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Echte Labortests von Wärmeleitpasten auf igor’sLAB – Teil 2 – Erste Vergleichsmessung mit 2 teuren Pasten

Gestern hatten wir ja schon den großen Theorieteil, heute machen wir einmal eine praktische Messung mit zwei ausgewählten Pasten, wobei die nominell auf dem Datenblatt bessere Paste im Test dann eigentlich die “schlechtere” ist und umgekehrt. Wobei natürlich der Faktor der potentiellen Langzeit-Haltbarkeit auch eine Rolle spielt und so das Ergebnis vielleicht auch wieder etwas relativiert wird. Schauen wir also mal. Ich habe die Pasten “Referenz” und “Gaming-Paste A” genannt, denn ich will mir ja nicht den Spaß an den späteren Einzeltests verderben. Was was ist, findet Ihr bald heraus. Und ich nutze die Referenz-Paste nicht ohne guten Grund als Referenz, da sie im Grunde eine unverfälschte Industrie-Paste mit garantiert gleichbleibender Qualität ist, worauf ich bei den üblichen Abfüllern nämlich nicht wetten würde.

Aber heute werden wir schon einmal sehen, was ich mit den vom TIMA5 ermittelten Werten noch so alles anstellen und auswerten kann. Das ist nämlich eine ganze Menge. Und das Gute daran: alle Messungen sind reproduzierbar und man würde eklatante Fehler bereits an den Verläufen der Wärmewiderstände erkennen, deren Kurven ja idealerweise linear verlaufen. Zumindest so lange, bis die Paste bei zu viel Druck vielleicht auseinanderfällt.

Der effektive Wärmewiderstand ist der wichtigste Faktor überhaupt

Beginnen wir mit dem wichtigsten Aspekt, dem Wärmewiderstand. Ich habe Euch das gestern bereits ausführlich erklärt. Die wichtigste Eigenschaft ist, dass dieser schön linear mit der Schichtdicke korreliert, während die Wärmeleitfähigkeit eine ganz andere Kurve beschreibt und alles andere als linear bleibt. Aber dazu gleich mehr.

Uns interessieren Schichtstärken von 100 µm und darunter, alles andere ist eigentlich für die Galerie. Manche Hersteller geben auch hier den reinen, idealisierten Bulk-Wert an, aber das ist sowas von weltfremd, dass man glatt weinen könnte. Wir sehen auf der Grafik, dass die mit 9,7 W/(m·K) im Datenblatt angegebene Paste besser performt als die mit vermeintlichen 17 W/(m·K). Der Wärmewiderstand der Gaming Paste A ist signifikant kleiner und wir werden am Ende noch sehen, was das hochgerechnet auf eine CPU bei gleicher Wärmeabgabe ausmachen könnte.

Im Dateninterface kann man die ermittelten Werte noch einmal kontrollieren und für die Ermittlung die abweichende Werte (hier alles ab 25 µm abwärts) abwählen. Bei dieser Schichtstärke hatte die Paste bereits leichte Auflösungserscheinungen. Warum auch immer. Die etwas schlechtere Referenzpaste zeigte dieses Verhalten nicht. Aber auch dazu gleich mehr.

Aber zumindest wollte ich wissen, wie weit man mit ordentlich Druck (Ich hätte das Ganze auch mit 300 N pressen können, aber da ändert sich dann nichts mehr) gehen kann und welche minimale Schichtstärken noch erreicht werden können. Die Gaming-Paste A ist deutlich “schlammiger” als die Referenz, die jedoch mit weniger wärmeleitenden kleinen Füllpartikeln aus Zinkoxid auskommen muss. Was heißt weniger, sie hat erst gar keine. Der Gewinner ist das Polymer-Pad als Phasen-Wechsel-Material (PCM), das ist wirklich einzigartig.

Die effektive Wärmeleitfähigkeit ist nur Beiwerk

Ich schrieb ja schon, dass man anhand der Wärmeleitfähigkeit fast nichts erkennen oder vergleichen kann, denn wir sehen hier nur ein paar Kurven. Wer jetzt glaubt die Wärmeleitfähigkeit wäre ein konstanter Wert, der irrt gewaltig . Aber das haben ich ja auch schon im Grundlagenartikel gestern lang und breit erklärt. Ja, alle schreien danach und ich packe sie deshalb auch mit in die Tests, aber wenn man Rth hat, braucht man λeff,  also die Wärmeleitfähigkeit gar nicht. Und die reine Angabe für den idealisierten Bulk-Wert erst recht nicht.

Ob der Unterschied zwischen den beiden Pasten jetzt wirklich so groß ist, wie die Kurven hier suggerieren, das sehen wir auf der nächsten Seite.

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eastcoast_pete

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👍🏻Interessant, und auch gut zu sehen, daß Dein Nachwuchs auch schon Interesse zeigt!
Take-Home für mich von dem ersten Test: eine gut zu verarbeitende Paste, die eine gleichmäßige und dünne Schicht zwischen Heatspreader und Kühler ergibt, ist Wunderpasten mit hohen Zahlen durchaus gewachsen. Und wahrscheinlich deutlich billiger.

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DrDre

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Sehr schön, bin gespannt (y)
Die 17ner Paste ist nicht zufällig die Apex?

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echolot

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In welchem Temperaturbereich kannst Du testen? Da ergeben sich ja noch viele Optionen außerhalb des typischen Anwendungsbereichs. "Ich geb Gas ich hab Spaß" :D

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Igor Wallossek

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Der Chiller schafft nur minimal -10 Grad, aber nach oben ist das Limit bei 275 °C am Heater. Und aktuell bei 300N auf den 1 cm²
Ergo bekommt man eine Paste auch schon mal auf 125 °C -> Härtetest

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Igor Wallossek

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Auflösung am Donnerstag :D

Wie kommen die Hersteller zu solchen Zahlen? Man nehme ein ganzes Fass Wärmeleitpampe... Je mehr Pampe und umso weniger Kontaktfläche, umso höher die Werte :D

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echolot

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Also rein theoretisch wäre damit dann auch der Anpressdruck auf die CPU/Die zu simulieren, wobei ich jetzt nicht genau weiß was so die gängigen Anziehdrehmomente der Kühler bzw. wie groß der daraus resultierende Druck ist. Auf jeden Fall eine schöne Sache mit vielen Möglichkeiten.

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Igor Wallossek

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Intel 500N, das das überbiete ich locker, da ja die Fläche kleiner ist. 😎

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Beschi

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Moin,
Hat Roman schon ein Thermal-Pad gesponsert? Bin sehr gespannt wie sich das bei unterschiedlichen Drücken verhält.
Gruß Beschi

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echolot

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Genau. Kraft pro Fläche = Spannung (hier Druck)

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Igor Wallossek

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Ich bekomme diese Woche noch das komplette Portfolio. :)

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Martin Gut

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Ein wichtiger Unterschied ist dann aber noch, dass hier zwei ebene Flächen aufeinander gepresst werden. Bei einer CPU oder GPU hat man immer eine Wölbung. Dadurch hat man (meist) in der Mitte einen hohen Druck und eine sehr dünne Schicht und gegen aussen wenig Druck und eine höherer Schichtstärke. Da diese bei jedem Prozessor anders ist, kann man so etwas nicht mit einem standardisierten, vergleichbaren Test messen. Ein Test kann immer nur einzelne Situationen testen die dann mit den Bereichen auf einem Prozessor mehr oder weniger vergleichbar sind.

Die Aufteilung in Kontaktwiderstand und Leitfähigkeit ist aber auf jeden Fall ein grosser Schritt das ganze etwas genauer zu betrachten und nicht nur mit beliebigen Werten um sich zu werfen die nichts aussagen. Dadurch kann man auch Aussagen machen, welche Paste bei welcher Dicke ungefähr wie gut sein wird.

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Igor Wallossek

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Ich persönlich arbeite nur mit Rth und Rth eff, alles andere ist Kokolores :D

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Saschman73

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Schön langsam sollte die Industrie das Problem mit konkav und konvex in der Produktion besser in den Griff bekommen!
Toleranzen von unter 0,02mm sollten doch eigendlich nicht so ein riesen Problem sein, sollte man zumindest glauben.

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big-maec

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Soweit ich weiß, hat nur der Heatspreader die konkave oder konvexe Fläche. Damit dürften die meisten GPUs wegfallen. Meine GTX 470 hat aber noch einen. Wenn es geht, fliegt der Heatspreader bei mir eh runter.

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echolot

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Mir gehtes hier in erster Linie um die Auswirkung von Druckänderungen auf das hier genannte (she Artikel Teil 1, Seite 2)

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echolot

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Wegen annhähernd linearem Verlauf von Rth und zu vielen Variabeln (Gefüge, Korngröße, Druck, Homogenität), die die Wärmeleitfähigkeit beeinflussen?

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Gregor Kacknoob

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Geilo, was ein feuchter Traum. Hoffentlich wird auch Zahnpasta getestet :D

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Martin Gut

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Die Biegung entsteht durch die unterschiedlichen Wärmeausdehnung von Silizium und der Platine. Man bringt die Lotpaste auf die Platinen auf. Dann setzt man die Chips darauf. Alles zusammen wird dann in einem Ofen langsam aufgeheizt bis das Lot bei 160 bis 190 Grad verschmilzt. Dann lässt man es wieder langsam abkühlen. Das Lot erstarrt und Platine und Chip sind verbunden. Alles zusammen kühlt nun langsam wieder ab. Dabei ziehen sich Platinenmaterialien viel stärker zusammen als das Silizium des Chips. Darum verbiegt es die Chips nach oben. Wie stark hängt von der Grösse des Chips und des Platinenmaterials ab. Natürlich versucht man Materialien zu finden, die sich nicht zu stark zusammen ziehen. Es ist ja nicht nur die Wölbung problematisch sondern auch die Spannungen in der Lotschicht. Das Platinenmaterial muss aber auch noch viele andere Anforderungen möglichst gut erfüllen so dass die Wahl nicht so einfach ist. Ein Hersteller muss alle Kriterien im Auge behalten und nicht wie wir nur auf die Kühlerauflage achten. Ich bezweifle auch, dass es ein Platinenmaterial gibt, das eine ähnliche Ausdehnung wie Silizium hat.

Es gibt Freaks, die ihre CPUs plan schleifen. Für einen Hersteller ist das aber auch nicht so einfach. CPUs sind oberflächlich beschichtet damit keine Stoffe durch das Silizium in den Prozessor migrieren können. Man müsste die Schutzschicht also wieder neu aufbringen nachdem man den Chip geschliffen hat. Ich weiss nicht, was das für eine Beschichtung ist. Ich vermute eine aufgedampfte Metallschicht. Das lässt sich bei einem verbauten Chip aber nicht mehr machen.

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Klicke zum Ausklappem
Martin Gut

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Das hat Igor doch schon gemacht: :p

Viel mehr wird man da auch mit der teuren Anlage nicht herausfinden.

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Danke für die Spende



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About the author

Igor Wallossek

Chefredakteur und Namensgeber von igor'sLAB als inhaltlichem Nachfolger von Tom's Hardware Deutschland, deren Lizenz im Juni 2019 zurückgegeben wurde, um den qualitativen Ansprüchen der Webinhalte und Herausforderungen der neuen Medien wie z.B. YouTube mit einem eigenen Kanal besser gerecht werden zu können.

Computer-Nerd seit 1983, Audio-Freak seit 1979 und seit über 50 Jahren so ziemlich offen für alles, was einen Stecker oder einen Akku hat.

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