Viele halten ja Raptor Lake für einen simplen Refresh von Alder Lake in einem leicht verbesserten 7-nm-Prozess, aber das ist nicht ganz richtig. Natürlich ist Raptor Lake keine neue Architektur und profitiert auch beim Speichercontroller eher vom bessern Yield, aber man hat auch diverse Änderungen implementiert, die den riesigen Monolith zumindest etwas effizienter und schneller machen können. Das heißt, die Details sind diesmal das, worauf es wirklich ankommt. Ich hatte ja bereits vor Monaten schon über Raptor Lake berichtet, aber Vieles dürfte da auch im medialen Grundrauschen des Internets untergegangen sein. Aber man kann den White-Papern wirklich gute Informationen entnehmen. Ich habe das für Euch heute noch einmal kurz aufbereitet. Denn der höhere Takt kommt ja nicht ganz von ungefähr und allein eine bessere Fertigung würde das allein auch nicht schaffen. Also tauchen wir noch einmal kurz ab in die Theorie, bevor wir uns dann bei den Benchmarks das Resultat dieser Änderungen anschauen.
Intels IMPV9.1 für Alder Lake S und Raptor Lake S
Für die, die es noch nicht wissen: IMPV, also Intel Mobile Voltage Positioning, ist eine Technologie, bei der die Prozessorspannung (VCC) dynamisch auf der Grundlage der Prozessoraktivität angepasst wird, um die aufgenommene Leistung zu reduzieren. Sie ermöglicht eine höhere Prozessor-Taktfrequenz bei gegebenem Stromverbrauch oder einen niedrigeren Verbrauch bei gegebener Taktfrequenz, je nachdem. Die mit Alder Lake S neu eingeführte Iteration IMPV9.1 ist zwar keine echte Revolution gegenüber IMPV9 von Rocket Lake S, wohl aber eine wichtige Iteration, die Vieles im Detail noch einmal verbessert. Und Raptor Lake kann sogar noch etwas nachlegen.
Neu ist jetzt die Unterstützung von gleich zwei VID-Tabellen mit 5 mV und 10 mV Auflösung und die Unterstützung von für Iout mit Werte über 255 Ampere. Dazu kommt ein analoger AUX-Imon-Eingang auf der 0x0Dh-Domäne. Außerdem gibt es eine Änderung der schnellen Psys-Zähler und des Spitzenwertdetektors, um sowohl Psys- als auch Vsys-Messungen unabhängig vom alten Psys-ADC-Eingang zu unterstützen. IMPV9 war bereits bei der 10. Generation ein großer Fortschritt gegenüber IMPV8, das wir noch von den CPUs der 9. Generation kennen. Auch wenn für Raptor Lake S noch einmal Leitungen hinzukommen, die hier noch nicht eingezeichnet worden sind, gibt diese Grafik bereits einen guten Überblick:
Das PL4 und die Neuerungen
Jetzt wird es jedoch interessant, denn außerdem wird bei Raptor Lake nun die PS4-Leistungsdefinition geändert: Prozessor Pmax, Never Exceed und Limit. Das alles wird “a priori” berechnet und ist damit ein echter PROAKTIVER Grenzwert (durch differenzierte Vorausplanung und zielgerichtete Eingriffe wird das Ergebnis selbst geplant und erzielt). PL1 und PL2 beziehen sich nur auf die Durchschnittsleistung und sind somit REAKTIVE Grenzwerte, wo nur auf Werte rückwirkend reagiert werden kann. Das geheimnisvolle PL4 wie bei Alder Lake bezog sich auf Leistungsspitzenereignisse, die bisher nur PROAKTIV behandelt werden konnten und am Ende auch oft nie ganz optimal ausfielen.
Eine neues, REAKTIVES PL4 ist hingegen die ideale Lösung, bei der die SoC-Frequenzen so hoch wie möglich bleiben, aber mit einem Sicherheitsnetz, basierend auf Fast PROCHOT#. Hier handelt es sich um einen digitalen Ausgangspin, den es seit Intels Pentium 4 Prozessoren gibt und der anzeigt, dass der interne Thermalkontrollschaltkreis aktiviert wurde. Dies geschieht, wenn der Prozessor seine maximale sichere Betriebstemperatur erreicht hat. Die SoC-Frequenz wird weiterhin durch das PL4 bestimmt.
Wenn PROCHOT# aktiviert ist, liegt die Gesamtleistung des SoC stets UNTER PL4_Safe, ist also kleiner als der für das PL4 festgelegte Wert. PL4_Safe stellt somit das Niveau der Spitzenleistung dar, das die Eingangsstromquellen liefern können, ohne dass z.B. im Notebook-Bereich ein Brownout oder eine Beschädigung der Batterie, bzw. im Allgemeinen eine Überlastung der Versorgung und der dazwischengeschalteten Komponenten zu befürchten ist. Fast PROCHOT# ist wirklich schnell. Vsys1 wird vom IMPV9.1-Controller überwacht und PROCHOT# wird innerhalb von 2 μs (einstellbar) nach Überschreiten der Schwelle aktiviert. Die CPU wird dann bereits 1μs später gedrosselt. Fast PROCHOT# ermöglicht somit ein höheres PL4, was zu einer besseren Reaktionsfähigkeit bis hinunter zu niedrigen Ladezuständen führt, während die Systemstabilität erhalten bleibt, erzeugt aber auch härtere Lastwechsel.
Eine der wichtigsten Informationen ist allerdings der Intervall von PL4. Hier kann dieser Zustand bis zu 10 ms lang andauern, aber nie länger.
Das ist auch extrem wichtig wichtig für die Bemessung der Schutzschaltungen im Netzteil. Die 10 ms sind durchaus eine Herausforderung und so manches Netzteil wird wohl diesbezüglich neu konzipiert werden müssen. Firmen wie z.B. be quiet! nutzen seit Jahren einen Intervall von 20 ms, hier sollte man also eher auf der sicheren Seite sein, wenn die Stromstärke auch geliefert werden kann. Wie hoch das PL4 wirklich ist, sehen wir für Alder Lake S und auch Raptor Lake S gleich noch.
Die Potential Peak Power (PPP)
Die PPP ist ein erwarteter Worst-Case-Leistungspegel, der von der Power Control Unit (PCU) auf der Grundlage der Komponenteneigenschaften und der aktuellen Betriebsfrequenz (IA-, GT-, Ring-Domänen) berechnet wird. Das geschieht vor jedem Frequenzübergang (normalerweise an 1-ms-Grenzen), oder aber immer dann, wenn AVX-Befehle in die Pipeline gelangen bzw. wenn ein Kern-C-Zustandswechsel bevorsteht. PPP geht von einem Szenario über die Domänen hinweg aus, das die intensivste bekannte Anwendung darstellt.
Und was bedeutet das nun im Zusammenhang mit dem PL4? Ganz einfach: das PL4 ist der Grenzwert, mit dem PPP schlussendlich verglichen wird! Wenn PPP am Frequenzübergang > PL4 ist, wird eine niedrigere Frequenz gewählt, um zu verhindern, dass PPP PL4 überschreitet. PPP ist im übrigens eine reine Projektion und basiert NICHT auf der Leistungstelemetrie der aktuellen Arbeitslast. Die PPP-Projektion wird auch nicht über eine Softwareschnittstelle angezeigt, sondern nur innerhalb der PCU verwendet.
Die absolute Spitzenleistung kann somit nur über die PL4-Einstellungen präventiv reduziert werden.
Kommen wir nun zum interessanten Teil, den man aber nur dann richtig einordnen kann, wenn man die kurze Einführung zu IMPV9.1 weiter oben aufmerksam gelesen hat. Betrachten wir zunächst die 125-Watt Klasse des Core i9-13900K, wo PL1 ja bekannt ist. PL2 lag bei Alder Lake S (ADL S) bei 188 Watt und konnte bis auf 241 Watt im Performance-Szenario ansteigen, je nach der Situation die sich aus der Leistungstelemetrie ergibt. Für Raptor Lake S (RPL S) steigt das PL2 im Perf (Performance) jetzt sogar noch auf bis zu 253 Watt, die Baseline bleibt aber wiederum bei 188 Watt. Und was macht das PL4 als Intervall mit maximal 10 ms Dauer? Die Baseline liegt bei beiden CPU-Generationen bei 238 Watt und kann bei ADL S bis auf 359 Watt ansteigen! RPL S ist mit 314 Watt hingegen etwas genügsamer. Man kann sehen, das bei RPL S das PL2 höher und das PL4 etwas geringer ausfällt als bei ADL S. Interessant ist dies allemal.
In der Leistungsklasse darunter wiederholt sich dieser Fall, denn das PL1 ist bei beiden gleich, jedoch unterscheiden sich hier die Werte für PL2 und PL4 stärker. Denn auch die Baseline ist nun unterschiedlich. Bei PL1 und PL2 sind bei RPL S die Baseline und Perf generell höher als bei ADL S, während das PL4 generell geringer ausfällt. Die extremen Leistungsspitzen werden bei RPL S also deutlich moderater, während der Rest ansteigt.
- 1 - Einführung, Vorbemerkung und CPU-Daten
- 2 - Was ist neu bei Raptor Lake?
- 3 - Test-Setup und Methoden
- 4 - Gaming Performance HD Ready (1280 x 720 Pixels)
- 5 - Gaming Performance Full HD (1920 x 1080 Pixels)
- 6 - Gaming Performance WQHD (2560 x 1440 Pixels)
- 7 - Autodesk AutoCAD 2021
- 8 - Autodesk Inventor 2021 Pro
- 9 - Rendering, Simulation, Financial, Programming
- 10 - Wissenschaft und Mathematik
- 11 - Leistungsaufnahme und Effizienz
- 12 - Zusammenfassung und Fazit
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