Wärmeleitpastenvergleich mit laserinduzierter Plasmaspektroskopie: Wir entdecken eine violette Überraschung!
Vorab-Test: Ausbluten
Es ist faszinierend, wie gut so ein trivialer Test immer wieder funktioniert. Und nein, das ist mit Absicht kein saugfreudiges Küchenpapier, sondern ein normales weißes 80-g-Blatt aus dem Kopierer. Man sieht bereits nach 10 bis 15 Minuten, das sowohl bei der MasterGel Maker V2 als auch bei der CryoFuze ordentlich was ausblutet. Bei der Apex ist alles im grünen Bereich, selbst nach zwei Tagen noch. So einen Test kann jeder für sich machen und ich persönlich würde keine Paste verwenden, die ein solches Verhalten aufweist. Und nur mal so am Rande: reines Silikon würde nicht dermaßen breit ins Papier abwandern. Noch ein Grund, warum die Spannung steigt und steigt…
Wärmeleitende Partikel als Basis und die Füllstoffe samt Bindemittel
Jede Paste setzt auf bestimmte Partikel einer chemischen Verbindung mit möglichst geringem Wärmewiderstand. Hier gibt es viele Möglichkeiten bis hin zu Diamantpulver. Es sind allerdings auch Partikel, deren Körnung für die spätere Performance eine sehr große Rolle spielt. Da ist es einerseits die Form, die plättchenförmig, kristallförmig oder eher rund sein kann. Andererseits spielt natürlich auch die Korngröße eine sehr große Rolle. Und da beißen sich bereits Theorie und Praxis. Gröbere Körnungen bieten, zumindest auf dem Papier, zwar einen niedrigeren Wärmewiderstand, lassen aber auch größere Zwischenräume zwischen den Partikeln und selbst auch der Oberfläche offen. Das wiederum wirkt sich negativ auch die tatsächliche Wärmeleitfähigkeit der gesamten Mischung aus. Höhere Körnungsgrößen machen die Schichten im Normalfall aber auch etwas zu dick. Zu feine Körnungen hingegen ergeben dünnere Schichten unter großem Druck, machen Pasten mit etwas Pech aber zu fest. Flüssig, eher schlotzig oder doch schon etwas viskoser? Mit der Körnung kann man die Konsistenz bereits im Vorfeld recht gut steuern. Clever ist, wer verschiedenen Körnungen mischt, also Irgendetwas zwischen 1 bis 2 µm und etwas Größeres bis ca. 5 µm. Dann hat man aus beiden Welten etwas.
Und wie bekommt man nun die Zwischenräume z.B. zwischen einem Korund zweckmäßig gefüllt? Für alles unter 1 µm nutzt man einen noch möglichst gut wärmeleitenden, deutlich billigeren Füllstoff, oft auch plättchenförmig. Denn vor allem die ganz feinen Körnungen bei Korund, Diamant und Bornitrit werden so richtig teuer. Das Zeug will ja aufwändig gemahlen werden, und das kostet dann eben. Deshalb setzen viele bei rund 1 bis 1.5 µm den Cut und füllen mit Zusatzstoffen auf. Am günstigsten sind Dinge wie z.B. Zinkoxid, die auch allein schon als Basis für günstigere Pasten genutzt werden.
Damit die Paste nicht als Staub zum Kunden kommt, werden verschiedene Bindemittel genutzt, die der Paste einerseits auch die finale Konsistenz garantieren und die andererseits eines der wichtigsten Geheimnisse darstellen, wenn es um Langzeit-Haltbarkeit („Reliability“) und die Performance in bestimmten Temperaturfenstern geht. Die heute getesteten Paste sind auch für den Sub-Zero-Bereich nutzbar, was natürlich noch einmal andere Herausforderungen an das Bindemittel bedeutet als für eine „normale“ Consumer-Paste. Die fast immer verwendeten Silikon-Öle (lineare Polysiloxane) sind, rein chemisch betrachtet, ein Mittelding zwischen anorganischer und organischer Chemie. Sie besitzen ein anorganisches Gerüst (wie in Gesteinen und Mineralien) und beinhalten bestimmte organische Reste. Damit positionieren sie sich zwischen Silikaten und Kunststoffen. Die sich daraus ergebenden Eigenschaften sind vielseitig und vor allem auch gut steuerbar.
Sehr wichtig für die Qualität und Haltbarkeit einer Paste sowie die deckungsgleiche Konsistenz aller Chargen ist das „Conchieren“, also das permanente und vollständige Mischen aller Bestandteile bis zum annähernden Erreichen der idealen Verteilung aller Bestandteile und dessen Beibehaltung. Ganz perfekt wird man die Massenverteilung sicher nie hinbekommen, aber fast. Aber Ihr kennt das ja auch vom Kakao: wenn man nicht ständig rührt und schüttelt, dann sinken die Schwebstoffe mit der Zeit wieder zum Boden und die Paste löst sich auf. Da hilft nur ständiges Rühren und Umwälzen.
Cooler Master MasterGel Maker V2 vs. Alphacool Apex
Lassen wir der älteren Cooler Master Paste in Form der MasterGel Maker V2 mal den Vortritt und vergleichen sie gegen die Alphacool Apex. Die Master Gel ist genau das, was ich oben beschrieben hatte. Die großen runden Körper in den Spektren sind extraharter Korund in zwei Körnungsgrößen, ein recht häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Oxide und Hydroxide. Er kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Al₂O₃ und ist damit chemisch gesehen eigentlich nichts anderes als Aluminiumoxid. Kommen wir noch zum günstigeren Füllstoff, den wir natürlich ebenfalls bestimmen wollen. Und es ist – welch ein Zufall – das günstige Zinkoxid ZnO! Wo aber bitte schön die 3,6 Prozent Wasserstoff herkommen sollen, sollte der OEM von Cooler Master schon erklären können. Und dann war da ja auch noch die Pfütze rund um den Klecks in Form von austretendem Silikon.
Die Apex weist eine komplett andere Zusammensetzung auf, denn sie setzt auf Korund in deutlich mehr als zwei Körnungsgrößen und etwas Silikonöl als Bindemittel. Da kann man dann auch auf die Zinkoxidplättchen als günstigen Füllstoff verzichten. Es ist das Einfache, das so schwer zu machen ist, denn die Handhabung einer solchen “Aufschlämmung” ist nicht einfach und nur sehr gute Originalhersteller (nicht Abfüller) bekommen da überhaupt eine ordentliche Bindung hin. Die MasterGel Maker V2 ist hingegen eine durchschnittliche Paste aus Al₂O₃ (Korund) basierende Wärmeleitpaste mit einer Korngröße zwischen 1,5 und 5 µm und ganz gewöhnlichem, fein zermahlenem Zinkoxid als Füllstoff. Nur das mit dem Wasser ist sehr eigenartig, aber dazu komme ich gleich noch. Die angegebenen 8 W/mK halte ich allerdings für einigermaßen realistisch. Die Apex ist hingegen echtes High-Tech und sollte auch sehr langzeitkonstant sein. Die Angabe der Wärmeleitfähigkeit bei der Apex scheint auch recht optimistisch, aber über 10 W/mK könnte sie durchaus liegen. Das werde ich sicher zu gegebener Zeit auch einmal nachmessen.
Cooler Master CryoFuze Violet vs. Alphacool Apex
Hauptsache bunt? Naja… Die Apex hatten wir ja gerade, konzentrieren wir uns also auf die bunte Paste. Und da bekomme ich dann doch große Sorgenfalten. Das, was man so liebevoll eingefärbt hat, ist nämlich nichts anderes als billiges, reines Zinkoxid mit ordentlich Silikon. Also eine extrem einfache Paste, die man eher im Bereich um die 4 bis 6 W/mK verorten konnte, aber nie im Leben oberhalb von 10. Das ist mit reinem ZnO eigentlich kaum möglich. Und ja auch die über 6 Prozent Wasserstoff sind reichlich strange. Also ich würde mir das mit dem Einsatz so einer Paste wirklich dreimal überlegen.
Zusammenfassung und Fazit
Es ist verblüffend, wie man mit so wenig zeitlichem Aufwand doch so gute Ergebnisse hinbekommt. Das hat gereicht, um die CryoFuze von Cooler Master als Mogelpackung zu entlarven, während sich die MasterGel Maker V2 als einigermaßen solides Produkt erwiesen hat. Dass bei beiden Proben jedoch Unmengen an Wasserstoff zu finden waren, zeugt allerdings wohl von einem eher nachlässigen Arbeiten des Abfüllers. Vor allem die CryoFuze hat den Charme einer netten Wasserfarbe aus dem Malkasten meines Sohnes, weil ja jegliches Korund fehlt (obwohl es hätte drin sein sollen). Auch der Wasserstoffanteil ist extrem hoch.
Ich habe Cooler Master natürlich im Vorfeld die Ergebnissen im Detail geschickt und auch eine technische Begründung. Es ist sehr positiv, dass es sofort ein offizielles Statement gab und ich werde natürlich weiter berichten.
Aniek Stavast, Marketing Manager Thermal, Cooler Master
LIBS ist ein sehr hilfreiches Verfahren, bei dem man am Ende in kürzester Zeit Ergebnisse erhält, die man per REM und EDX mit viel mehr Aufwand erzeugen muss. Sicher, auch LIBS hat seine Nachteile (Stickstoff und dessen Verbindungen ist ohne Argon-Box nicht sinnvoll nachweisbar, da in der Umgebungsluft enthalten), aber die Vorteile überwiegen. Zusammen mit dem leistungsstarken Mikroskop ist das eine technische Meisterleistung. Und ich bin mir sicher, dass ich solche Experimente gern noch einmal wiederholen werde. Denn die Neugier stirbt ja bekanntlich zuletzt.
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