glauben.

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big-maec

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Soweit ich weiß, hat nur der Heatspreader die konkave oder konvexe Fläche. Damit dürften die meisten GPUs wegfallen. Meine GTX 470 hat aber noch einen. Wenn es geht, fliegt der Heatspreader bei mir eh runter.

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echolot

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Mir gehtes hier in erster Linie um die Auswirkung von Druckänderungen auf das hier genannte (she Artikel Teil 1, Seite 2)

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echolot

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Wegen annhähernd linearem Verlauf von Rth und zu vielen Variabeln (Gefüge, Korngröße, Druck, Homogenität), die die Wärmeleitfähigkeit beeinflussen?

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Gregor Kacknoob

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Geilo, was ein feuchter Traum. Hoffentlich wird auch Zahnpasta getestet :D

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Martin Gut

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Die Biegung entsteht durch die unterschiedlichen Wärmeausdehnung von Silizium und der Platine. Man bringt die Lotpaste auf die Platinen auf. Dann setzt man die Chips darauf. Alles zusammen wird dann in einem Ofen langsam aufgeheizt bis das Lot bei 160 bis 190 Grad verschmilzt. Dann lässt man es wieder langsam abkühlen. Das Lot erstarrt und Platine und Chip sind verbunden. Alles zusammen kühlt nun langsam wieder ab. Dabei ziehen sich Platinenmaterialien viel stärker zusammen als das Silizium des Chips. Darum verbiegt es die Chips nach oben. Wie stark hängt von der Grösse des Chips und des Platinenmaterials ab. Natürlich versucht man Materialien zu finden, die sich nicht zu stark zusammen ziehen. Es ist ja nicht nur die Wölbung problematisch sondern auch die Spannungen in der Lotschicht. Das Platinenmaterial muss aber auch noch viele andere Anforderungen möglichst gut erfüllen so dass die Wahl nicht so einfach ist. Ein Hersteller muss alle Kriterien im Auge behalten und nicht wie wir nur auf die Kühlerauflage achten. Ich bezweifle auch, dass es ein Platinenmaterial gibt, das eine ähnliche Ausdehnung wie Silizium hat.

Es gibt Freaks, die ihre CPUs plan schleifen. Für einen Hersteller ist das aber auch nicht so einfach. CPUs sind oberflächlich beschichtet damit keine Stoffe durch das Silizium in den Prozessor migrieren können. Man müsste die Schutzschicht also wieder neu aufbringen nachdem man den Chip geschliffen hat. Ich weiss nicht, was das für eine Beschichtung ist. Ich vermute eine aufgedampfte Metallschicht. Das lässt sich bei einem verbauten Chip aber nicht mehr machen.

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Klicke zum Ausklappem
Martin Gut

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7,917 Kommentare 3,680 Likes

Das hat Igor doch schon gemacht: :p

Viel mehr wird man da auch mit der teuren Anlage nicht herausfinden.

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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