Konstruktion des Delid-Tools
Sehen wir uns nun noch das Delid-Tool an, mit der die CPU “geköpft” werden soll. Dabei soll effektiv der verklebte und verlötete IHS mit einer präzisen Scherbewegung von Package und Die der CPU getrennt werden. Entsprechend präzise und exakt sollte so ein Delid-Tool also gefertigt sein, um die CPU nicht zu beschädigen oder gar zu zerstören. Denn oft bedeutet hier der kleinste Fehler den Silizium-Tod.
Im ersten Moment erinnert das Tool etwas an eine Frankenstein-artige Konstruktion, mit Bestandteilen aus Aluminium, Messing und Acryl, zusammengehalten von vier Innensechskantschrauben, diesmal M4 mit 3 mm Köpfen. Oben ist mittig noch ein schwarze Schraubklemme aus Kunststoff integriert, mit der der IHS bei einer späteren, erneuten Verklebung fixiert werden kann.
Von der Seite lässt sich schön erkennen, wie das Messingteil effektiv als eine Art Schlitten in dem äußeren Aluminium-Teil liegt und zugleich von dem Acryl-Teil in der richtigen höhe gehalten wird. Leider ist die Fertigung für mein deutsches Verständnis nicht wirklich 100%-ig präzise mit etwa einem Millimeter Spiel an der Seite und einem halben Millimeter nach oben.
Für die eigentliche Scherbewegung sorgt eine kugelgelagerte M5-Schraube mit 4 mm Imbuskopf, welche von der Seite des Tools den Schlitten zu sich ziehen soll.
Nach dem Herausdrehen der Schraube kann der Schlitten aus Messing einfach herausgezogen werden. Dieser hat von oben eine zwei-stufige Fräsung, die zur Ausrichtung des IHS für eine Wieder-Verklebung dient.
Wenn wir nun noch das Acryl-Element abnehmen zeigen sich die wirklich wichtigen Fräsungen zur Arretierung der CPU für den Delid-Prozess. Zunächst finden wir den Sitz für die CPU mit effektiv den selben Maßen wie ein LGA1700 Sockel. Die beiden inneren Ecken sind ausgebohrt, wahrscheinlich um dort Beschädigungen an der CPU vorzubeugen. Mittig im CPU-Sitz ist eine weitere Vertiefung integriert, in die die winzigen SMD-Bauteile auf der Unterseite der CPU hineinragen können, ohne Kontakt zum Tool.
Vor allem hier zeigen sich noch teilweise deutliche Spuren von der Fertigung, Späne und Schmierstoffe, die zuvor entfernt werden sollten. Ich habe mir also die paar Minuten genommen und das Teil einmal so gut wie möglich zunächst mit einer Bürste und anschließend 99%-igem Iso-Propanol gereinigt. Denn nichts wäre Ärgerlicher als sich einen Alu-Spahn beim Delidding ins Package zu bohren. Hier sollte Supercool Computers nach der Fertigung bitte noch etwas nachbessern, um unnötigen Ärger bei Kunden zu vermeiden.
Von den Thailändischen Herstellern gibt es leider keine wirkliche Anleitung zur Verwendung des Delid-Tools oder Wasserblocks, zumindest nicht wie man es wahrscheinlich erwarten würde. Im oben verlinkten Youtube Livestream-VOD von Clock’em Up! hat der Hersteller aber zumindest einmal das Vorgehen an sich gezeigt, zwar mit Thailändischer Erklärung, aber immerhin lassen sich die Basics wie die Orientierung der Werkzeug-Teile so erkennen. Die ausschlaggebenden Feinheiten versuche ich dann im folgenden möglichst akkurat zu beschreiben.
Off with your head! – Delidding
Nun geht es an das eigentliche Delidding bzw. “Köpfen” der CPU. Natürlich ist dieser Vorgang nicht wieder rückgängig zu machen und führt zum Erlöschen des Garantieanspruches. Die sämtlichen folgenden Schritte sollten also stets ausschließlich auf eigene Gefahr durchgeführt werden. Weder Intel, noch Supercool Computers haften im Zweifel für eine tote CPU. Im worst case muss es gar keine Beschädigung am Silizium-Die sein, damit die CPU das Zeitliche segnet. Selbst kleinste Beschädigungen am Package oder SMD-Komponenten können hierfür schon ausreichen. Beispiel:
Nun ist dies nicht meine erste geköpfte CPU und bisher ging bei mir auch immer alles gut (Klopf auf Holz!), aber mit Respekt und Vorsicht sollte man trotzdem immer an die Sache herangehen. Und selbst dann besteht immer ein gewisses Restrisiko, auf das man sich gefasst machen sollte. Jetzt habe ich euch aber genug Angst eingejagt – legen wir endlich los. Für das Delidding wird die Seite des Messing-Schlittens mit einer einzelnen Fräskante genutzt (nicht die mit zwei Fräskanten).
Vorher habe ich die CPU mit ihrem Heatspreader mal auf den Kopf gestellt in den Schlitten gesetzt, um die Passgenauigkeit zu prüfen. Und tatsächlich sitzt die CPU hier wie angegossen und schon fast saugend. Ein paar Wärmeleitpaste-Reste von vorherigen Installation, die anschließend an der inneren Kante des Messing-Schlittens hingen, waren dessen Zeuge.
Nun habe ich Schlitten und CPU effektiv einmal umgedreht, sodass uns die Seite mit zwei Kanten anguckt und die Seite mit einer Kante nach unten zeigt. So werden wir die Teile auch in das Aluminium-Teil einsetzen. Aber zuvor ist es noch extrem wichtig, auf die Richtige Orientierung der CPU zu achten.
Diese hat nämlich auch SMD-Komponenten auf der Vorderseite, die bei falscher Positionierung ebenfalls abgeschert würden! Also darauf achten, dass die SMD Komponenten an der langen Seite der CPU auf der offenen Seite des Aluminium-Teils sind. Des weiteren natürlich darauf achten, dass die CPU richtig in ihrer Vertiefung sitzt und kein Spiel nach oben, unten oder rechts hat.
Nun wird der Messing-Schlitten einfach auf die CPU aufgesetzt. Dieser sollte nun links ziemlich bündig mit dem Aluminium-Rahmen sitzen und rechts eine Lücke haben. Genau um diese Lücke wird gleich der Heatspreader auf dem Package verschoben.
Nun ist es noch wichtig, den Deckel aus Acryl wieder einzusetzen und festzuschrauben. Dieser sorgt dafür, dass der Schlitten flach auf dem Heatspreader gehalten wird und sich nicht aufstellen kann.
Von der Seite lässt sich erkennen, wie der Messingschlitten genau auf der ILM-Nase des Heatspreaders aufliegt, aber bisher keinen Druck ausübt. Der Acryl-Deckel hält das Aluminium-Package-IHS-Messing-Sandwich nur vertikal in Position. Denkt euch bitte die schwarze Kunststoff-Schraubklemme oben einfach weg – die hatte ich bei diesem Foto noch nicht rausgedreht.
Nun fehlt nur noch das Einsetzen der großen M5 Schraube samt Kugellager und es kann schon fast losgehen mit der Köpfung. Hierbei auch auf die Orientierung der Laufflächen zum Kugellager hin achten, damit dieses korrekt funktioniert.
Nun wird es ernst – den mitgelieferten 5 mm Imbusschlüsseln einsetzen und vorsichtig, langsam, aber zwangsläufig kräftig die Schraube drehen, bis sich der Heatspreader langsam auf der CPU bewegt. Dabei stets von der Seite kontrollieren und darauf achten, dass die eben gezeigten Sandwich-Lagen innerhalb des Tools in Position bleiben. Ob die CPU überlebt hat, seht ihr auf der nächsten Seite!
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