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Wärmeleitpasten-Skandal bei Grafikkarten? Die Hotspot-Probleme auf den Karten verschiedener Hersteller haben eine gemeinsame Ursache: Gier

Testergebnisse und merkwürdige Anomalien

Ich habe die Materialprobe in den TIMA5 gepackt und harre nun der Dinge, die da jetzt gleich kommen werden. Anhand der ganzen Reviews zu dieser Karte (war wissen ja auch, was die Gallardo nach meinem Re-Paste ablieferte) ist zu vermuten, dass die verwendete Originalpaste über eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit, also einen sehr niedrigen Wärmewiderstand verfügen muss. Wie gut das ausfällt, muss nun der Test zeigen.  Im Bild unten sehen wir die Paste, die bereits nach kurzer Zeit und ohne Fremdeinwirkung anfängt, selbständig zu verlaufen und herunter zu tropfen. So etwas habe ich bisher echt noch nicht erlebt.

Betrachten wir die Erstanalyse meiner Messungen bei 60 °C Pastentemperatur als TIMA-Zusammenfassung. Wie immer teste ich stets verschiedene Schichtstärken der Paste, beginnend bei 400 µm und danach jeweils in 25-µm-Schritten abwärts bis 25 µm. So auch hier. Wir sehen anhand der grünen Punkte für den Wärmewiderstand eine sehr lineare Kurve, was in dieser Form auch ideal ist. Danach teste ich in einem Durchlauf bei 60 PSI (41 N), wie weit sich die Paste noch zusammendrücken lässt, um bereits an dieser Stelle auf die ungefähre Partikelgröße der Füllstoffe schließen zu können, weil bei diesem Druck die Matrix bereits mehr oder weniger ausschließen kann. Allerding war hier bei rund 16 bis 20 µm Schluss. Ordentliche Pasten liegen jedoch bei 10 oder deutlich weniger µm.  Das zeigt sich auch in der Anomalie des Wärmewiderstandes, der nicht mehr auf der Linie liegt.

Da bin ich bereits stutzig geworden, denn normal ist das in dieser Form eigentlich nicht. Aber ich kann ja den TIMA5 quasi zum Presswerk machen und den Druck noch deutlich erhöhen. Allerdings sollte ich das nicht zu oft machen, um mir die Oberfläche der Prüfkörper nicht zu ruinieren. Bei ca. 300 N auf den einen cm² ging es dann doch noch etwas weiter, um bei rund 5 µm zu enden. Ich habe den Körper noch einmal auf rund 100 µm hochgefahren und dann wieder abgesenkt, ohne noch einmal auf die zuvor schon einmal überwundene Barriere zu stoßen. Ein Zweitversuch mit an der Seite zuvor herausgedrückter Paste stoppte dann wieder bei den bereits bekannten 16 bis 20 µm. Das habe ich dann aber abgebrochen, um die Technik (Oberflächen) zu schonen. Der TIMA5 ist ja schließlich keine Kaffeemühle und schon gar kein Mörser.

Die Bulk-Wärmeleitfähigkeit von ca. 4.6 W/(m·K) ist überragend, auch der Interface Widerstand von rund 5 mm²K/W ist erfreulich, aber leider viel zu niedrig, um normal zu sein. Ab 7 mm²K/W wären normal, das hier ist aber ebenfalls bereits arg verdächtig, weil es noch unterhalb des PCM liegt.

Jetzt habe ich noch die einzelnen Bewertungen als Grafiken für Euch, die dieser Paste im Anfangsstadium der Nutzung noch sehr gute bis überdurchschnittliche Werte bescheinigen. Aber auch der Wärmewiderstand liegt bis rund 135 µm noch unter dem der hervorragenden, aber bereits sehr viskosen Thermalright TF8, um dann jedoch bei steigender Schichtstärke deutlicher anzusteigen, was ebenfalls sehr verdächtig ist:

Die daraus resultierende, effektive Wärmeleitfähigkeit weist die gleiche Anomalie auf, wo dieser Wert bei steigender Schichtdicke plötzlich deutlich weniger ansteigt. Das wiederum ist in dieser Form nicht normal und erfordert noch weitere Untersuchungen.

Genau das mache ich nun und zeige Euch das Resultat nach dem Umblättern…

Kommentar

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Falcon

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Es kann doch nicht so schwer sein zumindest bei GPU´s der >1000€ Klasse gleich ein Phasenwechselpad zu verwenden.🤦‍♂️

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RedF

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Die Paste Troknet auf dem Objekträger an? Haben die Lösemittel da rein gepanscht?
Wäre praktisch, da muss man den Kühler vorher nicht vom Prozessöl befreien^^ Auweia.

Edit:
Der fehlende Kohlenstoff in der LIBS spricht eigentlich dagegen, aber für sowas ist LIBS nicht gemacht und du hast es abdampfen lassen.

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Igor Wallossek

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Ja, das ist reichlich strange. Leider kann ich keine organischen Verbindungen im Detail analysieren und so fix, wie sich das auf der Oberfläche verzieht, bin ich eh nicht mehr. :D

Ich hatte mal eine TF8 mit etwas mehr Silikonöl, feinstem Bornitrit (hatte nichts anderes) und etwas Xylol versetzt und dann länger verrührt. Da kommt haptisch und verdunstungstechnisch in etwa der gleiche Pamps raus. :D

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anton_

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es gibt auch flüchtige Siloxane. hätt ich da in meiner Silikonöl Sammlung

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RedF

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Danke : ) Bei Silikonöl habe ich kaum bis keine erfahrung. Kurze Ketten sollten ja reichen um flüchtig zu sein.

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anton_

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114 Kommentare 38 Likes

Ich mach zum Teil Geld mit Kosmetika Grundstoffen, da sind die gar nicht so selten. sind dünnflüssige (Wasserkonsistenz) Methylsiloxane. zum Teil sogar dann brennbar.

Ich hab diverse Silikonöle von dünn bis fast Honigkonsistenz , für "Kosmetische" Gleitmittel :D

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Ghoster52

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OmG, da hab ich mit meinen alten GB Karten noch richtig Glück gehabt, 🤪
da hab ich die eingetrocknete Pampe erst nach 3-5 Jahren wechseln müssen.
War aber immer das selbe (graue) Bröselzeug, am schnellsten ging es bei der 1080.
Die 3090 FE hatte ja ab Werk ein Pad-Problem.

Ich könnte es ja bei einem 20€ Kühler verstehen, wenn man minderwertige Pampe dazu bekommt.
Hier geht es um Karten für 1000 -2000 €, sozusagen die obere Fahnenstange und dann wird so ein Mist abgeliefert.
Ohne Schutzschaltungen wären diese Karten im GraKa Himmel... :poop:

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echolot

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Ich gehe mal stark davon aus, dass das den Herstellern so nicht bekannt ist. Hat ja auch noch niemand so richtig untersucht. Das ist ein komplett unterschätztes Thema. Jeder schaut nur auf die Lüfter, Drehzahlen und die Kühlerausführung. Wenn Igor hier etwas angestoßen hat, dann hat sich der Artikel schon gelohnt. Bleib bitte dran!

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eastcoast_pete

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1,706 Kommentare 1,043 Likes

Ist es auch nicht. Wenn wenigstens einer der dGPU Herstellern (Boardpartner) aufwachen würde und erkennt, daß sie sich so (Verwendung von Phasenwechselpads) von den anderen Anbietern differenzieren könnten, passiert es vielleicht auch. Gerade bei teureren GPUs wären solche inneren Werte doch für einige von uns viel attraktiver als wenn die Karte mit Kriegsbemalung und Weihnachtsbaum Beleuchtung daherkommt, und dann aber so eine schlechte Billigpampe mit vorprogrammiertem Versagen auf der GPU hat.

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Igor Wallossek

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Bei Powercolor und XFX wird mittlerweile sogar aggressiv mit diesen Pads geworben. :)

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RedF

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Endlich ist es angekommen.

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Phelan

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Ich erwarte bei jeder Grafikkarte ab 1€ das die WLP zumindest den angegebenen Garantiezeitraum von 2,3,5 Jahren überlebt. Egal wie es der Hesteller dann technisch umsetzt.
Phasenwechselpads kann man mit Sicherheit genauso auf rotz billig "optimieren"

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Igor Wallossek

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10,510 Kommentare 19,696 Likes

Das Teil für eine RTX 4080 kostet in diesen Stückzahlen keine 0,15 USD, aber die Billig-Paste liegt nun mal bei rund 0,005 USD :D

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c
cunhell

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Naja, die Kosten nicht vergessen, die einer kostet, der den Käufern klar macht, dass 115°C in Ordnung sind.
Aber kann ja auch noch andere Ausreden lernen. ;)

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Phelan

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Ok, das sprengt natürlich die Marge ;-)

PS: Hab halt noch nie in einer Graka nachträglich die WLP/Pads auswechseln müssen... und die 1070 war 6 Jahre jeden Tag mehrere Stunden unter Last. Ich habe über 10 Jahre eine TNN300 Passivegehäuse zum Daddeln benutzt und das ging auch mit 1x WLP auftragen die auch nach 10 Jahren nicht ausgetrocknet war.

Da bekomm ich VW Flashbacks, wo Ein BWLer vorgerechnet hat, den Schlüsselrings am Autoschlüssen wegzulassern natürlich nur 1 Cent spart aber VW ja 5 mio Autosschlüssel pro Jahr ausliefert.

Dies Kosten der 0,1% generften Autokäufer die beim Suppord anrufen sind vermulich bereits höher ... aber iss ja ne andere Abteilung.

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Igor Wallossek

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Das regelt doch die Schutzschaltung der Grafikkarte :D

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Phelan

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203 Kommentare 180 Likes

Aber schön zu sehen das solchen Problemen nachgegangen wird obwohl die Hersteller ja selber ein Interesse daran haben sollten. Wenigstens weis man als Anwender moderner GRafikkarten zuminst, wo man hinschauen muss wenn die GPU mit Hitzewallungen schwächelt.

2 Fragen:
Technisch würde es aber schon gehen auch 400W Grafikkarten mit WLP oder Phasenwechselpad zu bauen die mindestens 2 Jahre intensive Nutzung durchstehen? Oder sagt die Physik hier einfach nein?
Sind gute Phasenwechselpad langlebiger als gute WLP?

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Wie jetzt?

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Oh, das mit der TIMA5 wird da jetzt aber für sehr viele ein sehr lauter Weckruf. Bisher war diese Lumperei nur eine durch diverse Beispiele gespeiste Vermutung, aber jetzt, mit lückenloser Beweiskette? Ich bin auch auf die Tests von Pads und Putty gespannt. Das Thema effiziente und langlebige Wärmeableitung wird in Zukunft sicher nicht kleiner werden.

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Pokerclock

Veteran

494 Kommentare 427 Likes

Aktuell ist die Sachlage recht frustrierend. Mein Interesse als jemand, der mit den Grafikkarten Geld verdient, ist Stabilität und vor allem keine zeit- und damit kostenintensiven Nacharbeiten alle 9 bis 12 Monate.

Pasten trocknen zu schnell aus, egal welche.

Pads zerreißen auf Dauer durch die Warm-Kalt-Zyklen.

Aktuell gibt es keine Lösung, außer eben alle 9 bis 12 Monate wechseln. Das beißt sich aber mit den Garantiebestimmungen, wenn man es selbst macht. Währenddessen werden RMA abgewiegelt und dauern, selbst wenn es als Fehler akzeptiert werden würde, teils 4 bis 6 Wochen weil einmal Asien und zurück.

Wie geschrieben, absolut frustrierend die Situation.

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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