Eloxal – Echte Hilfe für den Wasserblock aus Aluminium?
Im Prinzip geht das durchaus und man muss Gigabyte wohl zumindest soweit in Schutz nehmen, als das der OEM / ODM etwas geschludert hat. Werden die Aluminiumblöcke aus passendem Aluminium hergestellt und sauber verarbeitet sowie anodisiert und versigelt, dann kann das durchaus gutgehen. Der erste Schritt ist allerdings die richtige Materialauswahl, denn reines Aluminium ist viel zu weich. Allein durch die großen Anpressdrücke bei den Ampere-Chips kommt der Hersteller schnell ins Schlingern.
Um die Kühlperformance nicht allzu sehr zu beeinträchtigen, ist eine möglichst geringe Restbodenstärke in den Kühlkanälen ein wichtiger Faktor. Und genau da beginnt das Problem, denn man muss andere Metalle beimengen, um das Material ausreichend fest bzw. hart zu bekommen. Nimmt man Silizium, wird dieses beim Eloxieren mit fest eingebaut. Das ist also der Idealfall, nur leider aber meist als Halbzeug zu teuer. Üblicherweise nimmt man zum Stabilisieren eher Magnesium oder Zink. Das aber sind Metalle, die beim Eloxieren wieder herausgelöst werden und Löcher hinterlassen.
Generell benötigt man also für ein gutes Eloxal-Produkt ein zweckmäßiges Ausgangsmaterial, eine gut gesäuberte und möglichst homogene Oberfläche, sowie eine ordentliche Reinigung vorm Eloxieren und ein Coating bzw. zumindest Auskochen der Schicht. Und nun werfen wir mal einen Blick auf die Beschichtung, die ich mit einer speziellen Beleuchtung und einem geeigneten Winkel aufgenommen habe und erschrecken:
Erstens sehen wir die extremen Rillen, die von einem sehr groben Werkzeug stammen, so etwas bekommt man auch deutlich glatter hin. Links der Block mit dem T gehört zum VRM-Heatsink und ist nicht galvanisch eloxiert, sondern er trägt eine normale, natürliche Oxidschicht. Der rechte Bereich ist eloxiert, wirkt jedoch deutlich dunkler als der helle Bereich im linken Drittel, wo das abschließende Coating am Gewindeloch aufreißt und nicht homogen ausgeführt wurde (Fehlstelle).
Und genau deshalb müssen wir nun doch noch kurz über den Herstellungsprozess reden. Zunächst muss die Oberfläche möglichst von allen Graten mechanisch bereinigt (im Bild unten gelb markiert), danach entfettet und gebeizt werden. Das macht man zweckmäßigerweise im ersten Schritt basisch mit einer Lauge (z.B. Natron) und danach mit einer Säure (meist Flusssäure oder auch Salpetersäure). Allerdings muss die Flusssäure auch komplett wieder entfernt werden. Die eher bräunliche Färbung der Ablagerungen könnte also auch von einer schlechten Reinigung stammen oder auf Eisen im Wasserkreislauf schließen lassen. Wobei in meinem Fall keins vorhanden war. Die Oberseite mit den Mikrokanälen ist alles andere als sauber gefertigt und nachbearbeitet worden, was das “Andocken” von Korrosionprodukten begünstigt (orange Markierung)
Nun kommt die elektrochemische Behandlung durch eine anodischen Oxidation, die deutlich stärke Schichten erzeugt als eine natürliche Oxidation.. Dabei wird das Aluminium in geeigneter Säure (Elektrolyt) mittels Gleichstrom anodisiert. Der an der Aluminiumoberfläche entstehende Sauerstoff reagiert nun oberflächlich mit dem Metall und es bildet sich das gewünschte Aluminiumoxid. Und jetzt kommt das zweite Problem! Die Oxidschicht besitzt direkt nach der Erzeugung Mikroporen, die man noch schließen muss.
Ein abschließendes Verdichten bzw. Versiegeln (Sealing) verschließt diese Poren, um eine weitgehend aus Aluminiumhydroxid bestehende Schicht zu erzeugen (man kann das Werkstück dafür auch kurz kochen). Diese anodisch erzeugte Oxidschicht samt Sealing besitzt für unseren Zweck also eine wesentlich bessere Beständigkeit. Jedoch führen die bereit erwähnten und im Aluminium eingebauten Elemente teilweise auch zu Fehlstellen in der Oxidschicht. Die Folge ist, dass die sich lösenden Elemente dann auch die Rücklösung stark erhöhen, worunter natürlich die Schichtqualität merklich leidet. Hier haben wir also quasi schon die zweite Sollbruchstelle für die später ausufernde Korrosion gefunden. Und manche Firmen fügen für die bessere Optik noch eine Art Coating mit hauchdünnem Lack durch. Sinnfrei für die Kühlung, aber leider wahr und gern genommen. Und manchmal sogar noch mit Fehlstellen.
Und was macht nun ein Teil aus vernickeltem Kupfer in so einem Kreislauf? Es lagert auch so Einiges an!
Auch der Deckel zeigt noch den grün-grauen Schleim, den man aber nicht im festen, weiß-gelblichen Rückstand des GPU-Blockes findet:
Zusammenfassung und Fazit
Das Fazit kann man kurz machen, denn generell kann man all diese Dinge aus Aluminium herstellen, muss aber im Gegenzug auch auf eine saubere Fertigung achten. Das Vermischen von Aluminium mit Kupfer und Messing in einem Kreislauf ist hingegen kontraproduktiv, denn die Löcher in der Oxidschicht wird es nun einmal IMMER geben. Wenn schon Aluminium, dann bitte auch alles aus Aluminium oder gar nichts! Da helfen auch keine teuren Anti-Korrosiva, wenn es später sogar zu Silikatreaktionen samt Schleim kommt. Hier ist also erst einmal der Hersteller gefragt. Punkt.
Kommen wir nun noch kurz zur Gigabyte GeForce RTX 3080 GAMING OC WATERFORCE WB. Dass die Karte offensichtlich auch mittlerweile nicht mehr erhältlich ist, kann man nur begrüßen. Was aus Sicht des Kunden hingegen gar nicht geht, ist die offensichtliche Diskrepanz zwischen PR- bzw. Marketing-Aussagen, es würde sich um Kupfer handeln. Genau das tut es nämlich nicht. Hier fällt der Kunde ohne Wissen und völlig unvorbereitet in ein tiefes, technologisches Loch. Und wenn der Aluminiumkühler dann auch noch so nachlässig verarbeitet wurde, wie bei allen sieben Karten der Fall war, dann Gute Nacht. Das MUSS einfach kaputt gehen.
Diese Karte von Gigabyte steht hier stellvertretend für eine sehr günstige Fertigung unter enormen Kostendruck, wobei der hohe Preis der Karte das eigentlich gar nicht rechtfertigt. Man hätte den Kühler mit einigen USD mehr deutlich besser und haltbarer hinbekommen können. Der Vorwurf geht also erst einmal ans Controlling fürs Cost-Down, den Auftragsfertiger für die sehr rustikale Umsetzung ohne echtes Qualitätsmanagement und die PR, die Dinge bewirbt, die so nicht kommuniziert werden dürfen. Denn die Webseiten haben sich diese irreführende Informationen mit dem Kupfer ja nicht aus den Fingern gesaugt.
Mein Dank geht an die Community für die Bereitstellung der Testobjekte bzw. Daten und Fotos, sowie ein befreundetes Labor für die chemische Expertise and Analyse.
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