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Alan Wake 2: Night Springs – Brillanter DLC mit DLSS 3.5, RTX all-in und einem Farbenspiel von Schweinchen-Rosa bis Rabenschwarz

Erst einmal muss ich wohl etwas Abbitte leisten, denn am Ende habe auch ich Allen Wake 2 mit wachsender Begeisterung bis zum Schluss durchgezockt. Was auch daran gelegen haben mag, dass die Performance am Ende durch Patches und Treiberupdates von “Can it run Crysis?” zu “Kann man spielen” mutierte, auch wenn die Motorik der Protagonisten bis zum Schluss eher Sirup-lastig war. Der Schluss des Spiels hinterließ allerdings auch ein Meer von brennenden Fragen. Wer ist Alan Wake überhaupt noch? Besitzt er auch weiterhin die Macht der Dunklen Präsenz? Können seine Worte noch immer Welten verändern?

Wie es sich für Remedy Entertainment gehört, liefert die nun releaste Fortsetzung “Alan Wake 2: Night Springs” natürlich keinerlei Antworten. Stattdessen beschert sie uns noch mehr Rätsel. Offensichtlich finden sie das bei Remedy reichlich großartig und der Kunde zahlt sowieso dafür, wie es sich gehört. “Night Springs” besteht übrigens aus drei einzigartigen Episoden, die sich mit Nebenfiguren aus dem Alan Wake Universum beschäftigen. Tja, und Überraschung: Keines der Kapitel spielt im selben Universum oder Ort wie das Hauptspiel – nein, sie entfalten sich in einer fiktionalisierten Version von Alan Wakes Welt, treffenderweise Night Springs genannt. Alan Wake selbst ist der Autor dieser Episoden, was natürlich alles nur noch komplizierter macht.

Wie der Name schon andeutet, ist der DLC von der fiktiven TV-Show „Night Springs“ inspiriert, eine Art Anspielung auf “The Twilight Zone”. Es gibt drei Episoden, jede eine alternative Welt-Version bestehender Charaktere und Schauplätze im Remedy Extended Universe. “Number One Fan” führt dich auf eine Reise als eine Version von Roses, der Lieblingskellnerin aller, die ihren geliebten Schriftsteller vor Gefahren retten will. “North Star” zeigt eine Frau, die auf Jesse Faden aus “Control” basiert und in Coffee World nach Hinweisen auf ihren verschwundenen Bruder sucht. Schließlich nimmt dich “Time Breaker” mit auf eine wilde Reise durch Remedys Version des Multiversums mit einer weiteren Version von Sheriff Tim Breaker. Doch dazu gleich noch (etwas) mehr, denn ich werde sicher nicht alles verraten.

Aber: Es gibt eine gewisse Abstraktion beim “Night Springs”-DLC, da keiner der Charaktere tatsächlich bei ihrem Charakternamen genannt wird (stattdessen heißen sie die Kellnerin, die Geschwister und der Schauspieler), und das unterstützt die Meta-Natur des Ganzen. Remedy schreibt Multiversum dazu. Jede Episode ist eine in sich geschlossene Geschichte, die in etwa 30 bis 60 Minuten abgeschlossen ist, alle mit ihrer eigenen Version des klassischen Remedy-Charmes. Bis zu 3 Stunden, wenn man sich nicht gar zu blöd anstellt, sind allerdings reichlich wenig.  Aber es gibt auch kürzere DLCs.

Doch bevor ich ins Detail gehe und bewusst NICHTS spoilere, was einem das Spielen leichter machen könnte, werfen wir noch ganz kurz einen Blick auf die Technik, denn Remedy hat Jensen-like noch einmal bei den Features nachgelegt.

DLSS 3.5 und die volle Raytracing-Dröhnung

Zugegeben, die Zielgruppe der neuen Features ist diesmal quasi NVIDIA-only, was so manchen Spieler mit abweichender Hardware vor Neid Grün werden lässt. Oder zu hämischem Lachen verleitet, je nach der dunklen Macht der verwendeten Grafikkarte im Jensen-Kosmos. Denn unterhalb der RTX 4000 Serie ist ebenfalls Ende Gelände. Ja, DLSS 3.5 ist eine willkommene Geste, um aus einem fußlahmen Gaul noch ein halbes PS rauszukitzeln, ohne dass das Bild zur verpixelten Freakshow verkommt. Mit Ray Reconstruction, Pathtracing und diversen Setting lässt sich so ziemlich alles grafisch herausholen, was das Feature-Set so hergibt. Immer vorausgesetzt, man besitzt die dazu passende Grafikkarte.

Drei Teile und jede Menge Klischee: Von Kitsch, Rätseln und Puzzle-Steinchen

Im ersten Kapitel, das die Kellnerin Rose verfolgt (übrigens eine besessene Anhängerin von Alan Wake), findet sich zweifellos der strahlendste Moment der gesamten Serie. Hier wird ein romantisiertes Bild ihres Alltags gezeichnet, in dem sie in Nite’s Diner Kellnerin ist. Diese actiongeladene kleine Geschichte begleitet Rose durch einen Tag, der durch eine metaphorische rosarote Brille betrachtet wird. Kunden, die sie begrüßen, sind überfreundlich und voll des Lobes; alle verehren sie für ihr idealisiertes Ich: die hingebungsvolle Anhängerin von Alan Wake, die alles tun würde, um ihrem Lieblingsautor zu gefallen.

Als Wake durch eine sprechende Fischstatue um ihre Hilfe bittet, muss Rose sich auf die Suche nach ihm machen und sich gleichzeitig den Mächten seines bösen Bruders stellen. Roses Episode ist somit die offensichtlich lustigste der drei Teile, denn sie präsentiert eine Welt, in der sie eine Säule der Gemeinschaft und berühmt für ihre preisgekrönte Fanseite ist. Als sie hört, dass „der Schriftsteller“ in Gefahr ist, greift sie zu ihrem Schrotgewehr und Gewehr und startet eine blutige, aber heitere Amoklauf, um ihn zu retten. Diese Episode ist die explizit aktionsreichste, mit mehreren Kampfbegegnungen mit „Hatern“, der Version der Taken in dieser Episode, während man dem Waldpfad des bösen Zwillings des Schriftstellers folgt.

Es gibt einige zum Schreien komische Momente, besonders während des urkomischen finalen Bosskampfes, der sie von den anderen Episoden abhebt, während sie immer noch im Ton mit dem größeren Alan Wake-Universum übereinstimmt. Je nachdem, wie sehr einem der Kampf im Spiel gefällt (zum Glück mag ich ihn), kann diese Episode wie eine reine Machtfantasie gespielt werden. Man bekommt viel mehr Munition, als man benötigt, was es verzeihend genug macht, um die absurde Geschichte zu Ende zu sehen. Und Kitsch gibt es auch noch zur zur Genüge als rosa-rotes Topping.

Das Kapitel ist in vielerlei Hinsicht ein Liebesbrief an die Fangemeinde. Es nimmt die Besessenheit liebevoll auf die Schippe und parodiert die Welt der Fanfiktion in einem bizarren, unglaublichen Endkampf, der das gesamte Kapitel zusammenführt. Rose, die hier als heldenhafte Figur mit einer Schrotflinte agiert, kann auch als direkte Anknüpfung an “Alan Wake 2” gesehen werden. Es beleuchtet und erweitert Roses Motivation, Alan im Spiel zu helfen, und zeigt die Stärke ihrer Liebe und ihres Charakters. Es macht sich nicht über ihre Obsession lustig, sondern erkundet, wie Fandom Menschen stärken und ermutigen kann, die eine Leitfigur suchen. Obwohl kurz, ist es eine unglaublich prägnante Geschichte, die rund und gut umgesetzt erscheint. Das muss dazu erst einmal reichen.

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echolot

Urgestein

1,118 Kommentare 875 Likes

Nach Taipeh erst einmal zocken. So geht Entspannung (y)...wenn es denn jetzt tatsächlich entbugt ist, kann es auch auf die Liste...aber erst in den dunklen Monaten.

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Igor Wallossek

1

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Ich war in knapp 3 Stunden durch, wobei der Mittelteil deutlich mehr als eine Stunde verschlungen hat. Nette Rätsel und echt nicht ohne.

Entspannung? Ich habs gebraucht, um nach einem 10-Stunden-Tag mal wieder etwas runter zu kommen. Rollo runter, Licht aus und ab geht's... :D

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ssj3rd

Veteran

225 Kommentare 156 Likes

Ich war nach knapp 1 Stunde durch und dafür satte 20€?
Ich weiß ja nicht, ob das tatsächlich eine Liebeserklärung an die Fans ist….ich hab da andere Worte in petto.

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Igor Wallossek

1

10,485 Kommentare 19,651 Likes

1 Stunde für alle drei? Respekt. Ich habe in Coffee World sehr lange gebraucht, bis ich das Rätsel raus hatte. Rose ging zu schnell. Die 20 Euro sind heftig, schrieb ich ja auch.

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ssj3rd

Veteran

225 Kommentare 156 Likes

Coffee World ging bei mir am schnellsten.
War aber auch schon immer gut in Mathe als IT’ler und helfe da meinen Kindern aktuell bei den Hausaufgaben. 😏

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Igor Wallossek

1

10,485 Kommentare 19,651 Likes

Nach einem langen Arbeitstag war mir das zu sehr ums Eck gedacht. Ok, ich habe auch den Zettel zu spät gesehen :D
Rose ging am schnellsten, ich ballere halt gern (und ganz gut).

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G
GPUModder

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71 Kommentare 20 Likes

Ich finde es immer wieder interessant, das du (Igor) bei dem Vielen was du bestimmt um die Ohren hast doch noch Zeit zum zocken findest! Respekt! Finde ich Klasse, wenn man es schafft auch das Hobby noch zu befeuern. Verkaufen kannst du es in gewisser Hinsicht ja auch als Arbeit, wenn du damit die neuen Nvidia Features beleuchtest! :D Leider ist Alan Wake 2 aufgrund unpassender Hardware für mich aktuell noch raus. Ich wäre zwar im grünen Lager unterwegs, allerdings zu wenig potent! Mal schauen was die Zukunft bringt. ;)

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UKSheep

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21 Kommentare 8 Likes

Hm... also ich Spiele es mit einer RTX 2070 am 4K TV mit DLSS. Habe zwar nur so 40 fps, aber es ist Spielbar.

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G
GPUModder

Mitglied

71 Kommentare 20 Likes

Die 40+ FPS bring ich auch zusammen, allerdings widerstrebt es mir auf einem 144hz Monitor nur 40 FPS zu sehen. Das ist mir einfach zu wenig. Stabile 60+ FPS stell ich mir schon vor, von daher nehme ich aktuell noch Abstand von dem Game. Das ist natürlich persönliches empfinden. Und nochmals, mal schauen was für mich die Zukunft bringt. ;)

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S
Schmerzschrauber19

Mitglied

19 Kommentare 1 Likes

Zu teuer? Gab es doch für 16 € als es erschien? Kommen da nicht noch mehr DLC´s oder muss man die dann noch mal kaufen? Bei mir auf maximum mit ca. 90-100 fps. Kann nicht klagen. Nur leider (noch) keinen OLED.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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