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Thermal Grizzly Kryonaut vs. Paste X (Vorserie) im Wärmeleitpasten-Test: Wachablösung nach 10 Jahren?

Mikroskopie und Materialanalyse

Es ist sehr interessant zu beobachten, wie sich eine Paste verstreichen lässt und wann sie auf dem Glasträger de facto auf- und abreißt, denn es lässt auch Schlüsse auf die Mischung zu. Aber bereits die Farbe zeigt den Unterschied zwischen der Kryonaut (hell) und der Paste X (dunkler) ziemlich deutlich.

Die Kryonaut muss ich gar nicht stark vergrößern, denn wir sehen fast schon eine Flüssigkeit, die überall haftet und die sich sehr dünn verstreichen lässt. Das ist sicher ein Teil des Erfolges dieser Paste, denn der Skill-Level für einen optimalen Auftrag ist hier recht niedrig anzusetzen.

Thermal Grizzly Kryonaut

Die Paste X ist da schon deutlich viskoser, aber auch sie haftet noch recht gut. Hier hat Thermal Grizzly erneut einen akzeptablen Kompromiss gefunden, der zwar nicht an die Thermalright TF8 heranreicht, aber die Handhabung deutlich einfacher gestaltet. Und wenn wir uns erinnern: die Unterschiede zwischen Paste X und der TF8 sind sehr klein. Der direkte Mitbewerber wäre somit z.B. eher die Corsair XTM70, die aber preislich eher unattraktiv ist.

Thermal Grizzly Paste X

Die Gefahr des Ausgasens bzw. Ausblutens der Silikonbasis ist bei der Paste X eher zweitranging. Bei der Kryonaut hingegen sehe ich da eine aber eher Haltbarkeit von 9 bis 12 Monaten, bevor die Degradation spürbar wird, was aber auch vom Nutzerprofil und damit den Zyklen abhängt. Der Blick auf die vergrößerte Paste zeigt ein Meer feinster Nano-Partikel und einige etwas größere Partikel. Der kleinere “Haufen” aus Aluminium-Oxid mit 15 µm ist daher nur ein kleiner Lapsus beim Mischen, nur richtig homogen wird man das eh kaum hinbekommen. Das verdrückt sich aber und ist damit nur eine Randerscheinung.

Thermal Grizzly Kryonaut

Die Paste X  enthält deutlich mehr Aluminium-Oxid und ist generell nicht so “schleimig”. Wir sehen zudem viele Nanopartikel (bzw. sehen sie nicht, weil sie zu fein sind und sich in der Matrix verstecken).

Thermal Grizzly Paste X

Schauen wir nun einmal genauer hin, was eigentlich drin ist, bzw. was nicht. Die Paste enthält neben dem ganzen Silikon als Matrix noch einige Füllstoffe, überwiegend sehr feines Zink-Oxid und etwas weniger Aluminium-Oxid. Der Aluminium-Oxid-Anteil ist niedriger, aber immer noch ausreichend. Man nutzt das ZnO primär als Lückenfüller zwischen den etwas größeren (und auch härteren) Al2O3-Körnchen. Die Paste wird dadurch fluid, also flutschig.

Thermal Grizzly Kryonaut

Die Paste X ist da komplett anders gestaltet. denn wir sehen bei diesmal gleicher Auflösung eine komplett andere Struktur mit sehr vielen Partikeln und überwiegend Aluminium-Oxid. Der Zinkanteil ist deutlich niedriger.

Testequipment für die Materialtests, Genauigkeit und Testvorbereitung

Die Materialprüfung und Vermessung der Pasten und Pads übernimmt mein Keyence VHX 7000 samt EA-300. Damit sind sowohl exakte Messungen als auch recht genaue Massenermittlungen der chemischen Elemente möglich. Doch wie funktioniert das eigentlich? Die von mir für den Artikel genutzte Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie (LIBS) ist eine Art Atomemissions-Spektroskopie, bei der ein gepulster Laser auf eine Probe gerichtet wird, um einen kleinen Teil davon zu verdampfen und so ein Plasma zu erzeugen.

Die emittierte Strahlung aus diesem Plasma wird dann analysiert, um die Elementzusammensetzung der Probe zu bestimmen. LIBS hat viele Vorteile gegenüber anderen analytischen Techniken. Da nur eine winzige Menge der Probe für die Analyse benötigt wird, ist der Schaden an der Probe minimal. Der richtige Schaden entsteht im heutigen Artikel vorher durch meine eher groben Schneid- und Trennwerkzeuge. Diese noch recht neue Laser-Technik erfordert im Allgemeinen keine spezielle Vorbereitung der Proben für die Materialanalyse. Sogar Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase können direkt analysiert werden.

LIBS kann mehrere Elemente gleichzeitig in einer Probe detektieren und kann für eine Vielzahl von Proben verwendet werden, einschließlich biologischer, metallischer, mineralischer und anderer Materialien. Und man erhält eine wirkliche Echtzeit-Analyse, was enorm Zeit spart. Da LIBS im Allgemeinen keine Verbrauchsmaterialien oder gefährlichen Reagenzien benötigt, ist es auch eine relativ sichere Technik, die zudem kein Vakuum wie beim REM + EDX benötigt. Wie bei jeder Analysetechnik gibt es auch bei LIBS natürlich gewisse Einschränkungen und Herausforderungen, aber in vielen meiner Anwendungen, insbesondere wenn Geschwindigkeit, Vielseitigkeit und minimalinvasive Probenentnahme von Vorteil sind, bietet es deutliche Vorteile.

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Ergebnisse der Anteile in den Übersichten und Tabellen absichtlich auf volle Prozent (wt%, also Gewichtsprozent) gerundet wurden, da es oft genug vorkommt, dass sogar innerhalb des vermutlich gleichen Materials Produktionsschwankungen vorkommen können. Untersuchungen im Promillebereich sind zwar nett, aber heute nicht zielführend, wenn es um eine sichere Auswertung und nicht um Spurenelemente geht. Allerdings beginnt jeder Tag im Labor mit der gleichen Prozedur, denn wenn ich anfange, arbeite ich zuvor eine Checkliste ab, die ich mir erstellt habe. Das dauert jedes Mal bis zu 30 Minuten, wobei ich ja eh auf das Erwärmen des Lasers und die richtige Raumtemperatur warten muss.

  • Mechanische Kalibrierung des X/Y Tisches und der Kameraausrichtung (z.B. fürs Stitchen)
  • Weißabgleich der Kamera für alle genutzten Beleuchtungskörper
  • Ausrichtung von LIBS-Optik und Normalobjektiv prüfen, Ausrichtung des Lasers zur eigenen Optik kalibrieren (x300)
  • Standard-Samples der zu messenden Materialien probetesten und ggf. Kurve korrigieren (siehe Bild oben)

 

Kommentar

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echolot

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Na da wird sich der Roman aber freuen. Fast gleichauf mit dem Spitzenreiter. In Kombi mit X-Apply und wenn der Preis stimmen sollte, nimmt man doch gerne die nationalen Produkte. Wann soll es denn soweit sein?

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eastcoast_pete

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1,704 Kommentare 1,041 Likes

@Igor Wallossek : wenn die neue Paste von TG dann offiziell erscheint, würde mich ein Interview von Dir mit Roman zum Thema "so haben wir die neue Paste entwickelt" interessieren. So ein Gespräch wäre doch interessant! Wobei mir auch klar ist, daß er genügend Geschäftsgeheimnisse für sich behalten muß, daß es nicht gleich jeder nachmachen kann. Aber, fragen kann ich ja mal 😄.

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Igor Wallossek

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Ich habe aber nichts entwickelt, ich bin nur die finale Messinstanz. An dieser Paste selbst habe ich also null Anteil. Aber sie ist gelungen. :)

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Gregor Kacknoob

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Richtig gutes Zeug. Aber die Preise ... :S

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Igor Wallossek

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Ich denke mal, wenn er mit 5 Euro/g einsteigt, ist das durchaus ok. Gern weniger. Falls sie selbst herstellen (er baut ja gerade in DE was auf) fallen ja die OEM-Kosten weg.

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ipat66

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1,427 Kommentare 1,447 Likes

Wir sagen hier in Frankreich des öfteren : „les inconvénients des avantages“
Situationsbedingt oder Objektbezogen meinen wir damit: „Hat die Vorteile ihrer Kehrseite“.

Mir sind langlebige und konstant abliefernde Pasten lieber, als ein kurzer Moment der Freude der ersten Benchmarkergebnisse.
Wenn ich dann demnächst zum Ende meiner AMD4 Plattform, einen 3DProzessor einbauen werde, kommt da keine „Silikonpaste“ drauf.

Da ist es doch kein Problem, die Paste einmal durch das Wasserbad zu ziehen, damit das Auftragen keine Probleme bereitet.
Bin gespannt auf die weiteren Testreihen.

Danke Igor :)

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RazielNoir

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Nach den durchaus interessanten Test's würde mich mal interessieren, wie sich Igor die ideale Paste vorstellen würde, wenn er selber in den Markt wie Roman einsteigen wöllte.

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Igor Wallossek

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Als einfach zu applizierendes Pad mit einem haltbaren Polymer... :)

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RazielNoir

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Das dachte ich mir... Für CPU/GPU....
Schluss mit der Pamperei

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Ifalna

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Amen. Kann dem kurzzeitigen Pasten-Benchmarkhype nichts abgewinnen.
Pampe drauf, fire and forget.

Hat mit meiner Noctua Paste beim 3570K 10 Jahre lang funktioniert. :'D

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Igor Wallossek

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Die Polymere sind mittlerweile richtig fortgeschritten, da muss mal was passieren. Solche Pads passen auch nicht immer, vor allem nicht auf kleinere und/oder gekrümte Flächen. Aber bei GPU oder CPU sehe ich eher Pads im Kommen. Ohne Paste wirds nicht gehen, aber das Desaster, wie auf den Grafikkarten, ist ein NoGo

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RazielNoir

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446 Kommentare 205 Likes

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Ich hätte diese 3 für einen Test zur Verfügung gestellt. Problem allerdings: es waren beigaben zu CPU-Kühlern, alle lagern mindestens 3 Jahre bei mir. Wenn es trotzdem interessant ist brauche ich nur noch eine Adresse

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RedF

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RazielNoir

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Manchmal ist der eigene biologische Rechner auch von Ausfällen geschlagen. :rolleyes::sneaky:

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RedF

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4,896 Kommentare 2,724 Likes

Ja hohe Temperaturen ^^

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RazielNoir

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Eben. Kühlung ist da alles ....
Kühlwasser und ein etwas dickeres Wärmeleitpad ;)

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RazielNoir

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446 Kommentare 205 Likes

Versandtasche ist kommentarlos unterwegs

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Igor Wallossek

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Ich muss wirklich erst mal die neuen Pasten testen. ROI und so 😉

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olligo

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Ich hoffe Roman handelt endlich mal einen Deal mit den ganzen Herstellern der Grafikkarten aus, damit diese minderwertige Paste endlich mal unter den ganzen Kühlkörpern der Grafikkarten verschwindet!
@der8auer sollten wir nicht auch in diesem Bereich endlich mal das nächste Level der "Evolution" erreichen?

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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