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Warum ich beschlossen habe, erst einmal keine Lewitt-Mikrofone zu testen (Editorial)

Ich schreibe das heutige Editorial, weil ich mich gestern über eine Mail geärgert habe, deren Impertinenz kaum noch zu toppen ist. Da geht es auch nicht um den Hersteller als solchen und seine Produkte, die sicher ganz ok sind. Aber es geht um die Art und Weise, wie dieses Unternehmen über seine PR-Abteilung Medien und Tester beleidigt. Man könnte ja meinen, dass die moderne Arbeitswelt schon genug Herausforderungen bereithält. Da sind Deadlines, Tests, Meetings, ein ständig piepender Kalender und das nervtötende Telefonat an der Kaffeemaschine zwischen schnellem dritten Frühstück und Planungsstress. Doch als wäre das alles nicht genug, hat sich ein weiterer Übeltäter in meinen digitalen Alltag eingeschlichen: die allgegenwärtige Werbemail.

Nun, man könnte argumentieren, dass Werbemails einfach ignoriert werden können. Ein Klick auf „Löschen“ und schon ist die Sache erledigt. Doch weit gefehlt! Denn was wir vielleicht nicht auf dem Schirm haben: Wir betreten damit das Minenfeld der gekränkten Eitelkeiten der PR-Mitarbeiter. Man stelle sich das mal vor: Da sitzt also diese PR-Person (er/sie/es) – nennen wir sie Valerie – und tippt fröhlich und inbrünstig ihre Mail. Jedes Wort, jedes Komma, jede Floskel ist eine Liebeserklärung an ihr Produkt. Es ist nicht irgendein Produkt, mein, es ist DAS Produkt. Valerie sieht sich schon als Heldin des modernen Marketings, die einzige Bastion zwischen der Menschheit und der Dunkelheit des unwissenden Konsumierens, wo jeder Tester und Redakteur nur ein williges Mittel zum Zweck ist.

Und dann – nichts. Keine Antwort. Nicht einmal ein winziges „Nein, danke“. Und hier beginnt der wahre Horror. Denn Valerie ist beleidigt. Zutiefst und absolut hochgradig. Denn in ihrer Welt gibt es nichts Wichtigeres als ihre Werbemail und DAS Produkt. Jede Nicht-Antwort ist ein hinterhältiger Affront, eine persönliche Beleidigung. Man könnte meinen, man hätte Essig in ihren duftenden Mate-Tee gekippt oder den Strom aus dem Akku ihres hippen E-Bikes abgelassen. Doch warum fühlen sich PR-Leute gleich so beleidigt? Ganz einfach: In ihrer Wahrnehmung ist ihre Mail kein einfacher Spam, nein, es ist ein handgeschriebenes Liebesgedicht, das den Empfänger auf magische Weise zu einem besseren Menschen machen soll. Sie sehen ihre Aufgabe als einen Kreuzzug gegen die Ignoranz. Und wir, die Empfänger, die billigen Tester, sind ihre unwilligen, undankbaren Schäfchen.

Aber ehrlich gesagt, wer hat die Zeit, auf jede dieser Mails zu antworten? Zwischen all den anderen Aufgaben des Lebens, wie arbeiten, essen, schlafen und vielleicht sogar mal frische Luft schnappen, scheint es tatsächlich Wichtigeres zu geben, als sich in eine ausgedehnte Konversation über das neueste Lewitt Influenzer-Mikrofon zu stürzen. Ok, ich versuche mich mal in ihre gekränkte Seele hineinzuversetzen und stelle mir einmal Valeries Alltag vor. Sie beginnt ihren Arbeitstag voller Enthusiasmus, bewaffnet mit einer Liste potenzieller Redakteure, die sie von ihrem Produkt überzeugen will. Jedes ihrer Schreiben ist eine perfekte Komposition aus Lobpreisungen und Versprechen, die sie an uns, die glücklosen Empfänger, richtet. Doch was passiert, wenn ihre wohlüberlegten Worte ins Leere gehen? Wenn ihre Mails unbeantwortet bleiben und in der digitalen Vergessenheit verschwinden?

Das Drama erreicht seinen Höhepunkt, wenn Valerie dann zum zehnten Mal ihre Mailbox überprüft und feststellt, dass ihre Liebeserklärung immer noch unbeantwortet geblieben ist. Das ist nicht nur eine berufliche Zurückweisung, das ist ein existenzieller Schlag ins Gesicht. Man hat ihre Hingabe, ihre Leidenschaft, ihre ganze Existenz ignoriert! Denn ihre Mails sind für sie mehr als nur Werbung – sie sind Missionen. Missionen, die sie ernst nimmt. Wenn diese Missionen scheitern, beginnt Valeries heile Welt zu bröckeln.

Ihre Enttäuschung wandelt sich dann schnell in Frustration. Und hier beginnt die Metamorphose.Die Enttäuschung führt zu einem inneren Monolog, der sich ungefähr so anhört: „Warum ignoriert man mich? Warum sieht niemand, wie großartig mein Produkt ist?“ Und dann, in einem Anflug von verzweifeltem Zorn: „Das ist eine Beleidigung!“ In diesem Zustand der emotionalen Aufruhr greifen viele zu dem einzigen Mittel, das ihnen noch bleibt: Aggression. Valerie denkt sich: „Wenn Freundlichkeit nicht funktioniert, dann vielleicht Strenge oder herablassende Unhöflichkeit.“ Und so wird aus der höflichen Valerie eine unhöfliche, ausfällige Schreiberin, die ihren Frust in Worte kleidet, die sie normalerweise nicht verwenden würde. Sie fühlt sich persönlich angegriffen und schlägt in verbaler Form zurück. Diese Ausfälle sind nicht nur Ausdruck ihres Frusts, sondern auch ein Versuch, die Kontrolle zurückzugewinnen und mich, den ignoranten Redakteur, verbal zur Rechenschaft zu ziehen. Das Zitat ist übrigens echt (aber leicht gekürzt), sonst hätte ich mich nicht so aufgeregt:

Hi Igor,

Heise, The Verge, CDnet, und die Mainstream Medien berichten jetzt auch über unsere Innovation für den Livestream und Podcast Bereich.
(Links entfernt, da teilweise hinter einer Paywall)

Die Journalisten von den professionellen Medien haben mich zum Glück nicht so ignoriert wie du hier – aber am Ende erntet man immer, was man sät.

Mit freundlichen Grüßen,
Valerie

 

Wir haben es alle schon erlebt: eine harmlose Werbemail verwandelt sich plötzlich in ein bedrohliches Manifest. Die freundliche PR-Mitarbeiterin Valerie, die einst nur unser Bestes wollte, zeigt auf einmal ihre dunkle Seite. Ihre jüngste Drohung klingt fast wie der Monolog eines Bösewichts aus einem schlechten Film: „Sie werden schon ernten, was Sie säen, wenn Sie sich nicht meiner PR beugen und das Mikrofon testen!“. Aha! Nun, warum verfällt Valerie in eine derart dramatische Rhetorik? Was treibt sie dazu, aus dem Schreibtischstuhl heraus Drohungen auszusprechen, die eher in einen Mafiafilm passen als in die moderne Geschäftskommunikation?

Valeries Drohung ist ein letztes Aufbäumen ihrer verzweifelten Hoffnungen. Sie hat alles versucht – von charmanten Bitten bis hin zu subtilen Manipulationsversuchen – und nichts hat gefruchtet. In ihrer Welt ist das Mikrofon nicht nur ein Produkt, sondern eine Mission, ein Heiligtum, das unsere Leben transformieren soll. Und ich? Ich habe es einfach ignoriert! Für Valerie bedeutet dies, dass wir ihre Expertise, ihre Leidenschaft und ihren Wert als PR-Profi in Frage stellen. Diese schleichende Verzweiflung, dass niemand ihre Bemühungen würdigt, führt zu einer letzten, verzweifelten Maßnahme: Einschüchterung. Wenn Freundlichkeit und Überzeugung nicht funktionieren, dann vielleicht Drohungen.

Die Drohung „Sie werden schon ernten, was Sie säen“ ist ein Versuch, uns ein schlechtes Gewissen zu machen. Es ist eine Art, uns zu zwingen, uns ihrer PR-Strategie zu unterwerfen. Aber in Wahrheit zeigt es nur, wie sehr Valerie selbst unter Druck steht. Sie muss Ergebnisse liefern, sie muss ihre Vorgesetzten zufriedenstellen, und jedes Mal, wenn eine ihrer Mails unbeantwortet bleibt, wächst der Druck auf sie. Man könnte fast Mitleid mit ihr haben, wenn da nicht diese schrecklich unhöfliche und ausfällige Mail wäre. Doch was tue ich jetzt? Lasse ich mich einschüchtern? Beuge ich mich dem Willen der PR-Diktatur, winsele nach einem Testmuster und teste das verdammte Mikrofon? Die Wahrheit ist, dass wir in einer Welt leben, in der unsere Zeit wertvoll ist. Wir können uns nicht jedem PR-Desperado beugen, der meint, uns durch Drohungen und Einschüchterungen zum Handeln bewegen zu können. Valeries Drohung mag dramatisch klingen, aber letztendlich zeigt sie nur, wie verzweifelt und überfordert sie ist.

Also, liebe Valerie, deine Drohungen werden nichts ändern. Vielleicht solltest du überlegen, einen anderen Ansatz zu wählen – oder, noch besser, den Respekt und die Ruhe zu bewahren, die in der PR-Arbeit so wichtig sind. Und ich? Wir werden weiterhin Mails ignorieren, wenn sie mir nichts als Ärger bringen. Denn am Ende des Tages gibt es wirklich Wichtigeres im Leben!

 

Kommentar

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P
Pokerclock

Veteran

486 Kommentare 418 Likes

Erinnert mich an die ganzen SEO-Werbeanrufe. Kommt hier in der Woche zwei-, dreimal vor. Da fragt man sich wie viele es davon gibt?

Mittlerweile falle ich den Leuten binnen weniger Sekunden ins Wort, sobald klar ist, worum es geht. Spart mir Zeit und ihnen ebenso. Ich warte dann nicht einmal mehr auf eine Antwort, wünsche noch einen erfolgreichen Tag, Tschüss und lege auf.

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Steffdeff

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777 Kommentare 729 Likes

Haha, am Ende hat die Valerie doch ein wenig deiner Aufmerksamkeit bekommen, nur wahrscheinlich anders als gedacht!🤣

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ipat66

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1,422 Kommentare 1,436 Likes

:D :D
Ansonsten bin ich vollkommen Deiner Meinung :)

Unfassbar,wie sich diese Influencer-Schwurbler verhalten !

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B
Beschi

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47 Kommentare 9 Likes

Moin,
Ich bekomme beruflich mindestens einmal wöchentlich eine Mail von Keyence. Klar die Produkte sind toll, aber wir können nicht ständig neu kaufen. Da tun mir die Mitarbeiter auch leid weil ich nie antworte. Für den Verkauf muss man wahrscheinlich geboren sein, sonst geht man kaputt.
Gruß Beschi

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Igor Wallossek

1

10,485 Kommentare 19,650 Likes

Die Keyence-Mails bekomme ich auch. Aber die sind höflich und man kann sie übrigens auch abbestellen :)

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P
Pokerclock

Veteran

486 Kommentare 418 Likes

So geht es mir bei manchen Großhändlern. Ich habe mittlerweile meine Favoriten und bei allen anderen wird man dann gerne mal zu einem neuem Sales-Mitarbeiter rübergereicht, der hier dann anruft und versucht Dinge loszuwerden.

Und nun erzählt man ihm - wie seinen Vorgängern auch - zum mittlerweile wahrscheinlich zehnten Mal, dass man sich als Vermieter keine Hardware (Ausnahme: Gehäuse und Kühler, die aber von Caseking-Marken kommen) auf Lager legt und auf einen passenden Auftrag wartet. Man bedient solange mit vorhandener Hardware bis ein bereits fixer Auftrag die Neuanschaffung rechtfertigt und teils schon die neue Hardware gut bezahlt.

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D
Der Do

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85 Kommentare 37 Likes

Nierenmicros etc. interessieren mich persönlich gar nicht, außer vielleicht ein Lavalier-Mic à la SM1 oder Modmic.
Haben die aber gar nicht im Sortiment, mir von daher wumpe.

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Roy82

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31 Kommentare 6 Likes

Na das war ja wohl ein Schuss in den Ofen...so würde ich mich auch nicht anmaulen lassen. Dann teste ich halt nix von denen und fertig. Richtig so.

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M
Markusgo1967

Mitglied

10 Kommentare 4 Likes

Die Reaktion ist top. Ich hoffe das wird von Val gelesen!
Es ist doch nicht nur das man mit überforderten PR-Mitarbeitern zu kämpfen hat, sondern auch das die ganze Branche sehr aggresiv um Käuferschaft bettelt. Der Markt ist hart umkämpft und jeder Verkauf und Rezession zählt.
Im Privaten hat es sich auch verschärft. Beispiel: Man kauft seiner Mama ein Duftwässerchen zu Muttertag, das Häkchen bei Newsletter wird bewusst vermieden und dennoch wird man mit Werbung zu geballert. Meine Reaktion ist in dem Fall, geht in die Blacklist und gekauft wird in dem Shop nichts mehr.

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echolot

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1,118 Kommentare 875 Likes

Ist Valerie vielleicht eine GPT-Valerie? Wer weiß.

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F
FaktorX

Mitglied

24 Kommentare 11 Likes

Die wäre sicher viel höflicher ;)

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olligo

Veteran

266 Kommentare 82 Likes

Igor, ich möchte bitte deinen Monitor erben, sofern die PR-Mafia der Cosa Nostra demnächst mit dem Alfa Romeo bei dir vorbeirollt.
Du weißt, bei mir ist das alles in guten Händen :)

PS: Ich schmunzelte sehr beim Lesen des Artikels!
LG auch an "Valerie"

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Dragokar

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17 Kommentare 14 Likes

Ich bin neu hier und war vorher "nur" Leser, aber Dank der News hab ich gleich einmal mehr auf ein Werbebanner hier geklickt und mich auch noch registriert.

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Lagavulin

Veteran

240 Kommentare 211 Likes

Der Hinweis auf die „professionellen Medien“ insinuiert, dass der Angeschriebene nicht dazu gerechnet wird - eine Frechheit! Die unterschwellige Drohung „am Ende erntet man immer, was man sät“, ist möglicherweise gar justiziabel.
Stellt sich mir die Frage, ob die Unternehmensführung davon Kenntnis hat, was der/die Mitarbeitende hier im Namen des Unternehmens so von sich gibt. Da ist für diese Person wohl auf jeden Fall mal eine Nachschulung angesagt. Egal, der Reputationsschaden für LEWITT ist jedenfalls bereits angerichtet.

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XXL

Mitglied

80 Kommentare 17 Likes

Hat Valerie noch nichts davon gehört *Wie es in einem Wald hinein schallt, schallt es auch raus* da stimme ich dir voll zu die Firma erstmal zu meiden, immerhin ist die Person dort angestellt ? Was mich zu der Frage führt - Was ist ein Influencer-Schwurbler ?
:unsure: 😇

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ipat66

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1,422 Kommentare 1,436 Likes

Naja, ich drücke es mal so aus:
Ich habe frecherweise Public Relation Beschäftigte mit Influencern gleichgesetzt.
Über etwas mehr als 90% der Influencer habe ich ein eher geringschätziges Meinungsbild.

Wenn ich mich über etwas informieren will, habe ich meine persönliche Sammlung geeigneter Seiten.

Für das Wort „schwurbeln“ muss man etwas über den hochdeutschen Horizont springen. Kann aber verstehen, dass nicht jeder dieses Wort kennt :)
Hier ein Link zum besserem Verständnis.

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B
Besterino

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6,905 Kommentare 3,473 Likes

Ich behaupte mal ketzerisch, Valerie hat noch viel mehr erreicht, als sie sich jemals hätte träumen lassen. Getreu dem Motto, „es gibt keine schlechte PR“ hat sie nun keinen Test wie von vielem und von vielen, sondern ein individuelles Tutorial und alle Welt fragt sich, wer/was zum Henker Lewitt überhaupt ist, googelt, liest Testberichte (ok, diese dann definitiv woanders) und manch einer kennt dann Lewitt der vor einem Test des Micros Blablabla einfach nicht gelesen hätte.

Ganz ehrlich: bei mir hat’s erstmal funktioniert. :D Einen Test zu nem Micro hätte ich nicht angeklickt (bin mit meinem Rhode happy). Das Editorial hab ich aber gelesen und nur weil die Marketing/Sales Drückerkolonne total daneben ist, muss das Produkt ja nicht zwingend schlecht sein…

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K
Karborund

Mitglied

48 Kommentare 50 Likes

Einfach die nächste Antwort mit "Liebes Fräulein" beginnen und dann das Popcorn bereitstellen :-)

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Dragokar

Mitglied

17 Kommentare 14 Likes

Ich habe absichtlich nicht danach gesucht. Warum sollte ich mich diesen niederen Beweggründen hingeben und denen Views verschaffen?

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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