Man kann auch mit der Längsten schnell den Kürzeren ziehen – zumindest wenn es um kleinere Gehäuse geht und man im Mini-ITX-Bereich angekommen ist. Hier zählen plötzlich ganz andere Werte und Eigenschaften, so dass die Karten generell neu gemischt werden müssen.
Gigabyte hat mit der GeForce GTX 1070 Mini ITX OC die Schrumpfkur ins Zwergenland recht gut gemeistert, denn die Karte ist kurz, knackig und mit Nvidias GP104-200-GPU auch aureichend potent bestückt. Da bleibt am Ende nur die Frage, wie gut sich dieser Chip kühlen lässt und wie Gigabyte den Spagat zwischen geringerer Kühlfläche und möglichst moderater Lautstärke hinbekommen hat.
Preislich ist diese Karte ebenfalls interessant, denn Gigabyte hat bewusst auf optische Kinkerlitzchen verzichtet und sich stattdessen aufs Wesentliche konzentriert.
Äußerer Aufbau und Anschlüsse
Die Kühlerabdeckung besteht aus schwarzem Kunststoff mit orangenen Farbapplikationen, die einfach auflackiert wurden. Die Karte ist mit ihren 605 Gramm geradezu ein Fliegengewicht unter all den GeForce-GTX-1070/1080-Grafikkarten. Mit 17,2 cm Länge ist sie zudem angenehm kurz, die Höhe von 12,5 cm ab Oberkante Mainboard-Slot ist akzeptabel und die Einbautiefe beträgt 3,5 cm, wie es für Dual-Slot-Karten üblich ist.
Auf eine durchgehende Backplate verzichtet Gigabyte bewusst, denn oft genug führen dickere Aufbauten auf der Kartenrückseite bei ITX-Projekten zu Kollisionen mit anderen Komponenten – beispielsweise CPU-Kühler oder Speicher. Der kleine Kühleraufbau am Ende der Karte ist hier eher unbedenklich.
Die Oberseite der Karte trägt einen unbeleuchteten Gigabyte-Schriftzug, der 8-polige PCIe-Spannungsversorgunganschluss sitzt am Ende der Karte. Das Design ist bewusst schlicht und zweckmäßig gehalten; Gigabyte verzichtet auf jegliche Illumination.
Das Ende der Karte zeigt uns, dass die Lamellen horizontal ausgerichtet sind und somit der Luftstrom in Richtung Kartenende bzw. Slot-Blende geht. Diese hat dementsprechend auch eine (leider etwas zu kleine) Öffnung, die durch den zweiten DVI-Anschluss bedingt ist.
Die Slot-Blende bietet insgesamt vier Ausgänge, die auch gemeinsam betrieben werden können (Multi-Monitor-Setup). Neben den beiden Dual-Link-DVI-D-Port (kein analoges Signal durchgeschleift!) finden sich auf der Rückseite noch ein HDMI-2.0-Ausgang sowie ein DisplayPort-1.4-Anschluss.
Platine und Bestückung
Gigabyte hat für diese Karte eine extra-kurze Platine entwickeln müssen, bei der die Kunst darin besteht, die Spannungswandler möglichst platzsparend unterzubringen und mögliche Hotspots elegant zu umgehen. Wir wollen die gewählte Lösung gleich noch im Detail beschreiben, denn sie funktioniert wirklich tadellos.
Beim Speicher kommt GDDR5-Speicher von Samung zum Einsatz. Die acht Module vom Typ K4G80325FB-HC25 besitzen eine Kapazität von jeweils acht Gigabit (32x 256 MBit), die je nach abgefordertem Takt mit Spannungen zwischen 1,305 und 1,597 Volt betrieben werden können.
Das räumliche Problem bei solch kurzen Karten liegt auch im Speicher und dessen Anordnung begründet, denn der Abstand zum GPU-Sockel kann nicht verringert werden und man muss stets bedacht sein, dass die heißen Spannungswandler-Komponenten die Speichermodule nicht thermisch beeinflussen dürfen und möglichst weit weg genug platziert werden müssen.
Das 4+1-Phasen-System setzt wie Nvidias Referenzkarten auf einen rückseitig platzierten uP9511 als PWM-Controller für die vier Phasen der GPU, wobei die eine Phase für den Speicher von einem uP1728 auf der Platinenoberseite geregelt und mittels Doubling als doppelter Wandlerzug ausgeführt wird, was sich am Ende quasi als zwei Phasen verkaufen lässt. Frontseitig findet man noch den obligatorischen INA3221, der für das Current-Monitoring zuständig ist.
Kommen wir nun zur Spannungswandlerlösung von Gigabyte, die es erlaubt, diese Karte so kurz zu gestalten, ohne gleich irgendwelche thermischen Probleme zu riskieren.
Während sich auf der Platinenoberseite die Spulen (Magic Coils von Foxconn) und der High-Side-MOSFET in Form des 6414 befinden, hat Gigabyte die fünf Gate-Treiber für die Ansteuerung der einzelnen Phasen auf die Rückseite verbannt.
Dort befinden sich dann auch die beiden Low-Side-MOSFETS vom Typ 6508 pro Wandlerzug, die jeweils parallel arbeiten und somit den an sich bereits kleinen Innenwiderstand noch einmal halbieren helfen.
Der Vorteil liegt darin, dass die Low-Side-MOSFETs von oben direkt über den Kühlkörper mitgekühlt werden können, während die Low-Side durch die Verdoppelung der MOSFETS automatisch über eine großere Fläche verfügt, die man rückseitig durch die kleine, aufgeschraubte Kühlplatte kühlen kann, so dass hier keine echten Hotspots entstehen. Wir werden später noch einmal darauf zurückkommen.
Unterhalb der GPU sind zudem noch zwei Kondensatoren aufgelötet, die Spannungsspitzen abfangen und glätten sollen.
Taktraten, Spannungen und Leistungsaufnahme
Bevor wir zur Leistungsaufnahme kommen, betrachten wir noch die Verläufe von Boost-Takt und anliegender GPU-Kernspannung, die sich nämlich sehr auffällig ähneln und die wir bewusst untereinander gestellt haben. Wir sehen auch sehr schön den Zusammenhang von Taktfrequenz und Spannung, wobei die Kurven bei steigender Erwärmung der GPU wie üblich etwas absinken.
Während der Boost-Takt nach Erwärmung und unter wechselnden Lasten (Gaming) zwischen 1860 und 1778 MHz schwankt, fällt er bei Dauerlast deutlich ab und schwankt zwischen 1607 und 1584 MHz.
Dies sieht auch bei den Spannungswerten ähnlich aus: Werden anfangs noch bis zu 0,975 Volt erreicht, fällt diese Spannung dann später stellenweise bis auf 0,893 Volt ab. Man merkt also ganz deutlich, dass Gigabyte hier bei den einzelnen Boost-Steps bereits das Diät-Programm angesetzt hat, um die Verlustleistung möglichst niedrig zu halten.
Aus diesen Spannungsverläufen und den fließenden Strömen ergibt sich dann logischerweise die Leistungsaufnahme, die wir mit unserem exakten Equipment sehr gut an allen Anschlüssen messen können.
Da die Hersteller auf Grund von Nvidias Restriktionen auf die unterste mogliche Taktrate verzichten, um durch diesen Kunstgriff quasi einen Boost-Step mehr zu erhalten, steigt die Leistungsaufnahme im Idle bei vielen Karten mit Werksübertaktung unverhältnismäßig stark an – allerdings hat Gigabyte hier einen guten Kompromiss gefunden, denn der niedrigste GPU-Takt liegt bei ganzen 164 MHz – also etwas über dem, was die Referenz vorgibt:
Leistungsaufnahme | |
---|---|
Idle | 12 Watt |
Idle Multi-Montor | 14 Watt |
Blu-ray | 12 Watt |
Browser-Games | 103 bis 114 Watt |
Gaming (Metro Last Light 4K) | 155 Watt |
Torture (Furmark) | 155 Watt |
Natürlich wollen wir euch auch die gewohnten Detailgrafiken der Leistungsaufnahme im Idle, beim 4K-Gaming und beim Stresstest nicht vorenthalten, die sowohl die Lastverteilung auf den einzelnen Spannungs- und Versorgungsschienen abbilden, als auch einen guten Überblick über die anfallenenden Lastschwankungen und Leistungsspitzen geben:
Kühlsystem und Temperaturen
Im direkten Zusammenhang zur aufgenommenen Leistung steht natürlich die erzeugte Abwärme, für deren optimale Abführung die Kühllösung verantwortlich ist. Gigabyte setzt für den kompakten Kühler auf zwei 8-mm- und eine 6-mm-Heatpipe aus Kupfer-Kompositmaterial mit guter Kapillarwirkung sowie das DHT-Prinzip (Direct Heat Touch), bei dem die angeschliffenen Heatpipes direkt auf der GPU aufliegen.
Die kleine Platte für die Kühlung der Speichermodule sitzt dabei auf einem Aluminium-Heatsink, der die drei Heatpipes aufnimmt und direkt mit dem Lamellenkühler verbunden ist.
Was uns jedoch auffällt, ist der Umstand, dass Gigabyte einerseits die sechs High-Side-MOSFETs aktiv über einen ebenfalls im Kühler integrierten Heatsink mitkühlt und andererseits die Zusammenfassung der Lamellen nutzt, um die Spulen mittel passendem Wärmeleitpad nicht nur mitzukühlen, sondern auch leicht Druck auf diese auszuüben, was zu einer Minimierung der Vibrationen (“Spulenfiepen”) führt. So gelingen Hotspot-Reduzierung und Geräuschminderung in einem Aufwasch.
Die kleinere Kühlplatte auf der Rückseite bedeckt die zwölf Low-Side-MOSFETs und die Gate-Driver und führt deren Abwärme zusätzlich zur Rückseite hin ab, was die Lage deutlich entpannt, wie wir auf den Infrarot-Bildern gleich noch sehen werden. Der Temperaturverlauf der GPU ist mit seinen 66°C (im geschlossenen Gehäuse 68 bis 69°C) jedenfalls recht ansehnlich und akzeptabel.
Die recht hohe Temperatur im Idle von 48°C bis 50°C liegt am Silent-Mode, für den der kleine Kühler nur bedingt geeignet scheint. Wir würden beim Einsatz in Kleinstgehäusen eher auf einen durchgehenden Lüfterbetrieb setzen, der einfach per Software manuell eingestellt werden kann.
Betrachtet man nun wie bereits angekündigt die Infrarot-Bilder der Platine, dann fallen einem keine echten Hotspots auf. GPU, Speicher und Spannungswandler werden für diese Verhältnisse also bestens gekühlt.
Beim Torture-Loop steigen die Temperaturen etwas an, aber auch jetzt gibt es noch keinerlei Grund zur Sorge. Das Konzept passt also.
Geräuschentwicklung
Da die Temperaturen beim Gaming und im Stresstest sehr ähnlich ausfallen, kann man bei den Lüfterdrehzahlen eigentlich das Gleiche erwarten und so verwundern uns die gemessenen Werte dann auch nicht besonders:
Was auffällt: Es gibt keinen Anschubimpuls, der normalerweise die Lüfter vom passiven Modus in den aktiven bringt. Da der verwendete 9-cm-Lüfter mit einer maximalen Umdrehungszahl von 3300 U/min bereits stabil mit 400 U/min (an)laufen kann, ist so ein Kunstgriff aber gar nicht erst nötig. Die Hysterese hat Gigabyte jedenfalls sehr gut im Griff, zumal man die Lüfter bereits knapp unterhalb von 56°C anlaufen lässt.
Die gemessenen 41,8 dB(A) bei langer Volllast sind jetzt natürlich nicht übermäßig leise, aber eben auch noch nicht so laut, dass man meint, der Rechner würde jeden Moment abheben. Selbst die Founders Edition ist hier deutlich lauter. Die hochfrequenten Anteile der Spannungsreglergeräusche sind ebenfalls noch deutlich messbar, liegen aber fast schon dort, wo man sie kaum noch hört. Das tieferfrequente Schnarren fällt eher moderat aus und was messtechnisch haften bleibt, ist die reine Luftbewegung.
Die Kühlung ist somit gut gelungen und ist für diese Größe wohl auch kaum viel besser hinzubekommen. Völlig lautlos bekommt man solch eine potente Karte mit einer reinen Luftkühlung nun einmal nicht hin, denn die Physik setzt hier (leider) ihre sehr deutlichen Grenzen.
Technische Daten und Zwischenfazit
Betrachten wir nun noch einmal zusammenfassend die technischen Daten und individuellen Details der Grafikkarte:
- 1 - Einführung und Übersicht
- 2 - Asus GeForce GTX 1070 Strix OC
- 3 - EVGA GeForce GTX 1080 FTW
- 4 - Gigabyte GeForce GTX 1070 Mini ITX OC
- 5 - Gigabyte GeForce GTX 1070 G1 Gaming
- 6 - Gigabyte GeForce GTX 1080 G1 Gaming
- 7 - Gigabyte GeForce GTX 1080 Xtreme Gaming
- 8 - KFA²/Galax GeForce GTX 1070 EX
- 9 - KFA²/Galax GeForce GTX 1080 HoF (Hall of Fame)
- 10 - MSI GeForce GTX 1070 Gaming X 8G
- 11 - MSI GeForce GTX 1080 Gaming X 8G
- 12 - MSI GeForce GTX 1080 Sea Hawk
- 13 - Nvidia GeForce GTX 1070 Founders Edition
- 14 - Nvidia GeForce GTX 1080 Founders Edition
- 15 - Palit GeForce GTX 1070 Game Rock Premium Edition
- 16 - Palit GeForce GTX 1080 Game Rock Premium Edition
- 17 - PNY GeForce GTX 1080 XLR8
- 18 - Zotac GeForce GTX 1080 AMP! Extreme
- 19 - Vergleich der Gaming-Performance
- 20 - Vergleich vom Temperatur, Lautstärke und Leistungsaufnahme
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