@Martin Gut
Das stimmt teilweise, ist aber teilweise auch umgekehrt. Wenn man durch verschiedene Massnahmen die Ausbreitung von Corona möglichst weit verhindert, dann bleibt in den Spitälern auch mehr Platz für alle anderen und Kosten werden gespart. Wenn du aber die Bekämpfung von Corona hängen lässt, dann bricht das Gesundheitssystem zwangsläufig irgendwann zusammen. Es gibt nicht nur ein entweder oder sondern braucht eine ganzheitliche Sichtweise.[...]
Meine Aussagen sind richtig, du ergänzt sie korrekterweise um das Argument einer ganzheitlichen Sichtweise. Auch bei einer ganzheitlichen Sichtweise spielt die Abwägung der Mittelverwendung dieselbe von mir beschriebene Rolle. Nämlich die Abwägung des optimalen Einsatzes der verfügbaren Ressourcen. Egal in welche rhetorische Form man das verpackt, man hat einen begrenzten Etat und dieser Etat kann nur einmal ausgegeben werden. Die Frage ist, ob dies optimal zum Nutzen der Bürger geschieht oder nicht und falls nicht, wessen Interessen hier sonst noch eine Rolle gespielt haben.
Dass viele andere Operationen wegen Corona nicht durchgeführt wurden, ist übrigens auch nicht so extrem wie dauernd behauptet wird. Es sind vor allem die unwichtigeren, verschiebbaren Operationen, die weniger häufig durchgeführt wurden. Die wichtigen Operationen und Notfallbehandlungen sind praktisch im selben Umfang weiter geführt worden.
Für eine ganzheitliche Sichtweise ist nicht das Gesundheitsministerium verantwortlich, sondern das Ministerium für Inneres. Dort befinden sich die Expertenkreise, welche Katastrophen/Pandemien und die staatlichen Reaktionen darauf auf ihre kurz-, mittel- und langfristigen Folgen untersuchen. Hier werden alle gesellschaftlichen und ökonomischen Folgen berücksichtigt. Dazu gehört dann auch, wie sich die weiteren Schulden auf das Wirtschaftswachstum auswirken, wie sich ein Jahr Bildungsstillstand auf die weitere Qualifikation und den Wettbewerb mit anderen Staaten auswirken, wie viele Menschen aus Angst vor Corona auf Vorsorgeuntersuchungen verzichten, die sonst durchgeführt worden wären, wie sich die steigende Arbeitslosigkeit auf Kriminalität und gesellschaftliche Stabilität auswirkt, wie die nun verwendeten Ressourcen/Schulden zukünftigen Generationen fehlen werden, sollte sich eine weitere, schwerwiegendere Pandemie mit höherer Mortalität ereignen, wie ein mögliches Versagen bei der Bekämpfung das Vertrauen in das politische System erschüttert, wie die ökonomische Schwäche von konkurrierenden Staaten genutzt werden könnte, um ihre Machtstellung gegenüber deutschen Interessen zu erweitern, wie ausländisch gesteuerte Medien die Unsicherheit für Propganda nutzen können, um das System zu untergraben usw.
Hier werden aktuelle Maßnahmen bewertet und Vorschläge gemacht. Die Analysen werden der Bevölkerung vorenthalten.
Das ist das innenpolitische Äquivalent zu den Generalstäben des Verteidigungsministeriums, nur das dort Kriegsfolgenabschätzungen betrieben werden. Selbstverständlich unterliegt das der Geheimhaltung.
Im Falle von Corona wäre es allerdings angebracht, mal ein paar der kritischen Analysen zu veröffentlichen. Ich würde gerne erfahren, wie die Regierung bei einer ganzheitlichen Risikobewertung abschneidet.
@ArcusX
[...]Man sollte sich immer mit denen vergleichen die es -zeitlich gesehen- noch besser machen und schauen was davon umsetzbar ist.
Richtig. Was besser ist, muss man nachweisen. Üblich wäre hier eine Studie in einem Staat, in dem das Tragen von Gesichtsschutz freiwillig ist. Dort ist es ein leichtes, zwei Kontrollgruppen zu bilden, eine, die keine Masken tragen und eine, die Masken trägt. Anschließend erfasst man über einen Monat, wie hoch die Infektionsrate in den beiden Gruppen ist. Kürzlich las ich, das sei in Dänemark gemacht worden mit dem Ergebnis, das die Infektionsrate in beiden Gruppen angeblich gleich groß war.
Was mich wirklich stört: Die Veröffentlichung solcher Studien erwarte ich vom Bundesgesundheitsministerium, mit Quellenangabe und nicht in irgend welchen Blogs im Internet. Und wenn es keine offizielle Studie dazu in Deutschland gibt, dann möchte ich wissen, warum nicht bzw. warum man sich nicht mit Staaten ohne Maskenpflicht koordiniert. Solche Gruppen sind schnell zusammen gestellt und die Kosten minimal. Man muss es nur wollen.
Momentan sieht die Situation so aus, das man vieles nur aus unsicheren Quellen erfahren kann. Das ist das allermindeste, wofür man die Regierung kritisieren sollte. Sie kommt ihrer Informationspflicht nur sehr unzureichend nach und es gibt, wie bei der Maskenpflicht, keinen nachvollziehbaren Grund, warum man die Wirksamkeit vieler der getroffenen Maßnahmen nicht schon längst überprüft hat.
Nur so am Rande, ich trage eine Maske, wenn ich ein Geschäft betrete oder bei Menschenansammlungen, aus Respekt vor der Gesundheit anderer. Aber ich möchte darüber informiert werden, ob das wirklich nötig ist, damit die dafür aufgewendeten Mittel nicht verschwendet sind.