Audio/Peripherie Tastatur Testberichte

Unicomp Model M Tastatur im Test – Klassisches Design und Buckling Springs statt normaler mechanischer Taster

Kleinere Mängel

Es ist nun einmal ein US-Produkt und man muss, analog zu nordamerikanischen Autos, so Einiges milde tolerieren, was man ansonsten vielleicht kritisieren würde. Neben den Spaltmaßen des Hartschalenkoffers und einigen Flecken im ABS sind es vor allem technische Details wie die rutschigen Aufsteller, die noch nie etwas von Gummieinlagen gehört haben. Das können einige Nachahmer deutlich besser. Ich werde hier noch etwas drankleben, denn trotz des hohen Gewichtes ist das ein echter Schwachpunkt auf glatten Echtholzplatten.

Dazu kommt auch die etwas großzügige Auslegung von Graten bzw. Kanten, analog zum meinem damaligen Lincoln Navigator aus den späten 1990ern, der nicht nur das Knärzen in den Verkleidungen bereits als Feature ab Werk in der Kaufrechnung inkludiert hatte. Das ist eben so und muss patriotisch mit erworben werden. Make Amerika schräg again (oder so ähnlich). Wir Deutschen sind nun einmal viel zu pingelig und bemängeln auch schief montierte Lichtschalter und Steckdosen in einem sauteuren Chalet in Sonoma oder schief angeklebte Messingleisten in einem Aufzug im Hilton. Der rechte Winkel ist komplett überbewertet. Glaubt mir.

Geräuschentwicklung

Die Geräuschentwicklung der Unicomp Model M ist eines ihrer markantesten Merkmale und unterscheidet sie deutlich von den meisten modernen Tastaturen. Jede Taste erzeugt beim Betätigen einen lauten, klaren Klick, der durch die “buckling spring”-Schaltertechnologie entsteht. Dieser Mechanismus bewirkt, dass eine gespannte Feder unter Druck zusammenbricht und dabei sowohl ein taktiles als auch ein hörbares Feedback erzeugt. Die Klangfarbe der einzelnen Tasten ist sehr prägnant: Sie kann als tiefes, knackiges „Ka-Chunk“ beschrieben werden, das mit jedem Tastendruck gleichmäßig klingt. Der Ton hat eine gewisse Schärfe, die sich von den dumpferen Geräuschen moderner Membran- oder Rubber-Dome-Tastaturen abhebt. Dieser Klang trägt zu einem klassischen und nostalgischen Tippgefühl bei, erinnert an die alten Schreibmaschinen und vermittelt das Gefühl, dass jeder Tastendruck bedeutungsvoll ist.

Die Lautstärke der Tastenanschläge ist jedoch nicht zu unterschätzen. Die Model M gehört definitiv zu den lauteren Tastaturen, was in ruhigen Umgebungen als störend empfunden werden kann. Während manche Nutzer den charakteristischen Klang als angenehm empfinden und ihn sogar als motivierend betrachten, kann es für andere, insbesondere in offenen Büroumgebungen, zu einer Belastung werden. Die Lautstärke und der markante Klick sind definitiv nicht jedermanns Sache, aber für Liebhaber mechanischer Tastaturen ist die Klangkulisse der Model M ein wesentlicher Teil ihres Charmes. Hier sind noch ein paar Klangbeispiele, aber bitte nicht erschrecken:

Leertaste

Enter-Taste

Nummernblock

WASD-Tasten

Schreiberfahrung und Fazit

Die Unicomp Model M Tastatur bietet für Vielschreiber, einschließlich Menschen mit diabetischer peripherer Neuropathie (DPN) wie mich, sowohl Vorteile als auch gewisse Herausforderungen im Hinblick auf die Langschreib-Fähigkeit und Ergonomie. Das taktile Feedback der “buckling spring”-Schalter ist eines ihrer größten Pluspunkte. Durch den deutlichen Widerstand und den hörbaren Klick können Nutzer mit beeinträchtigtem Tastgefühl leichter erkennen, ob ein Tastendruck erfolgreich registriert wurde, was die Schreibgenauigkeit verbessert. Der tiefere Tastenhub im Vergleich zu modernen flachen Tastaturen ermöglicht außerdem eine klar spürbare Rückmeldung, was für Personen mit eingeschränkter sensorischer Wahrnehmung nützlich ist.

Jedoch gibt es auch Aspekte, die für Menschen mit DPN herausfordernd sein könnten. Die etwas höhere Betätigungskraft, die zum Drücken der Tasten erforderlich ist, könnte bei längerer Nutzung zu Ermüdung oder Beschwerden führen, insbesondere wenn Muskelschwäche vorhanden ist. Auch das höhere Gewicht und die steifere Bauweise der Tastatur tragen dazu bei, dass das Tippen für Personen mit reduzierter Handkraft anstrengender sein kann. Zudem kann die Lautstärke der Tastenanschläge als störend empfunden werden, was bei häufigen Tippfehlerkorrekturen oder schnellem Schreiben zu zusätzlichem Stress führen kann.

In Bezug auf Ergonomie und Tastenanordnung bietet die Unicomp Model M sowohl positive als auch negative Aspekte. Die Tastatur hat ein klassisches Layout, das sich an das Design der ursprünglichen IBM Model M anlehnt. Die Tasten sind großzügig verteilt, und die Standardgröße der Tasten ermöglicht es den Fingern, sich präzise und bequem über die Tastatur zu bewegen, ohne sich beengt zu fühlen. Für Vielschreiber ist dies ein Vorteil, da die Anordnung der Tasten vertraut ist und die Fehlertoleranz reduziert wird.

Jedoch hat die Model M einige Einschränkungen, was die moderne Ergonomie betrifft. Die Tastatur ist recht hoch, und ohne eine Handballenauflage kann das lange Tippen dazu führen, dass die Handgelenke in einem ungünstigen Winkel gehalten werden. Dies kann bei längerer Nutzung zu einer Überlastung der Handgelenke führen. Menschen mit diabetischer peripherer Neuropathie (DPN), die ohnehin oft unter Muskelschwäche und reduzierter Feinmotorik leiden, könnten durch die fehlende ergonomische Anpassbarkeit zusätzliche Schwierigkeiten haben. Ich nutze dafür eine extra gekaufte Handballenauflage und bin glücklich damit. Dazu kann ich nur raten.

Das klassische Layout bietet eine sehr gute Orientierung und ist in der Regel für das Zehnfingersystem bestens geeignet. Somit bietet die Unicomp Model M Tastatur für Vielschreiber mit DPN klare Vorteile in Bezug auf spürbares Feedback und Präzision, erfordert jedoch auch eine gewisse Anpassungsfähigkeit und kann bei längerer Nutzung die Handbelastung erhöhen. Die Eignung hängt stark von den individuellen Bedürfnissen und der Handkraft der Nutzer ab, aber ein meinem Fall passt alles bestens.

 

 

Kommentar

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big-maec

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988 Kommentare 598 Likes

Hi,
ein neumodischer Nachbau, oder ein versuch sich von der Masse abzuheben?

Was mir an dem Nachbau fehlt, ist die Kabelspirale wie am Original.

Habe die IBM Tastatur letztens noch in der Hand gehabt, weil ich den Keller etwas ausmisten bzw. aufräumen wollte. Tja noch habe ich eine IBM Tastatur mit DIN Anschluss im Keller liegen, bin mir aber noch nicht schlüssig, was ich damit mache.

Nur für den Fall, falls du ein Original IBM Exemplar testen möchtest, ich kann dir da noch was zukommen lassen.:D

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Igor Wallossek

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10,956 Kommentare 20,779 Likes

Bitte lies die Intro, es ist quasi immer noch das Original. Sind ja auch die gleichen Gene. Spiralkabel ist auf dem Schreibtisch ein totales Auschlusskriterium für mich, das muss heutzutage echt nicht mehr sein. Und Steckerkaskaden von DIN auf PS/2 auf USB sind auch nicht wirklich nice :D

Ich habe selbst zwei M besessen, eine von deutlich vor 1990 und eine abgespeckte von Lexmark. Das habe ich alles in einem sinnlosen Anfall von Aufräumeritis in den frühen 2000ern entsorgt, das muss so 2005 oder 2006 bei einem Umzug gewesen sein. Ich hatte damals aufgehört zu rauchen und alles, was irgendwie nach Rauch müffelte, freudig über den Jordan gewuppt... ;D

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echolot

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1,202 Kommentare 944 Likes
Arnonymious

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Was die Aufstellfüße angeht, wäre das doch was, was dir Druckerobertester @Tim Kutzner als zwei Komponenten Projektchen drucken könnte, @Igor Wallossek .
Dann sieht das nicht so gefrickelt aus als wenn man da nur einfach was anklebt.

Mein Vater hat immer noch seine alte M im Einsatz und ist nach wie vor happy mit dem Teil, einziger Kritikpunkt ist die notwendige "Adapterkette". Ich habe selbst auch mal mit nem Nachnau geliebäugelt, aber die Tastatur ist im geteiltwn Arbeitszimmer zu laut für ein friedliches Miteinander.

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Q
QuFu

Veteran

165 Kommentare 53 Likes

Ich hab hier noch das kompaktere Model M2 rumliegen, gabs damals zu meinem ersten PC dazu, sogar schon mit PS2 Stecker, funktioniert auch noch. So schön, wie sich es tippt, aber das Teil ist eine echte akustische Foltermaschine. Etwaigen Mitmenschen geht man damit gehörig auf den Senkel. ;-)

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eastcoast_pete

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Eine Unicomp Model M (in QWERTY) ziert sein 4 Jahren auch meinen Schreibtisch. Die ist jetzt mein "daily driver". Kommt der originalen IBM PS/2 Tastatur, die ich als Maß der Dinge ansehe, einigermaßen nahe. Die IBM ist meine Messlatte, wenn's um Keyboards zum Schreiben geht. Gehäuse aus Alu Druckguss, tolles Schreibgefühl, klickt befriedigend laut 😁, und eben unten der Kleber dran mit "Made for IBM by Lexmark in Lexington, KY" - denn so (Auftragsfertigung) hat Lexmark ja mal angefangen. Heutzutage wird sie allerdings nur hin und wieder mal rausgenommen um als Referenz für etwaige Kandidaten für meine tägliche Tastatur zu dienen.

Und, zum Thema diabetische Neuropathie: Ich hoffe, daß Du (@Igor Wallossek ) einen guten Endokrinologen hast, der sich mit Dir um Deinen Blutzucker kümmert. Wenn es Typ 2 Diabetes ist: die neuen GLP-1 Agonisten (semaglutide bzw tirzepatide) haben die Behandlung davon schon - muss man so sagen - revolutioniert.

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eastcoast_pete

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1,901 Kommentare 1,192 Likes

Dafür hören die dann auch, daß man gerade arbeitet und nicht gestört werden will 😀.

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FfFCMAD

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766 Kommentare 234 Likes

@Igor: in Zwischen gibt es auch nachbauten für den Vorgänger, der noch etwas mehr Schreibkomfort bietet. Die Model F hat ja noch mal wesentlich bessere Tasten als die originale M. (Kapazitiv)

Bei dem IBM Tastaturen gibt es einen großen Vorteil, den die meisten modernen Tastaturen nicht haben: bessere Ergonomie. Das kann man auch schon auf einem deiner Bilder sehen. Die Model F und Model M waren extrem gut durchgedacht, da steckten damals schon viele Jahre Know How und echte Ingenieursarbeit dahinter.

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a
andimo

Neuling

6 Kommentare 2 Likes

Mein Senf zu der Unicomp Model M
Klasse Schreibgefühl, aber auf lange Zeit kein gutes Produkt.
Die Metallplatte im Inneren, auf der die Tastaturfolien am Gehäuse fixiert sind wird mit Kunststoff-Schmelzniete (Schmelzzapfen?) fixiert. Das war ja schon beim Original so.
Wenn die Tastatur im Inneren irgendwann rasselt sind einige dieser Niete abgerissen. Sind es zu viele, dann ist eine Eingabe nicht mehr möglich.
Die Reparatur kann mit kleinen Schrauben erfolgen. Man bohrt zuerst in die Reste der Niete ein kleines Loch (<1mm) und schraubt eine ebenso kleine Schraube mit Unterlegscheibe ein. Etwas nervig, aber möglich.
Meine Vermutung ist dass Unicomp zu spröden Kunststoff verwendet. Bei mir lösten sich die Ersten schon nach wenigen Monaten

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echolot

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1,202 Kommentare 944 Likes

Aber bitte nicht für den Alltag. Da gibt es besseres.

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eastcoast_pete

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1,901 Kommentare 1,192 Likes

Mein Unicomp tut zwar nach ca. 2 Jahren noch ohne Probleme, aber die Information ist willkommen. Die hebe ich mir mal auf, falls das Keyboard die Rasselitis entwickelt.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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