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Corsair XTM70 Extreme Performance im Test – Spitzenplatz nur knapp verfehlt aber wirklich gut und leider auch arg teuer

Mikroskopie und Materialanalyse

Es ist sehr interessant zu beobachten, wie sich eine Paste verstreichen lässt und wann sie auf dem Glasträger de facto auf- und abreißt, denn es lässt auch Schlüsse auf die Mischung zu. Man sieht, dass die Corsair XTM70 Extreme Performance noch gut haftet, aber sich nicht endlos dünn abziehen lässt, ohne dann doch abzureißen. Die Absätze sind wegen der etwas geringeren Viskosität gegenüber der Thermalright TF8 nicht ganz so hoch, dafür zieht die Paste kaum eklige Fäden und hat etwas Sandiges, wenn man es stärker vergrößert.

Das ist etwas, was an ihrer Zusammensetzung liegen dürfte, denn auch die Corsair XTM70 Extreme Performance ist eine ziemlich “trockene” Mischung aus sehr vielen wärmeleitenden Füllstoffen und etwas weniger Silikon (Polysiloxane). Die finale Konsistenz wird somit überwiegend durch die Füllstoffe erreicht. Man könnte auch auf eine festere Matrix und dafür weniger Füllstoffen setzen, um die Paste anzudicken, aber dann hätte man wieder eine niedrigere Performance.

Corsair XTM70 Extreme Performance

Die Gefahr des Ausgasens bzw. Ausblutens der Silikonbasis ist hier wohl ebenfalls eher zweitranging. An dieser Stelle habe ich auch etwas weniger Bedenken, was die Langzeithaltbarkeit bei hohen Temperaturen betrifft. Man wird zwar sehen müssen, wie gut das alles noch nach 6 bis 9 Monaten performt, aber ich bin da recht guter Hoffnung. Man sieht bei extremer Vergrößerung sehr schön die Matrix mit den eingebetteten Partikeln.

Man hat hier sehr unterschiedlich hohe Mahlgrade verwendet, was sich an den Partikelgrößen äußert. Das geht von Nano-Bereich bis hin zu wenigen Partikeln mit bis zu 7 µm, was dann auch erklärt, wieso sich die Paste nicht endlos dünn zusammenquetschen lässt und auch unter Druck nicht weniger als 8 µm möglich waren. Allerdings war bei der Corsair XTM70 Extreme Performance die Matrix nicht ganz so störrisch wie bei der TF8, sondern eher weich.

Schauen wir nun einmal genauer hin, was eigentlich drin ist, bzw. was nicht. Die Paste enthält sehr viele Füllstoffe, überwiegend sehr feines Aluminium-Oxid. Der Zinkoxid-Anteil ist deutlich niedriger, aber immer noch ausreichend. Man nutzt das ZnO primär als Lückenfüller zwischen den etwas größeren (und auch härteren) Al2O3-Körnchen. Die Paste profitiert also von ihrer Viskosität und man muss beim Applizieren genau diese Umstände mit berücksichtigen. Aber es ist durchaus machbar. Hier ähnelt sie der Thermalright TF8 ein wenig, denn die Partikel sind ähnlich gewichtet.

Testequipment für die Materialtests, Genauigkeit und Testvorbereitung

Die Materialprüfung und Vermessung der Pasten und Pads übernimmt mein Keyence VHX 7000 samt EA-300. Damit sind sowohl exakte Messungen als auch recht genaue Massenermittlungen der chemischen Elemente möglich. Doch wie funktioniert das eigentlich? Die von mir für den Artikel genutzte Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie (LIBS) ist eine Art Atomemissions-Spektroskopie, bei der ein gepulster Laser auf eine Probe gerichtet wird, um einen kleinen Teil davon zu verdampfen und so ein Plasma zu erzeugen.

Die emittierte Strahlung aus diesem Plasma wird dann analysiert, um die Elementzusammensetzung der Probe zu bestimmen. LIBS hat viele Vorteile gegenüber anderen analytischen Techniken. Da nur eine winzige Menge der Probe für die Analyse benötigt wird, ist der Schaden an der Probe minimal. Der richtige Schaden entsteht im heutigen Artikel vorher durch meine eher groben Schneid- und Trennwerkzeuge. Diese noch recht neue Laser-Technik erfordert im Allgemeinen keine spezielle Vorbereitung der Proben für die Materialanalyse. Sogar Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase können direkt analysiert werden.

LIBS kann mehrere Elemente gleichzeitig in einer Probe detektieren und kann für eine Vielzahl von Proben verwendet werden, einschließlich biologischer, metallischer, mineralischer und anderer Materialien. Und man erhält eine wirkliche Echtzeit-Analyse, was enorm Zeit spart. Da LIBS im Allgemeinen keine Verbrauchsmaterialien oder gefährlichen Reagenzien benötigt, ist es auch eine relativ sichere Technik, die zudem kein Vakuum wie beim REM + EDX benötigt. Wie bei jeder Analysetechnik gibt es auch bei LIBS natürlich gewisse Einschränkungen und Herausforderungen, aber in vielen meiner Anwendungen, insbesondere wenn Geschwindigkeit, Vielseitigkeit und minimalinvasive Probenentnahme von Vorteil sind, bietet es deutliche Vorteile.

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Ergebnisse der Anteile in den Übersichten und Tabellen absichtlich auf volle Prozent (wt%, also Gewichtsprozent) gerundet wurden, da es oft genug vorkommt, dass sogar innerhalb des vermutlich gleichen Materials Produktionsschwankungen vorkommen können. Untersuchungen im Promillebereich sind zwar nett, aber heute nicht zielführend, wenn es um eine sichere Auswertung und nicht um Spurenelemente geht. Allerdings beginnt jeder Tag im Labor mit der gleichen Prozedur, denn wenn ich anfange, arbeite ich zuvor eine Checkliste ab, die ich mir erstellt habe. Das dauert jedes Mal bis zu 30 Minuten, wobei ich ja eh auf das Erwärmen des Lasers und die richtige Raumtemperatur warten muss.

  • Mechanische Kalibrierung des X/Y Tisches und der Kameraausrichtung (z.B. fürs Stitchen)
  • Weißabgleich der Kamera für alle genutzten Beleuchtungskörper
  • Ausrichtung von LIBS-Optik und Normalobjektiv prüfen, Ausrichtung des Lasers zur eigenen Optik kalibrieren (x300)
  • Standard-Samples der zu messenden Materialien probetesten und ggf. Kurve korrigieren (siehe Bild oben)

 

Kommentar

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echolot

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Die Liste füllt sich. Label in bezug auf was? Was für Kriterien neben Wärmewiderstand?

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Igor Wallossek

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Wärmewiderstand bei den RELEVANTEN Schichtstärken und Interface-Widerstand. Ob ich das Verhalten unter 20 micron mit reinnehme, muss ich noch evaluieren.

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T
TheSmart

Veteran

432 Kommentare 216 Likes

Für den Performancespitzenplatz hat es nicht ganz gereicht, aber immerhin für den Preisspitzenplatz ;)

Labels anstatt Awards..weil? ... Deis vor allem OEM-Produkte sind und die Hersteller, wie bei den Netzteilen, meist gar nichts selbst produzieren, sondern nur dazu kaufen?

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RedF

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Awards würde ich auch erst geben, wenn ich genug Überblick über den Markt habe.

So könnte z.b. jede Woche ein Performance König auftauchen, da hat der Award keinen Wert.

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Igor Wallossek

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10,485 Kommentare 19,652 Likes

Was bringt EUCH ein Award? Diesen Schrott gibt es inflationär und die meisten Seiten nutzen es eh nur für die Monetarisierung. Für die HERSTELLER ist das eine willfährige Marketing-Hilfe, die aber für EUCH nullkommanichts aussagen dürfte, weil die Kriterien eher subjektiv sind.

Bei den Netzteilen ist es ja auch transparent und ehrlich, wenn man mal von 80Plus.org und deren laxen Regeln absieht. Die physikalischen Grenzen und vertretbaren Rahmenbedinungen kenne ich genauso gut, wie die Prognosen der eigentlichen Hersteller, was für welchen Taler auch in absehbarer Zeit noch machbar und vertretbar ist. Groß über 5 W/(m·K) wird es nicht geben und die Wärmewiderstände in den Bereichen zwischen 25 und 200 µm sind viel wichtiger, da diese Kurve wenigstens linear ist. Zusätzlich zu diesen Bewertungen wird es ein subjektives 5-Sterne-System von zu flüssig bis zu fest geben, was die Anwendbarkeit bzw. den Skill-Level betrifft. Von dem kann man dann sogar indirekt auf die Langzeithaltbarkeit schließen. Nur hat das im Label nichts zu suchen. Messungen und Empfindungen darf man nicht vermischen ;)

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Y
Yoshi

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Awards bringen niemandem, außer der jeweiligen Marketingabteilung, etwas. Das halte ich auch nicht für zielführend...

Es gibt "stumpf" verifizierbare Kriterien, die für jede Paste gleich sind und daraus kann man Informationen ableiten. Cybenetics als Vorbild zu nehmen, ist sicherlich nicht verkehrt.

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B
Besterino

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6,906 Kommentare 3,474 Likes

Ist das nun eigentlich die tolle xapply-Folie oder hat Corsair da noch schnell was eigenes zusammengeschustert?

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T
Techniker Freak

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@Besterino
Da hat Corsair etwas ähnliches bei 3M eingekauft. X-Apply sieht anders aus.

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echolot

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1,118 Kommentare 875 Likes

Ein Igor Farblabel. Bronze, Silber Gold oder grün, gelb, rot. :unsure:

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xXx0815

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15 Kommentare 9 Likes

Also ist das entgegen der Aussagen in einem anderen Thread wohl doch nicht so aufwendig zu entwerfen. Wäre ja witzig die Schablone mal zu testen.

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Igor Wallossek

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Black (Approved), Bronze, Silber, Gold und ggf. Platin (ab 5 W/mK und Einhaltung der Gold-Werte)

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Igor Wallossek

1

10,485 Kommentare 19,652 Likes

Corsair nimmt das gleiche Design, wie auf den eigenen Kühlern. Die Form ist aber eher der Corporate Identity angedient ;)

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x
xXx0815

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15 Kommentare 9 Likes

Jo, why not, die Form ist für die Application auch zweitrangig. Das Verhältnis der Positiv/Negativfläche ist wichtig (wie du auch geschrieben hast) Ob Dreiecke, Rechtecke, Kreise, whatever ... Thermaltake nutzt übrigens 6-Ecke ...

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S
SpotNic

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Du bekommst gleich wieder nen seitenlangen Beitrag, warum die Form nicht egal ist (ich sehe das aber genauso) 🤪 :LOL:

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Igor Wallossek

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Der Abstreicher geht ganz gut.

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RedF

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4,888 Kommentare 2,717 Likes

und RGB! (für Glow in the Dark Pasten)

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skullbringer

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311 Kommentare 332 Likes

Die Form bzw. Positiv/Negativ-Anteil ist doch nur dann relevant, wenn der Anpressdruck konstant und nicht variabel ist.

Anhand der minimalen Schichtdicke bei bekanntem Anpressdruck, die in den Reviews eh schon ermittelt werden, ließe sich wiederum auf die Viskosität und damit den idealen Positiv/Negativ-Anteil bei Montage von Paste A auf CPU X mit Kühler Y zurück rechnen.

Jetzt bräuchten wir bloß noch "dynamische Schablonen", die sich abhängig von der Viskosität, der individuellen Konvexität der CPU und des Kühlers und dem generierten Anpressdruck automatisch generieren. In 5 Jahren liegt dann jedem high-end CPU Kühler ein 3D Scanner bei... :D

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echolot

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1,118 Kommentare 875 Likes

Titanium nicht vergessen.

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Martin Gut

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7,955 Kommentare 3,710 Likes

Dann muss aber auch das Metall des Labels in der Paste vermalen sein, oder zumindest das Metalloxid als Mineral. Dann sind die höheren Labels wirklich was Wert. ;)

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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