Wenn etwas nach Essig riecht (es aber nicht sollte)
Beginnen wir zuächst erst einmal mit dem Essiggeruch. Denn eigentlich ist meine Nase immer noch geschwollen und krankheitsbedingt auch ein gutes, geschlossenes Bollwerk gegen üble Gerüche. Ihr wisst ja auch, dass ich die Pasten vorm eigentlichen Testen erst einmal auf 400 µm leicht zusammendrücke und dann gründlich bis 100 °C aufheize. Denn das muss jede Paste abkönnen und ich entferne damit auch gleich noch mögliche Feuchtigkeitseinflüsse und -Einschlüse.
Die Paste besitzt eine normale Konsistenz, hinterließ aber beim Verteilen einen leicht elastischen Eindruck, Was mich überraschte, waren die sehr gute Haftung auf den glatten Testkörpern und das recht abrupte Abreißen beim Verstreich-Test. Das allein ließ schon daruf schließen, dass es sich nicht um eines der normalerweise üblichen Silikonöle handeln konnte. Irgendetwas war anders und genau so etwas hebt ja die Spannungskurve des Testenden enorm. Das mit dem Abziehen ging gut und leicht, aber dann setzte der “Bis hierher aber nicht weiter”-Effekt ein. Der Begriff Gummi-artig könnte es auch recht gut umschreiben. Im Prinzip kann das aber sogar vorteilhaft sein.
Partikelmäßig ist eigentlich alles im grünen Bereich. Unterhalb der Oberfläche findet man zwar noch etwas größere Partikel bis ca. 10 µm, aber die sind mehr als selten. Hier hat man eine relativ ordentliche Befüllung verwendet. Das stimmt mich dann etwas milder.
Naja, und dann kam das mit der Essig-Note im Geruchsfinder. Ein Essiggeruch in einer Wärmeleitpaste weist in der Regel darauf hin, dass die Paste auch Acetoxy-Silikon enthält. Dort gibt es Silizium-Atome, die mit Acetoxygruppen verbunden sind (Acetoxygruppen enthalten Essigsäure). Wenn dieses Silikon mit Feuchtigkeit in der Luft in Kontakt kommt, findet eine chemische Reaktion statt, bei der die Acetoxygruppen gespalten werden und Essigsäure freigesetzt wird. Hitze kann diesen Vorgang beschleunigen und wir kennen das z.B. als Fugensilikon im Sanitärbereich.
Dies ist ein häufiges Phänomen bei sehr günstigen Wärmeleitpasten auf Silikonbasis, wo bei der Aushärtung Essigsäure freisetzt, was wiederum den charakteristischen Essiggeruch verursacht. Diese Freisetzung von Essigsäure ist der Schlüssel, um die Vernetzungsreaktion zu starten, die dazu führt, dass das Silikon von einer pastösen in eine feste, order zumindest leicht gummiartige Form übergeht. Die Essigsäure hilft also dabei, das Silikon zu härten bzw. zu verfestigen und seine mechanischen Eigenschaften zu verbessern. Doch kann man das bei einer Wärmeleitpaste wirklich brauchen? Betrachten wir mal die Zunahme der BLT, ab rund 70 °C begann dann auch der starke Essiggeruch…
Und was ist mit den Konsequenzen? Die Paste könnte schneller beginnen auszuhärten, insbesondere wenn sie in einer Umgebung mit Luftfeuchtigkeit oder Wärme verwendet wird. Dies kann die thermische Effizienz verringern, da die Paste ihre Flexibilität verliert. Essigsäure kann in seltenen Fällen in Kontakt mit bestimmten Metallen (wie Kupfer oder Aluminium) leichte Korrosion verursachen, was aber langfristig durchaus problematisch sein könnte, insbesondere in empfindlichen elektronischen Geräten. Ein solcher Essiggeruch könnte damit auch auf eine minderwertige Qualität des Silikons der Wärmeleitpaste hinweisen, da hochwertigere Produkte oft keine derartigen Nebenwirkungen haben. Das Sicherheitsdatenblatt stimmt im Hinblick auf das enthaltene Aluminiumoxid durchau unds auch das mit dem Silikon ist erst einmal korrekt:
Der sehr hohe Kohlenstoffanteil ist eigentlich exemplarisch für das Vermutete. Ich bin kein Chemiker aber zumindest meinem Verständnis nach besteht das Acetoxy-Silikon hauptsächlich aus einer Polysiloxan-Kette (Silizium-Sauerstoff-Ketten), an die organische Gruppen wie Methylgruppen (CH₃) gebunden sind. Während der Aushärtung erfolgt dann die Abspaltung von Essigsäure, die aus den Acetoxygruppen stammt, und das Silikon vernetzt sich zu einer festen, elastischen Struktur. Was übrigens nach bereits einem Zyklus dazu führte, dass es zu einer ziemlich festen Verbindung zwischen des Testkörpern kam, die sich nur mit etwas Kraftaufwand wieder lösen ließ. Das Zeug war wie eine viskoelastische Gummischicht und auch nicht mehr wirklich streichfähig.
Auf den nächsten beiden Seiten findet Ihr jetzt noch den Einzeltest und die 1:1 Vergleichsmöglichkeit mit den anderen bisher getesteten Pasten. Am Schluss gibt es dann noch eine kurze Zusammenfassung, aber soweit sind wir hier jetzt noch nicht.
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