Abschließend kommen wir zu einem – für mich persönlich – spannenden Thema: dem Übertakten (und gleichermaßen Undervolting). Ich habe zu diesem Thema für das XMG Apex 15 schon vor einigen Monaten ein Video hochgeladen, aber damals konnte ich nur auf meinen eigenen 3700X zurückgreifen. Jetzt hatte ich insgesamt sechs Prozessoren zur Verfügung mit denen ich die Limits jedes einzelnen Prozessors austesten konnte. Ich beleuchte nachfolgend den potentiellen Leistungszuwachs, die erreichten Frequenzen mit den Kernspannungen und die Auswirkung auf unsere Testkategorien: Leistungsaufnahme, Temperaturen und Lautstärke.
Wenn ich von Übertakten spreche dann meine ich bei den Zen 2 Prozessoren das sogennante “Manual OC”. Es erlaubt uns die Taktfrequenz aller Prozessorkerne eines CCX auf einen Wert festzulegen, zum Beispiel 4000MHz. Dann bestimmen wir noch eine feste Kernspannung mit der wir den Prozessor betreiben möchten. Der Balanceakt besteht darin eine möglichst niedrige Spannung zu finden mit welcher der Prozessor stabil mit der Wunsch-Taktfrequenz läuft. Und das in allen Anwendungen. Eine niedrige Spannung bedeutet nämlich gleichermaßen eine niedrigere Stromaufnahme. Und nach der bekannten Formel P = U * I wissen wir, dass das Absenken beider Werte eine erheblich geringere Leistungsaufnahme zur Folge haben kann.
Übertakten zusammen mit “Undervolting” kann uns also dabei helfen eine hohe Leistung zu erreichen und gleichzeitig die Leistungsaufnahme zu senken. Und das ist genau das was wir mit unseren thermisch eingeschränkten Notebook-Kühlsystem erreichen wollen.
*Diese Ergebnisse sind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit euren Prozessoren vergleichbar und immer davon abhängig ob man einen mit guter “Siliziumqualität” erwischt hat
Ich habe für eine bessere Vergleichbarkeit versucht die Kühlleistung der normalen Power-Modi als Anhaltspunkt zu benutzen. Also habe ich versucht die Taktfrequenz und Spannung so einzustellen, dass die PPT während eines CineBench R20 Durchlaufs jeweils 88W und 65W erreicht haben. Grundsätzlich haben alle Prozessoren sehr gut auf diese Übertaktungsmethode reagiert und die Multi-Core-Leistung ist erheblich gestiegen. Sogar so sehr, dass in etwa die gleichen Ergebnisse des 88W Performance Mode mit nur noch 65W PPT erreicht wurden. Entsprechend hoch fielen die Multi-Scores des Manual OC mit 88W PPT aus. Insgesamt konnte die Leistung der Prozessoren zwischen 6% und 30% bei gleicher Leistungsaufnahme erhöht werden.
Der Nachteil der Methode ist, dass die Prozessoren nicht mehr ihre Boost-Taktfrequenz erreichen können, da sie durch das Manual OC auf den eingestellten Wert limitiert ist. Das beeinträchtigt die Single-Core-Leistung enorm. Computerspielen sagt man nach, dass sie von der Single-Core-Leistung profitieren, aber wie viel macht das wirklich aus? Kostet uns Manual OC viel Leistung? So ganz sollte man Computerspiele nicht verallgemeinern. Jedes Spiel ist anders und benötigt auch nicht immer nur ein oder zwei Threads. Viele moderne Titel können bereits sechs CPU Kerne, oder sogar mehr, nutzen. Dadurch ist die niedrigere Single-Core-Leistung in der Realität nicht sehr ausschlaggebend.
Shadow of the Tomb Raider Benchmark
In unserem Beispiel “Shadow of the Tomb Raider” zeigen die Benchmarkergebnisse in etwa die gleichen FPS wie mit den normalen Power-Modi. Wir können so aber die Leistungsaufnahme, die Temperaturen und auch die Geräuschentwicklung deutlich reduzieren. Interessant ist auch, dass 88W Manual OC zwar zu 88W PPT in CineBench R20 führt, in Teillast-Szenarien, wie es Computerspiele in der Regel sind, jedoch signifikant weniger Leistungsaufnahme zeigt als die vergleichbaren Power-Modi. Und das nicht nur in Computerspielen, auch im Browser-Test und im Idle. Die Temperaturen und die Lautstärke des Notebooks profitiert davon ebenso sehr in den getesteten Szenarien.
Auch wenn die Single-Core-Leistung sinken mag, halte ich Manual OC immer noch für das Beste was man mit diesem Notebook machen kann. Vielleicht sogar sollte. Es verbessert die Leistung an den richtigen Stellen, reduziert die Temperaturen und die Lautstärke. Um Manual OC automatisiert nach jedem Neustart anzuwenden kann man die Software “ZenStates” nutzen. Die gibt es sogar für Linux-basierte Systeme. Aber deaktiviert vorher den “Control Center Hotkey Service” in den Windows-Diensten, anderenfalls könnte die Software eure Einstellungen zurücksetzen und wieder auf einen regulären Power-Modi wechseln.
Seit BIOS Version 1.07.07 ist Manual OC auch schon im BIOS aktivierbar, bietet jedoch nur sehr grobe Einstellungsmöglichkeiten. Die Softwarelösung sollte bisher noch bevorzugt werden.
ManualOC im Idle
ManualOC in Shadow of the Tomb Raider
- 1 - Einführung, Prozessorauswahl Und System
- 2 - Wärmeleitpaste oder Pad? Temperaturen und Lautstärke
- 3 - Idle-Verhalten und Browser-Benchmarks
- 4 - Cinebench R20
- 5 - PugetBench for Adobe Premiere Pro 2020 (version 1.4.3.2)
- 6 - Shadow of the Tomb Raider
- 7 - CS:GO
- 8 - Übertaktungspotential
- 9 - Zusammenfassung, Schlussforgerung und Fazit
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