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Thermalright TF8 Wärmeleitpaste im Test – Neuer Spitzenreiter an der Grenze des Machbaren

Mikroskopie und Materialanalyse

Es ist sehr interessant zu beobachten, wie sich eine Paste verstreichen lässt und wann sie auf dem Glasträger de facto auf- und abreißt, denn es lässt auch Schlüsse auf die Mischung zu. Man sieht, dass die TF8 zwar akzeptabel haftet, aber sich nicht endlos dünn abziehen lässt, ohne abzureißen. Die Absätze sind wegen der Viskosität relativ hoch, dafür zieht die Paste kaum eklige Fäden. Das ist etwas, was an ihrer Zusammensetzung liegen dürfte, denn es ist eine ziemlich “trockene” Mischung aus sehr vielen wärmeleitenden Füllstoffen und etwas weniger Silikon (Polysiloxane). Die finale Konsistenz wird somit überwiegend durch die Füllstoffe erreicht. Man könnte auch auf eine festere Matrix und dafür weniger Füllstoffen setzen, um die Paste anzudicken, aber dann hat man eine niedrigere Performance.

Die Gefahr des Ausgasens bzw. Ausblutens der Silikonbasis ist hier wohl eher zweitranging. An dieser Stelle habe ich auch etwas weniger Bedenken, was die Langzeithaltbarkeit bei hohen Temperaturen betrifft. Man wird zwar sehen müssen, wie gut das alles noch nach 6 bis 9 Monaten performt, aber ich bin da recht guter Hoffnung.

Man hat hier sehr unterschiedlich hohe Mahlgrade verwendet, was sich an den Partikelgrößen äußert. Das geht von Nano-Bereich bis hin zu wenigen Partikeln mit bis zu 3 µm, was dann auch erklärt, wieso sich die Paste nicht endlos dünn zusammenquetschen lässt.

Schauen wir nun einmal genauer hin, was eigentlich drin ist, bzw. was nicht. Die Paste enthält sehr viele Füllstoffe, überwiegend sehr feines Aluminium-Oxid. Der Zinkoxid-Anteil ist deutlich niedriger, aber immer noch ausreichend. Man nutzt das ZnO primär als Lückenfüller zwischen den etwas größeren (und auch härteren) Al2O3-Körnchen. Die Paste profitiert also von ihrer Viskosität und man muss beim Applizieren genau diese Umstände mit berücksichtigen. Aber es ist durchaus machbar.

Testequipment für die Materialtests, Genauigkeit und Testvorbereitung

Die Materialprüfung und Vermessung der Pasten und Pads übernimmt mein Keyence VHX 7000 samt EA-300. Damit sind sowohl exakte Messungen als auch recht genaue Massenermittlungen der chemischen Elemente möglich. Doch wie funktioniert das eigentlich? Die von mir für den Artikel genutzte Laser-induzierte Breakdown-Spektroskopie (LIBS) ist eine Art Atomemissions-Spektroskopie, bei der ein gepulster Laser auf eine Probe gerichtet wird, um einen kleinen Teil davon zu verdampfen und so ein Plasma zu erzeugen.

Die emittierte Strahlung aus diesem Plasma wird dann analysiert, um die Elementzusammensetzung der Probe zu bestimmen. LIBS hat viele Vorteile gegenüber anderen analytischen Techniken. Da nur eine winzige Menge der Probe für die Analyse benötigt wird, ist der Schaden an der Probe minimal. Der richtige Schaden entsteht im heutigen Artikel vorher durch meine eher groben Schneid- und Trennwerkzeuge. Diese noch recht neue Laser-Technik erfordert im Allgemeinen keine spezielle Vorbereitung der Proben für die Materialanalyse. Sogar Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase können direkt analysiert werden.

LIBS kann mehrere Elemente gleichzeitig in einer Probe detektieren und kann für eine Vielzahl von Proben verwendet werden, einschließlich biologischer, metallischer, mineralischer und anderer Materialien. Und man erhält eine wirkliche Echtzeit-Analyse, was enorm Zeit spart. Da LIBS im Allgemeinen keine Verbrauchsmaterialien oder gefährlichen Reagenzien benötigt, ist es auch eine relativ sichere Technik, die zudem kein Vakuum wie beim REM + EDX benötigt. Wie bei jeder Analysetechnik gibt es auch bei LIBS natürlich gewisse Einschränkungen und Herausforderungen, aber in vielen meiner Anwendungen, insbesondere wenn Geschwindigkeit, Vielseitigkeit und minimalinvasive Probenentnahme von Vorteil sind, bietet es deutliche Vorteile.

Ich möchte zunächst darauf hinweisen, dass die Ergebnisse der Anteile in den Übersichten und Tabellen absichtlich auf volle Prozent (wt%, also Gewichtsprozent) gerundet wurden, da es oft genug vorkommt, dass sogar innerhalb des vermutlich gleichen Materials Produktionsschwankungen vorkommen können. Untersuchungen im Promillebereich sind zwar nett, aber heute nicht zielführend, wenn es um eine sichere Auswertung und nicht um Spurenelemente geht. Allerdings beginnt jeder Tag im Labor mit der gleichen Prozedur, denn wenn ich anfange, arbeite ich zuvor eine Checkliste ab, die ich mir erstellt habe. Das dauert jedes Mal bis zu 30 Minuten, wobei ich ja eh auf das Erwärmen des Lasers und die richtige Raumtemperatur warten muss.

  • Mechanische Kalibrierung des X/Y Tisches und der Kameraausrichtung (z.B. fürs Stitchen)
  • Weißabgleich der Kamera für alle genutzten Beleuchtungskörper
  • Ausrichtung von LIBS-Optik und Normalobjektiv prüfen, Ausrichtung des Lasers zur eigenen Optik kalibrieren (x300)
  • Standard-Samples der zu messenden Materialien probetesten und ggf. Kurve korrigieren (siehe Bild oben)

 

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RedF

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Habe davon auch noch hier. Ja, das verstreichen hat ne weile gedauert.
Die letzten produkte die ich von Thermal Right gekauft habe waren alle gut, gabs nix zu meckern.

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F
Falcon

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120 Kommentare 123 Likes

@Igor Wallossek
Eine Frage habe ich seit dem ersten Test.
Du bestimmst die minimal mögliche Schichtdicke, vergleichst aber die Pasten gegeneinander nur bis 50µm Schichtdicke runter.
Würden sich die Pasten nicht in einem realistischen Szenario, z.B. auf einer CPU nicht mit der Zeit bis auf ihre minimal mögliche Schichtdicke Zusammenpressen? Und wäre es so gesehen nicht sinnvoller auch die Daten bei Minimaler Schichtdicke mit zu Veröffentlichen?

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Igor Wallossek

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10,604 Kommentare 19,906 Likes

Ich teste die Pasten bis 25 µm, was man in der Praxis sowieso NIE erreicht. Alles unter 20 ist Käse, weil sich die Konsistenz der Paste ändern kann bzw. sich diese schon auflöst. Das sieht man ja auch am Verstreichtest bei der Materialanalyse. Anhand dieses Tests kann man aber auf die Beschaffenheit der Matrix, die Verfüllung und vor allem auch auf die Mahlgrade schließen.

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Wirf doch mal einen Blick auf den Wert unter 20 µm. Der hätte, um valide zu sein, linear direkt auf der Linie liegen MÜSSEN, wenn die Paste noch normal performen würde. Da er das aber nicht ist, verwende ich sowas nicht. Bei solchen Drücken würde es im realen Umfeld die CPU zerbröseln. Das ist bei jeder Paste so. Rechnet doch mal die 435N (60 Psi) bei einem cm² hoch auf die Fläche einer großen CPU oder GPU...
:D

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eastcoast_pete

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1,747 Kommentare 1,072 Likes

Fast am theoretisch (mit der Zusammensetzung) Machbaren - da kann man wirklich nicht meckern. Die Messwerte und die Grafiken dazu sind schon beeindruckend. Da die Thermalright TF8 dann trotzdem erschwinglich ist, geht das Preis/Leistungsverhältnis auch in Ordnung. Die TF8 merke ich mir mal. Auch wenn kein Silberoxid drin war 😁. Das würde ich sowieso lieber nicht mit bei haben, denn oxidiertes Silber ist eine starke Lewis Säure, und holt sich gerne die Elektronen von weniger edlen Metallen.

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echolot

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1,140 Kommentare 890 Likes

Aber jetzt mal Butter bei die Fische. Bin ja einiges gewohnt von den CPU Kühlern von Thermalright. Aber die TF8 steht jetzt da oben in der Rangliste und deklassiert die gesamte Cooling-Elite und das auch noch zu diesem Preis. Bitte weiter machen Igor. Ist ja spannender als die EM.

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eastcoast_pete

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1,747 Kommentare 1,072 Likes

Schöner Cartoon 👍🏻.

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Falcon

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120 Kommentare 123 Likes

Hab auch die Einführung der Tests nochmal genauer Gelesen und es endgültig kapiert.

Jetzt warte ich geduldig auf die Tests der PTM

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Eribaeri

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129 Kommentare 49 Likes

Guter Test!
Habe ich etwas überlesen? Wie schaut es aus mit der Langlebigkeit?

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RedF

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4,941 Kommentare 2,789 Likes

Ja, hast du überlesen. Die Langzeittest kann Igor nicht stemmen. Es wird dazu nur einschätzungen geben.
Bei dieser Paste stehen durch den hohen füllstoffanteil die zeichen gut für eine gute langlebigkeit.

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Tronado

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4,020 Kommentare 2,128 Likes

Danke Igor, dass du meine seit drei Jahren bevorzugte Paste geprüft hast und meinen sehr guten Eindruck der
Wärmeübertragung bestätigst. (y)

Die Befürchtungen zur nicht konsistenten Mischung teile ich nicht, da es bei einigen in den letzten ca. drei Jahren gebauten Rechnern immer hervorragende Ergebnisse gab, immer etwas besser als bei den gleich teuren oder teureren renommierten Pasten, deutlich besser als bei der Arctic MX4.
Ich denke mir, dass die chinesische Niederlassung von TR, der eventuelle frühere Produktionsstandort, zusammen mit dem Firmennamen, nach dem Niedergang von TR nach den umsatzstarken "Macho-Zeiten" bis 2016 sehr günstig aufgekauft werden konnte.

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MojoMC

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115 Kommentare 140 Likes

Unerwartetes Ergebnis - zumindest aus der Tube, die Igor vorliegt. Denn da hat er leider recht:
Die Urheberschaft ist auch bei den Kühlern nicht wirklich klar:
Der Shopname auf Amazon lautet zwar "THERMALRIGHT.EUR" (so eine URL gibt es nicht), der Name des Händlers aber "dongguanshihongshengfadianzikejiyouxiangongsi" aus Guangdong in Südchina.
Thermalright kommt ursprünglich aus Taiwan und hat afaik in Shanghai eine Dependance - das ist weit entfernt von Guangdong in Südchina.
Mit den "Adressdaten", die für den DE-Marketplace vom Verkäufer hinterlegt wurden, ist dann auch konsequenterweise auf "normale Weise" nix anzufangen - in Google Maps reinschmeissen löst das Rätsel nicht.
Da ist Igors Hinweis ("[...] dass die eigentlich taiwanesische Firma Thermalright die Nutzung der Namensrechte einem chinesischen Unternehmer als eine Art Franchise erlaubt hat, der dann unter dieser Marke Sachen (nicht nur) für den chinesischen Markt produzieren und auch verkaufen darf.") hochinteressant.
Mit Versand durch Amazon klappt wenigstens die Lieferung, ein amtlicher Distributor wäre sicherlich im Supportfall ein besserer Ansprechpartner.

Bei Wärmeleitpaste sind die Qualitätsschwankungen oder zumindest das Risiko für deutliche Qualitätsschwankungen aber sicherlich größer als bei Kühlern...

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Klicke zum Ausklappem
S
SpotNic

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Tja, da verkloppste vermeintliches Billigzeug, was er bestimmt noch billiger einkaufst und wirst mal eben Spitzenreiter bis jetzt :D Wird er wohl kaum mitbekommen :LOL:

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Igor Wallossek

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Es gibt keine chinesische Niederlassung. Das ist reines Namensfranchise. :)

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echolot

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Tronado

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Damals gab es bei TR eine chinesische Niederlassung. Egal, die Leistung stimmt bei allen Produkten, nur das zählt.
Die Gewährleistung ist bei Amazon selbst und den größeren Händlern auch gar kein Thema.

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big-maec

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926 Kommentare 546 Likes

Die Frage ist nur wenn Thermalright die Markenrechte weiterreichen ist die bleibende Qualität der Paste gesichert?
Lieber jetzt die aktuell Paste kaufen als später in die Röhre schauen?

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echolot

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1,140 Kommentare 890 Likes

Es stellt sich die Frage, wo und wann Igor die Paste erworben hat... :D

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Tronado

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4,020 Kommentare 2,128 Likes

Wie schon gesagt, seit Jahren ist TR schon in chinesischer Hand und die Qualität der WLP ist in den letzten Jahren gleichgut geblieben.

Die stammt aus einer seriösen Quelle. :)

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DigitalBlizzard

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2,729 Kommentare 1,498 Likes

Nach dem Niedergang von PC-Cooling fehlt TR halt nach wie vor ein richtiger Distri hier, die Produkte können sich auch zum großen Teil absolut mit den großen Namen messen.
TR schreit auch bei den Kühlern keine Watt Kühlleistungen heraus, also alles in allem zeigt auch die Paste, dass TR zu unrecht quasi ein Nischendasein führt.
Wobei es mit den hübschen Preisen auch schnell vorbei wäre, wenn sich ein Distri hier zwischenschaltet und die Dinger in Tests wieder häufiger auftauchen und Überzeugen.

Ansonsten macht das Nisam Enterprises co.LTD als quasi Wholesale u.a. auch für ThermalTake

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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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